Partnerstädte hauen kaum einen Bürger vom Hocker. Sie sind meist nur sichtbar am Ortsschild, in Straßennamen oder auf der Webseite einer Gemeinde. Wer sich beispielsweise auf die betreffende Seite der Stadt Meersburg verirrt, der liest dort auch von einer Patenschaft mit einem Flugzeug. Nanu! Und das in Zeiten von Flugscham, Fridays for Future und dem Klimawandel?

Tatsächlich: Seit Juni 2000 trägt ein Jet der Lufthansa den Namen „Meersburg“. Damals taufte der Bürgermeister Heinz Tausendfreund das Flugzeug des Modells Bombardier Canadair Jet CRJ200 mit 48 Sitzen am Frankfurter Flughafen. „Als fliegender Botschafter macht der Jet nun den Namen der Burgenstadt auf den Flughäfen Europas“, steht auf der Webseite.

Bürgermeister zufällig in der „Meersburg“ unterwegs

Auf SÜDKURIER-Anfrage erklärt die Pressestelle der Lufthansa, dass noch immer ein Flieger mit dem Stadtnamen durch die Lüfte düst. Die „Meersburg“ habe demnach etwa 26.700 Flüge absolviert, 25.000 Flugstunden gesammelt und unter anderem die Flughäfen von München, Basel oder Friedrichshafen angesteuert.

Aus dem Meersburger Rathaus heißt es dazu, dass auch Bürgermeister Robert Scherer offenbar einmal zufällig mit der „Meersburg“ geflogen sei. Was Scherer selber von der Patenschaft hält, kann er nicht sagen. Er ist nach der Fastnacht im Urlaub (möglicherweise in der „Meersburg“ durchgestartet?). Für ihn antwortet Kulturamtsleiterin Christine Johner.

Thema hat nicht „höchste Priorität“

„Wir müssten das eigentlich nicht machen“, sagt Johner zur Patenschaft. „Das Thema hat in der Stadtverwaltung aber nicht die höchste Priorität.“ Schließlich fließe bei der Patenschaft auch kein Geld. Die Anfrage vom SÜDKURIER nennt sie einen „interessanten Anstoß“, die Patenschaft zu überdenken. Mehr könne sie dazu aber nicht sagen.

Nun verursacht der bloße Stadtname auf dem Flugzeugrumpf noch kein Gramm Treibhausgas. Dennoch wäre der Stadtname in den folgenden drei Varianten möglicherweise besser aufgehoben:

  • Hochdruckgebiet: „Das Hoch ‚Meersburg‘ sorgt in ganz Deutschland für gutes Wetter“: Sollte dieser Satz einmal im Wetterbericht auftauchen, würde er für positive Assoziationen sorgen. Namen für Hochdruckgebiete kosten beim meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin 360 Euro. Möglicherweise bieten die Hauptstädter das auch für Städte an – eine Anfrage wäre es Wert. Wenn jeder Meersburger bereits 6 Cent beisteuert, wäre diese Werbemaßnahme möglich.
  • Waldrapp: Ein Waldrapp mit dem Namen „Meersburgi“ könnte gute Werbung für die Burgenstadt sein. Die Zugvögel fliegen bekanntermaßen nicht immer im direkten Weg in den Süden. Das würde für überregionale Bekanntheit der Stadt sorgen, vor allem in Österreich, der Schweiz und Norditalien.
  • ICE: Ein ICE mit dem Namen „Meersburg“ wäre die klimafreundliche Alternative zum Flugzeug. Das hätte eine gewisse Ironie, da Meersburg bekanntermaßen gar keinen Bahnhof hat. Sollte es dazu kommen, müsste die Zugtaufe dann in Konstanz oder Singen stattfinden.

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