Dieter Leder

Überlingen – Mehr Natur und die nachhaltige Entwicklung der Stadt – das sind die allgemein definierten Ziele der Landesgartenschauen in Baden-Württemberg. Für Überlingen bedeutet das laut dem Bewerbungskonzept, dass neben dem neuen Uferpark West gleichzeitig „die Landesgartenschau in die Stadt getragen werden“ soll.

Gemäß dem gestalterischen Ansatz der mit der Realisierung der Landesgartenschau beauftragten Landschaftsarchitektin Marianne Mommsen von der Firma relaisLA wird die Uferpromenade urban gestaltet werden. Sie steht damit im direkten Gegensatz zum landschaftlich geprägten Uferpark West. Die Uferpromenade wird als Stadtkante zum See quasi der Balkon der Stadt, wie es Petra Pintscher von der Öffentlichkeitsarbeit der Landesgartenschau GmbH ausdrückt. Marianne Mommsen bezeichnete in einem Interview das wichtigste Anliegen ihres Konzeptes, „die Stadtstruktur Überlingens an der Uferkante sichtbar zu machen.“ Sie wolle in der historischen Altstadt die steinerne Uferkante stärken und damit den Kontrast zu der landschaftlichen Gestaltung des Uferpark West herauszuarbeiten.

„Ziel ist es, durch die Differenzierung in ein urban gefasstes, innerstädtisches Ufer und vegetativ bestimmte Bereiche außerhalb der Kernstadt die Stadtgestalt stärker erlebbar zu machen,“ so Marianne Mommsen im Interview.

Dahinter steht ihre Erfahrung, wonach sich in vielen Städten heute der Gegensatz zwischen Stadtmitte und Peripherie verlieren würde und so „räumliche Situationen immer öfter austauschbar erscheinen.“ Wie dieses urbane Innenstadtkonzept umgesetzt werden soll, wurde am 20. Januar im Gemeinderat diskutiert. Ein bereits 2014 entstandener und weitgehend auf den Wettbewerbsideen von 2012 basierender Vorentwurf von Marianne Mommsen wurde dabei vorgestellt. Der Gemeinderat sprach sich daraufhin einstimmig dafür aus, das Projekt weiter zu verfolgen und zu realisieren.

Die stattliche Rosskastanie auf dem Landungsplatz ist auf dem Vorentwurfsplan nicht mehr zu finden...

Die stattliche Rosskastanie auf dem Landungsplatz ist auf dem Vorentwurfsplan nicht mehr zu finden...

| Bild: Dieter Leder

Der vorgestellte Plan von Marianne Mommsen sieht vor, im gesamten Bereich der Promenade und des Landungsplatzes ein gut begehbares Natursteinpflaster mit Gehlinien aus Natursteinplatten zu verlegen. Doch zuvor ist noch eine weitere Maßnahme zur Urbanisierung Überlingens angedacht:

Damit die Stadt wirklich urbaner wird und sich von der vegetativen Peripherie noch stärker unterscheidet, sollen gemäß dem Vorentwurfsplan 49 Bäume an der Promenade zwischen Grabenstraße, Landungsplatz und Mantelhafen gefällt werden. Auch diverse Blumenbeete und Gärten sollen verschwinden. Nur fünf Bäume sollen gemäß Mommsen-Vorentwurf neu gepflanzt werden. In Zukunft soll Natursteinpflaster die einst vegetativen Stellen bedecken und so Überlingen urbaner machen.

Es ist ein aktive, stadträumliche Entwicklung, so Marianne Mommsen 2012 im Interview zu ihrem Konzept, „die das Lebensgefühl in Überlingen auf lange Zeit bereichern kann.“ Ob das die Überlinger auch so positiv sehen, ist Gegenstand des Bürgerforums zur Sanierung der Uferpromenade. Am 9. Juni haben die Bürger im Dorfgemeinschaftshaus Nußdorf die Gelegenheit, Einfluss auf die Gestaltung der Promenade zu nehmen.

... ebenso wie die Purpurkastanie vor dem Eissalon Veneto auf der östlichen Promenade. Bilder: Dieter Leder

... ebenso wie die Purpurkastanie vor dem Eissalon Veneto auf der östlichen Promenade. Bilder: Dieter Leder

| Bild: Dieter Leder

In einer Stellungnahme bestätigt die Landesgartenschau GmbH die geplante Fällung von Bäumen und dass die jetzt vorliegende Vorentwurfsplanung von Marianne Mommsen die Grundlage sei, die tatsächliche Umsetzung aber von den Bürgern entschieden werde. „Die Stadt, der Gemeinderat, die Landesgartenschau GmbH und die Planer haben jedoch die Aufgabe, zu sagen, wo es sinnvoll wäre, Bäume zu belassen, und wo es sinnvoll wäre, Bäume zu entfernen,“ so die Pressemitteilung.

Die Politiker haben offenbar keine Probleme mit den Baumfällungen auf der Promenade. Nicht nur, dass der Gemeinderat am 20. Januar den Vorentwurf ohne Einwände zur Kenntnis genommen hat: Das Konzept der urbanisierten Stadt und das Fällen der Bäumen ging schon 2012 aus dem Siegerentwurf hervor. Damals saßen neben Oberbürgermeisterin Sabine Becker auch Ulrich Krezdorn (CDU), Bernadette Siemensmeyer (LBU), Ingo Wörner (FDP), Oswald Burger (SPD) und Robert Dreher (FWV) im Preisgericht.

Auf SÜDKURIER-Anfrage, warum 2012 zwar der Erhalt der drei Kastanien am Chantilly-Platz durchgesetzt wurde, nicht aber der Erhalt der 49 anderen Bäume auf der Promenade und ob sie das Fällen der Bäume auf der Promenade heute noch befürworten, antworteten lediglich zwei Politiker.

Robert Dreher sagte, dass der jetzt kursierende Plan dem damaligen Arbeitskreis Landesgartenschau als Vorentwurf vorgelegt wurde. „Sollte sich im Bürgerbeteiligung-Prozess herausstellen, dass es sinnvoll und ökologisch vertretbar ist, Bäume zu fällen, so würde ich als Stadt- und Aufsichtsrat hinter einer solchen Maßnahme stehen.“ Ulrich Krezdorn unterstrich nochmals, dass er sich gegen das Fällen der Kastanien am Chantilly-Platz von Anfang an eingesetzt hatte. „Die Fällung von 49 weiteren Bäumen habe ich nie befürwortet, da ja erst ein schlüssiges Promenadenkonzept einzelne Bäume in Frage stellen kann. Bei der Aufbesserung der Promenade für unsere Zukunft muss jeder einzelne Baum sich einer emotionslosen sachlichen Bewertung stellen. Platzierung, Zustand und Entwicklungsfähigkeit jedes Baumes, und das in der Logik eines sinnvollen Konzeptes,“ so die Ausführungen von Ulrich Krezdorn.

Bürgerbeteiligung

Die Bürger von Überlingen können sich bei der Gestaltung der Uferpromenade beteiligen. Am Donnerstag, 9. Juni, um 18 Uhr beginnt im Dorfgemeinschaftshaus in Nußdorf ein öffentliche Bürgerforum. Marianne Mommsen wird hierzu ihre Pläne zur Gestaltung der Uferpromenade und des Landungsplatzes der Öffentlichkeit vorstellen und auch erläutern. Anschließend haben die Bürger dann Gelegenheit, mit sach- und fachkundigen Ansprechpartnern Schwerpunkthemen zu diskutieren und auch Einfluss auf die weitere Planung und Realisierung nehmen. Die Ergebnisse der Bürgerforums zur Gestaltung der Promenade werden in die Überarbeitung des Vorentwurfes mit einfließen. (dle)

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