Eine Truhe voller Gold oder wertvolles Porzellan: Mythen über versunkene Reichtümer gibt es seit Jahrhunderten. Dafür muss man nicht in die Südsee schauen, es reicht der Blick in die heimischen Gewässer.
So sollen im Rhein der Nibelungenschatz oder im bayerischen Walchensee Raubgold der Nazis liegen. Aber wie ist es mit dem Bodensee? Schlummern hier womöglich noch unentdeckte Wertstücke in unentdeckten Wracks?
Wracks sind Kulturdenkmäler
Eine Einschätzung zu Wracks kann Alexandra Katharina Ulisch geben. Die Archäologin vom Landesamt für Denkmalpflege des Regierungspräsidiums mit Sitz in Hemmenhofen untersucht in einem Forschungsprojekt, wo im See unentdeckte Schiffe, Einbäume oder Flugzeuge liegen. Mit Hilfe von Sonardaten will sie mit anderen Forschern in den kommenden vier Jahren bisher unbekannte Wracks entdecken, dokumentieren und deren Denkmalwert feststellen.

Zur Frage nach vermeintlich verborgenen Schätzen sagt sie am Telefon: „Schiffswracks sind per se Kulturdenkmale, die es zu schützen gilt und es ist strafbar, aus diesen etwas zu entwenden.“ Wer gegen das Denkmalschutzgesetz verstoße, dem drohen Bußgelder.
Schatzsuche soll vermieden werden
„Die meisten Taucher verhalten sich respektvoll‘, sagt sie. „Es gibt aber auch einige wenige, die Denkmale zerstören oder plündern.“ Die Faszination sei nachvollziehbar, bei diesem Thema bestehe aber die Gefahr, dass Taucher eigenständig nach Kulturdenkmalen suchen und diese dann zerstören. „Es ist nicht verboten an Wracks zu tauchen, solange man sich an die Regeln des Denkmalschutzgesetzes hält.“
Doch mit Blick auf die Vergangenheit kann Archäologin Ulisch keine Geschichte von einem Schiff nennen, das mit wertvollen Besitztümern beladen auf dem Bodensee untergegangen sein soll. „Archäologisch sind solche Funde nicht bekannt“, sagt sie. Es habe aber Unglücke gegeben, bei denen Lastensegler mit Gütern wie Salz oder Lehm untergegangen seien.
Objekte zu Kriegsende versenkt
Von einem versunkenen Schiff voller Gold oder Juwelen hat auch der Meersburger Lokalhistoriker Peter Schmidt noch nie gehört. Er sagt aber: „Vor Einmarsch der Franzosen wurde vor Meersburg sehr viel versenkt.“ Das hat er für sein Buch „Meersburg unter dem Hakenkreuz“ recherchiert und dokumentiert. Zu diesen Objekten zählte unter anderem das Dienstfahrzeug des damaligen Bürgermeisters.

Ansonsten biete das Seewasser vor Meersburg Tauchern auch viele Tische, Stühle und Gläser. Nicht zu unrecht habe der Bereich vor der Hafenmole den Spitznamen „Stammtisch unter Wasser“, erzählt Schmidt. Unter Tauchern sei Meersburg aber noch nie ein Geheimtipp gewesen. Im Gegenteil: Vor allem im Winter ist beispielsweise der Bereich vor dem Hotel „Wilder Mann“ ein beliebter Ort, um den Wassersport auszuüben.
Autos, Kieskutter und Lehmfrachter
Harald Utz vom Tauch-Sport-Club Friedrichshafen hat in mehr als 20 Jahren Tauchen auch vor Meersburg nach Gegenständen getaucht. „Vor Meersburg und Überlingen liegen eigentlich die interessantesten Sachen“, sagt er. Vor dem „Wilden Mann“ seien es Autowracks, vor dem Überlinger Zeughaus ein versunkener Kieskutter und vor Ludwigshafen ein untergegangener Lehmfrachter.

Für Sporttaucher gelte aber immer das Motto „Nur gucken, nicht anfassen“, sagt er. „Fotografieren ist erlaubt, aber man sollte nichts anderes hinterlassen als ein paar Blubberblasen.“ Das sei auch das Verständnis der meisten Taucher. Es gebe aber dennoch immer wieder schwarze Schafe.
„Früher galt: Wer es findet, steckt es ein“
„Früher galt: Wer es findet, steckt es ein“, erzählt Harald Utz. Zu dem Thema gebe es in den Tauchverbänden bereits Gespräche, dass sowas nicht mehr passiert. „Es geht darum, dass Denkmäler unter Wasser erhalten werden.“
Aber für wie wahrscheinlich hält er einen verborgenen Schatz im Bodensee? Utz hält das für „unwahrscheinlich“. „Die Schätze, die dort liegen, sind eher historisch wertvoll“, sagt er. „Ich glaube nicht, dass jemals jemand eine Schatztruhe über den See verschifft hat und dabei untergegangen ist.“