Die Metzgerei Zugmantel schließt. Mit dieser Nachricht wird die Kundschaft in der Aufkircher Straße in Überlingen kurzfristig vor vollendete Tatsachen gestellt. Aber auch die Belegschaft wurde überrascht. Am Samstag, 4. Februar, ist das Ladengeschäft, das von der Metzgerei Knoll betrieben wird, letztmals geöffnet. Peter Zugmantel, Verpächter des Gebäudes, erfuhr selbst erst am 30. Januar davon, also fünf Arbeitstage vor dem Schließungstermin.

Im Vergleich zu früher immer weniger Kunden

Der 30. Januar wäre der Geburtstag seines Bruders gewesen, berichtet Peter Zugmantel. Sein Bruder: Das war Fridolin (Frido) Zugmantel, Metzgermeister, der im September 2021 überraschend im Alter von nur 56 Jahren gestorben ist. Die Hinterbliebenen schafften es nicht, ohne ihren Chef den Gesamtbetrieb weiterzuführen und waren froh, dass wenigstens der Verkauf in Überlingen fortgeführt werde. Dafür hatte man die Metzgerei Knoll aus Meßkirch gewonnen. Der Name war für Überlingen neu, die Belegschaft aber blieb die altbekannte. Und die Kunden? Die wurden immer weniger. Peter Zugmantel gegenüber dem SÜDKURIER: „In der Metzgerei war im Vergleich zu früher deutlich weniger los.“

„In der Metzgerei war im Vergleich zu früher deutlich weniger los.“ Peter Zugmantel, Verpächter
„In der Metzgerei war im Vergleich zu früher deutlich weniger los.“ Peter Zugmantel, Verpächter | Bild: Hilser, Stefan

Personalstärke stark geschrumpft

Auch die Zahl der Beschäftigten nahm innerhalb der vergangenen 15 Monate, seit Übernahme durch Knoll, deutlich ab. 18 Männer und Frauen wurden am 15. November 2021 übernommen. Davon seien nur noch sieben oder acht Personen beschäftigt, wie Metzgereichef Max Knoll sagte. Und vom Verkaufspersonal, so der Hinweis von Peter Zugmantel, seien nur noch vier Personen am Standort Überlingen übrig geblieben.

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Der Personalmangel sei es, der ihn zur Schließung der Filiale in Überlingen zwinge, teilte Max Knoll auf SÜDKURIER-Anfrage am Telefon mit. Die Schließung bedauere er sehr. Bei der Übernahme im Herbst 2021 habe er nicht lange nachgedacht, vielmehr sei die geschäftliche und private Verbindung, die er zu Frido Zugmantel gehabt habe, ausschlaggebend gewesen. „Jetzt aber ist die Zeit abgelaufen und wir müssen einen Strich ziehen. Es ist wirtschaftlich für uns uninteressant.“

„Die Zeit ist abgelaufen, wir müssen einen Strich ziehen.“ Max Knoll, Inhaber
„Die Zeit ist abgelaufen, wir müssen einen Strich ziehen.“ Max Knoll, Inhaber | Bild: SK-Archiv

Zu den möglicherweise nicht erfüllten Umsatzerwartungen am Standort Überlingen wollte sich Max Knoll nicht näher äußern. Er sagte, dass der Standort zwar wegen fehlender Parkplätze nicht ideal sei. Wenn aber alle Bewohner einkaufen, die fußläufig in fünf bis sieben Minuten das Geschäft erreichen, dann würde es sich tragen. „Der Standort war in Ordnung.“

Knoll betreibt Verkauf in sechs weiteren Geschäften

Die Metzgerei Knoll unterhält weiterhin insgesamt sechs Verkaufsstandorte in Meßkirch, Stockach, Pfullendorf und Radolfzell. Mit Personalproblemen habe er an den anderen Standorten aktuell nicht zu kämpfen. Die örtlichen Unterschiede ließen sich genauso wenig erklären wie der Umstand, dass die eine Wurst im einen Laden stark nachgefragt wird, im anderen aber schlecht läuft.

Mitarbeiter erhalten Angebot für andere Standorte

Den Personalverlust in Überlingen erklärte er mit familiären Gründen der Beschäftigten und einer in seinen Augen „normalen Fluktuation“. Dass sich an der Personalführung möglicherweise etwas veränderte, ist für Knoll nicht ungewöhnlich. Er sprach von der „Gallionsfigur Zugmantel“, die die Beschäftigten gewohnt waren. Anders formuliert: Der Sympathieträger Frido Zugmantel und dessen im Geschäft omnipräsente Ehefrau Barbara Zugmantel waren als Führungspersönlichkeiten einfach nicht ersetzbar. Dennoch betont Max Knoll, dass zwei Mitarbeiterinnen sofort nach der Übernahme aufgehört und erklärt hätten, dass sie sowieso kündigen wollten. Jedenfalls sei er der Familie Zugmantel für ihre Unterstützung dankbar, sowie den treu gebliebenen Mitarbeitern, die jederzeit an einem anderen Knoll-Standort weiterarbeiten dürften. „Wenn sie wollen“, wie Max Knoll sagte.

Christine Specker war als Metzgereiverkäuferin seit vielen Jahren beschäftigt. Sie bedauert das Aus in der Aufkircher Straße und kündigte an, dass sie an einen anderen Standort wechseln werde. Sie hätte sich gewünscht, dass ihnen die Kunden länger eine Chance geben. Zu den Stammkunden zählte beispielsweise Hans Heinemann. Er sei geschockt von der Information, dass schon am 4. Februar Schluss ist.

„Zugmantel in Überlingen darf man doch nicht sterben lassen.“ Hans Heinemann, Kunde
„Zugmantel in Überlingen darf man doch nicht sterben lassen.“ Hans Heinemann, Kunde | Bild: Hilser, Stefan

Auch die Stammkundin Anita Blessing hielt bis zuletzt die Treue. Sie werde die Verkäuferin vermissen. Frau Specker habe immer das Möglichste unternommen, um auch ganz besondere Ware ins Geschäft zu bringen, lobte die Kundin. Doch man habe es vorbestellen müssen, was früher nicht nötig war, als noch vor Ort produziert wurde. Sie sei 40 Jahre zu Zugmantels gegangen. Die enge Kundenbindung, die zur Familie Zugmantel bestand, sei bedeutend gewesen, für viele Leute in der Stadt. Nach der Übernahme habe die Zahl der Kunden schnell abgenommen, das sehe man schon alleine daran, dass an diesem Freitagmittag die Schlange an Kunden nicht bis vor das Geschäft führt, so wie dies früher immer der Fall gewesen sei. Sie wundere sich also nicht, dass Knoll jetzt schließt. Ein letztes Mal füllte sie ihre Tasche. Blessing: „Ich habe für drei Wochen im Voraus eingekauft.“