Antonia Kitt

Kanonendonner und Pulverdampf, traditionelles Lärmbrauchtum in Reinform: Nach zwei Jahren coronabedingten Böllerverbots ließen es die Badischen Böllerschützen Nußdorf in Altbirnau wieder krachen und verzeichneten einen Besucherrekord. Über 300 Zuschauer verfolgten am Samstagnachmittag bei milden Temperaturen gespannt das traditionelle Silvesterböllern, zu dem auch befreundete Schützen- und Böllervereine mit ihren Handböllern, Standböllern und Vorderladerkanonen eingeladen waren.

Alexander Geiser ist seit 2009 bei den Badischen Böllerschützen und zündete in Altbirnau die blaue Vereinskanone Baujahr 1999.
Alexander Geiser ist seit 2009 bei den Badischen Böllerschützen und zündete in Altbirnau die blaue Vereinskanone Baujahr 1999. | Bild: Antonia Kitt

Auf das Kommando von Uwe Setzer, Vorsitzender der Badischen Böllerschützen, wurden die Geschütze mit Schwarzpulver geladen und bei „Feuer frei“ in mehreren Durchgängen der Reihe nach gezündet. Dazwischen hieß es „krätzen und wischen“, also das restliche Pulver aus den Kanonenrohren herauskratzen, nass und trocken auswischen und auf Kommando wieder nachladen.

Die drei Kanoniere vom Dragonerregiment Ostrach 1799: (von links) Matthias Kunze, Uli Schuster und Michael Kunze.
Die drei Kanoniere vom Dragonerregiment Ostrach 1799: (von links) Matthias Kunze, Uli Schuster und Michael Kunze. | Bild: Antonia Kitt

Böllern zum Gedenken an eine Schlacht 1799

Mit dabei war auch das Dragonerregiment Ostrach 1799 mit einer Vorderladerkanone, Kaliber 95 Millimeter. „Wir böllern vor allem zum Gedenken an die Schlacht von Ostrach am 21. März 1799 und an die mehr als 2000 Gefallenen aufseiten der Koalition gegen Napoleon“, erzählte Matthias Kunze.

Jan Schröder vom Bürgerlichen Artillerie-Corps Überlingen zündet den Jungfernschuss der Gribeauval-Kanone.
Jan Schröder vom Bürgerlichen Artillerie-Corps Überlingen zündet den Jungfernschuss der Gribeauval-Kanone. | Bild: Antonia Kitt

Jungfernschuss der Gribeauval-Kanone glückt

Das Bürgerliche Artillerie-Corps Überlingen testete am Silvesternachmittag zum ersten Mal seine neue Gribeauval-Kanone, originalgetreuer, 230 Kilogramm schwerer Nachbau eines französischen Feldgeschützes aus napoleonischer Zeit. „Wir haben drei Jahre an der Kanone gebaut und jetzt ist der Jungfernschuss einwandfrei geglückt“, berichtete Kommandant Jan Schröder stolz.

Schwarzpulver nachfüllen.
Schwarzpulver nachfüllen. | Bild: Jürgen Gundelsweiler

150 Gramm Schießpulver pro Schuss

Peter Köser vom Sportschützenverein Tennenbronn ist gelernter Werkzeugmacher. Sein selbstgebauter Standböller wiegt 50 Kilo und verbraucht 150 Gramm Schießpulver pro Schuss. „Wir schießen zu Jubiläen, Hochzeiten und anderen Anlässen, das ist schön. Und natürlich ist da auch dieses Prickeln, ob das Ding losgeht oder nicht“, verriet er lachend.

Alfred Walser und sein Sohn Tobias mit dem Nachbau einer maltesischen Festungskanone von 1525.
Alfred Walser und sein Sohn Tobias mit dem Nachbau einer maltesischen Festungskanone von 1525. | Bild: Antonia Kitt

Einfach Freude am Bums haben Alfred Walser und sein Sohn Tobias von den Badischen Böllerschützen. „Man hat schon als kleiner Bub gerne gekleppert und auch die Technik ist interessant“, findet der gelernte Feinmechaniker. Seinen Böllerkamerad Alexander Geiser fasziniert die enorme Kraft, die in den Geschützen steckt, und: „Das Böllern ist etwas Besonderes, das macht nicht jedermann“, so der Zerspanungstechniker.

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„Das Wichtigste: keine Probleme, keine Verletzten“

Nach zwei Stunden geordneter Böllerei zog Uwe Setzer ein durchweg positives Resümee: „Der Besuch war sehr gut, die Würstchen sind ausverkauft, Getränke mussten wir nachholen. Und das Wichtigste: Es gab keine Probleme und keine Verletzten!“

Von Altbirnau aus war der Kanonendonner am Nachmittag von Silvester in ganz Überlingen zu hören.
Von Altbirnau aus war der Kanonendonner am Nachmittag von Silvester in ganz Überlingen zu hören. | Bild: Jürgen Gundelsweiler