Peter Lenk, Bildhauer und Satiriker aus Bodman-Ludwigshafen, zeigt in Überlingen seine neuesten Werke. Darunter Ausschnitte aus seinem Denkmal, das den Titel „Chronik einer grotesken Entgleisung“ trägt, in dem Wirken und Scheitern zum Bahnprojekt Stuttgart 21 aufgearbeitet werden. Die Ausstellung ist in der städtischen Galerie Fauler Pelz bis 8. Oktober zu sehen. Sie trägt den Namen „Das trojanische Pferd“.

Ausstellung und Gietinger-Film fest verknüpft
Vernissage war am Freitag im Kursaal, zu der als prominentester Vertreter der Politik Landrat Lothar Wölfle gekommen war. Applaus gab‘s von ihm am Ende nicht, als sichtbarer Ausdruck seines Ärgers über den Film, der zum Ende der Vernissage, gleich eines trojanischen Pferdes eingeführt, gezeigt wurde.

In der 34-minütigen Kurzfassung des Films „Das trojanische Pferd“ von Klaus Gietinger wurde die ganze Verbitterung der S-21-Gegner zusammengefasst, es war von „Lügen“, von „Wendehälsen“ und „Betrügern“ die Rede, das Stuttgarter Milliardengrab wurde als „Krematorium“ bezeichnet und ein tödliches Szenario prophezeit, das im Brandfall schlimmer als beim Bergbahnunglück in Kaprun enden werde. Wölfle, auf den Film angesprochen, antwortete denkbar knapp „kein Kommentar“ und drehte sich zum Verlassen des Kursaals um.
Bildhauer bei der Vernissage nur im Film zu sehen
Peter Lenk wollte zum Schutz vor einer möglichen Virusinfektion den Kursaal zur Vernissage nicht betreten, denn ihm stehe eine Operation an der Schulter bevor, für die er wenige Tage vorher kein Risiko eingehen wolle. So sprach er zu seinem Publikum nur im Film und von der Filmleinwand herab. Klaus Gietinger, der den Film im Kursaal als gekürzte Version präsentierte, sagte, dass die Ausstellung nur mit den Informationen, die im Film vermittelt werden, zu verstehen sei.

Bürgermeister: „Vernissage keine politische Veranstaltung“
Dass der Film über das Bahnprojekt S 21 einseitig aus Sicht der Gegner informiere, wie Bürgermeister Thomas Kölschbach gegenüber dem SÜDKURIER anmerkte, sei kein Hindernis, ihn zu zeigen. Es sei der Wunsch Lenks gewesen, den Film als Bestandteil des künstlerischen Projekts zu zeigen, sagte Kölschbach bei seiner Festrede zur Vernissage. Vor dem Filmstart stellte er es dem Publikum frei, sich den Film anzuschauen, alternativ, so sein Vorschlag, könnten sie sich ja schon die Ausstellung ansehen. Kölschbach: „Es versteht sich von selbst, dass diese Vernissage keine politische Veranstaltung ist und die Stadt Überlingen eine neutrale Position zum Themenfeld Stuttgart 21 einnimmt.“ Es gehe der Stadt um die Kunst der Satire und um die Wahrung der Kunstfreiheit.
Statt in Stuttgart erhält der „Laokoon“ nun Raum am Bodensee
Kölschbach sprach in Vertretung für den verreisten OB Jan Zeitler. Er würdigte Lenk als „Zorro vom Überlinger See“, der Bildhauer sei „ein Freigeist – unbestechlich, geliebt und umstritten“. Seine Arbeiten sorgten überall für Furore, seien polarisierend. „Was für die einen eine tolldreiste und skandalöse Majestätsbeleidigung ist, trifft für andere humorvoll genau ins Schwarze.“ Er freue sich, so Kölschbach, dass Lenk sich dazu entschlossen hat, seine neueste Ausstellung in seiner Wahlheimat am Überlinger See zu kuratieren „und nicht in Stuttgart, obwohl sie inhaltlich viel mit Stuttgart zu tun hat“. Dieser Entschluss in Lenk reifte schon dadurch, dass sich Stuttgart zierte, seinen „Schwäbischen Laokoon“ an einem würdigen Platz aufzustellen.

