Vom „Geist der Welt“ und vom „Geist Gottes“ sprach Oberkirchenrat Matthias Kreplin in seiner Festpredigt zur Einweihung der neuen Orgel in der Auferstehungskirche. Ein Element, in dem der „Geist Gottes“ ganz besonders zum Ausdruck komme und spürbar werde, sei die Musik. Als eindrucksvolles Beispiel, wie die Orgelmusik auf Menschen wirken könne, zitierte Kreplin den Roman und Film „Schlafes Bruder“, in dem Titelheld Elias Alder als höchstbegabter Außenseiter vom Lande die Menschen nach anfänglicher Missachtung zu begeistern weiß.

Tochter des Orgelbauer extra aus Marburg angereist
Am Festgottesdienst nahm nicht nur Oberbürgermeister Jan Zeitler teil. Neben ihm saß Susanne Barnstedt, Tochter von Paul Ott (1903 bis 1991). Der Göttinger Orgelbauer gilt als einer der einflussreichsten Orgelbauer der Nachkriegszeit. Tochter Susanne Barnstedt war eigens zu der feierlichen Erweckung aus Marburg angereist.
„Ich freue mich sehr“, sagte sie nach dem Gottesdienst, „dass das Instrument hier wieder zur Geltung kommt.“ Teile ihrer Kindheit habe sie einst neben ihrem Vater auf der Orgelbank zugebracht, erinnerte sie sich. „Ich habe meinen Vater in diesem Instrument wiedererkannt.“ Obwohl sie selbst keine Kirchenmusikerin sei, sagte sie: „Ich bin vom Klang begeistert.“
Dass die Ott-Orgel wieder so erklingt, ist insbesondere Orgelbaumeister Peter Kraul aus Herdwangen-Schwende zu verdanken, der das Instrument vor drei Jahren in seine Obhut genommen hatte und in Abstimmung mit weiteren Fachleuten restaurierte. Bezirkskantor Thomas Rink und Organist Carsten Klomp riefen Kraul nach dem Gottesdienst an das Instrument, um den Beifall von Gemeinde und Gästen entgegenzunehmen. Doch auch der Orgelbaumeister dankte für die gute und konstruktive Zusammenarbeit und „all das, was ich durch dieses Projekt dazulernen durfte“.

Oberster Kirchenmusiker der Badischen Landeskirche ist begeistert
Als Leuchtturm für die ganze Region bezeichnet Michael Kaufmann das neue Instrument. „Endlich wieder einmal eine große Orgel, die wir hier stehen haben“, sagte der oberste Kirchenmusiker der Badischen Landeskirche aus Karlsruhe, der die Instandsetzung und die Erweiterung der Orgel aus dem Jahr 1958 eng begleitet hatte und deshalb um deren Qualität weiß.

Michael Kaufmann erklärte: „Diese Kleindenkerei kann ich nicht leiden. Das macht vielleicht auch anderen Gemeinden Mut, so ein Projekt anzugehen.“ Die ganze Klangfülle der nahezu 2500 Orgelpfeifen war schon während des Gottesdienstes zum Ausdruck gekommen, den Carsten Klomp, Professor für künstlerisches und liturgisches Orgelspiel an der Hochschule für Kirchenmusik in Heidelberg, begleitet hatte. Weitere musikalische Akzente setzte Bezirkskantor Thomas Rink mit seinen vokalen und instrumentalen Ensembles.
Organisten präsentieren Fähigkeiten und Vielfalt der Orgel
Anschließend konnten die Gäste nicht nur auf das neue Instrument anstoßen, das elegant in das vor fünf Jahren renovierte und umgebaute Kirchenschiff integriert werden konnte. Bei einem kleinen Apéro-Konzert zur Mittagszeit zeigte Kirchenmusiker Kaufmann sowohl die ganze Leichtigkeit als auch die Fülle und Wucht der neuen Orgel zum Ausdruck. Dabei flanierte er von einer barocken Ciaconna Johann Bernhard Bachs von 1700 über Ausschnitte aus Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen über Mozarts Türkischen Marsch bis zu einigen Elementen der „U(n)-Musik“ des zeitgenössischen Komponisten Wolfram Graf, bei denen Kaufmann die Manuale am Ende im Stile eines Rockpianisten bearbeitete. Ganz anders zur Geltung kam das Instrument beim späteren eindrucksvollen Konzert von Carsten Klomp mit dem Freiburger Trompeter Rudolf Mahni, das die Zuhörer regelrecht begeisterte.
Bezirkskantor Thomas Rink als treibende Kraft bei der Auferstehung der Münsteraner Orgel
Dass die historisch wertvolle Orgel, die zuvor seit einigen Jahren in Münster abgebaut und eingelagert gewesen war, nun in der Überlinger Auferstehungskirche quasi wachgeküsst werden konnte, war vor allem dem aufmerksamen Bezirkskantor Thomas Rink zuzuschreiben.

Rink gelang es auch, Spender, Sponsoren und die Landeskirche selbst für das rund 550.000 Euro teure Projekt zu begeistern. Er konnte zufrieden feststellen: „Die Orgel ist – fast – finanziert.“ Dafür dankten ihm nach dem Festgottesdienst Dekanin Regine Klusmann und Stadtpfarrer Kai Tilgner mit einem süßen Kunstwerk – einem kleinen symbolischen Orgelbild aus Schokolade, das die Konditorei Bergmann in Owingen gezaubert hatte.