Ein Vortrag von OB Jan Zeitler in der Kreuzkirche der evangelisch-methodistischen Gemeinde unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ stößt auf Widerspruch in der Gemeinderatsfraktion LBU/Die Grünen und bei den Kandidaten von BÜB+. Zeitler hatte darin die Kritik des ADFC am Radwegkonzept barsch zurückgewiesen. „Das lässt mich kalt“, sagte er.
Von einem „Frontalangriff“ auf den ADFC spricht BÜB+, und LBU/Grüne davon, dass der ADFC sehr wohl „einen objektiven Misstand“ offengelegt habe, dem nachzugehen sei.
In einem von Ulf Janicke für LBU/Grüne verschickten Pressetext ist von „großer Verwunderung“ die Rede, nachdem Zeitler davon gesprochen hatte, dass ihn die Kritik des ADFC an der Radwegeführung „kalt lässt“.

„Konkrete Gefahrenlage“
LBU/Die Grünen schreiben: „Die schlechten Ergebnisse des ADFC-Fahrradklimatests 2018 beruhen auf konkreten Gefahrenlagen bei Überlinger Radwegen. Die Gefahrenlagen sollten der Stadtverwaltung eigentlich bekannt sein, hat sie doch selbst ein Gutachten erstellen lassen.“ Darin würden rund 30 konkrete Gefahrenstellen und Änderungsmaßnahmen aufgeführt.

„Wenig umgesetzt“
Von diesen im Jahr 2015 beschlossenen Maßnahmen sei bisher „nur ein kleiner Teil umgesetzt worden“, stellte Janicke fest. „Das Ergebnis der ADFC-Umfrage ist daher begründet und Anlass zum Handeln, zumal von vielen der Gefahrenstellen auch Kinder und Jugendliche betroffen sind.“ Zeitlers Verweis auf 77 Teilnehmer einer Umfrage erschließe sich ihnen nicht. Es liege „ein objektiver Misstand vor“, da sei es unerheblich, ob er von 10 oder 100 Personen benannt wird.
BÜB+ nicht erstaunt
Die BÜB+ sieht in Zeitlers Vortrag „Widersprüchliches“ und „teils auch sehr fragwürdige Auffassungen“. Der OB hatte Petitionsverfahren als „den letzten Notnagel“ bezeichnet und seine Sorge darüber geäußert, dass parlamentarische Entscheidungen immer öfter auf juristischem Wege angegriffen werden. „Erstaunt“, so BÜB+, seien sie über Zeitlers Aussagen nicht, weil sie „fast schon normal in allen Politikebenen sind, nach dem Motto: ‚Das einzige, was stört, sind die Bürger‘“.

Dirk Diestel schreibt für die BÜB+: „Als Bürger dieser Stadt muss man sich fragen, welche Vorstellungen von Bürgerbeteiligung, Mitbestimmung und Gewaltenteilung der Oberbürgermeister im Grundsätzlichen hat. Sind es nicht nur Institutionen, ist es vielleicht sogar der Bürger selbst, der beim Durchregieren stört? Es ist das verfassungsmäßige Recht eines jeden Bürgers, sich an übergeordnete Behörden, Petitionsausschüsse, an die Justiz und an die Medien zu wenden, wenn er sich in seinen Rechten verletzt sieht und/oder politische Ziele erreichen will. Dies gilt umso mehr für Gruppen von Menschen, Initiativen und Vereine, wie der Allgemeine Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), den OB Zeitler frontal angeht.“
Einzel- oder Gemeindeinteressen?
Der OB forderte im Vortrag von den Gemeinderäten, Einzelinteressen zurückzustellen. Denn wer nur im Sinne seiner Interessengruppe entscheide, diene nicht der Gemeinschaft. Dies sieht die BÜB+ anders: Zwar sei der OB allen Bürgern verpflichtet, auch denen, die ihn nicht wählten. „Doch ist ein ehrenamtlicher Gemeinderat in der Verantwortung, die Interessen derer zu vertreten, die ihn genau dafür gewählt haben.“ Deshalb gebe es ja 26 Räte, die die gewünschte Vielfalt und Diskussion im Gemeinderat garantierten.
„Merkwürdiges Demokratieverständnis„
Weiter schreibt Diestel: „Es liegt nahe, dass Herr Zeitler schnelle, diskussionslose und damit harmonische Entscheidungen im Gemeinderat vorzieht. Er betont, dass vielleicht ‚für Harmoniesüchtige eine Demokratie die falsche Staatsform sei“: Welch merkwürdiges Demokratieverständnis! Welche und wessen Interessen wird er als Kreisrat vertreten, wenn er gewählt werden sollte? Die aller Überlinger Bürger?“