Eigentlich war der Ablauf anders geplant. "Sanierungsrechtliche Zustimmung zum Abriss des bestehenden Wohnhauses und Errichtung von zwei Wohngebäuden mit gemeinsamer Tiefgarage, Gartenstraße 5+7", stand auf der Tagesordnung der Sitzung des Bauausschusses. Nachdem zuletzt eifrig über das Bauvorhaben in der Fischerhäuservorstadt diskutiert worden war, wunderte es nicht, dass sich viele Bürger im Torhaus einfanden.
Schnell verließ ein Großteil jedoch wieder den Sitzungssaal. Denn statt eines Beschlusses gab es nur eine Erklärung von Baubürgermeister Matthias Längin. Er habe knapp drei Stunden vor Sitzungsbeginn von seinen Mitarbeitern im Stadtplanungsamt erfahren, dass für das Gebiet in der Fischerhäuservorstadt ein anderer Rechtsstatus vorliege, als bislang angenommen.
Komplizierte Rechtslage
Worum geht es? Die Gartenstraße liegt im Sanierungsgebiet "Altstadt II West". Sanierungsgebiete gehören zur Städtebauförderung des Landes Baden-Württemberg, mit der die Behebung städtebaulicher Missstände und die Entwicklung von Gemeinden angestrebt wird. Wegen ihrer Bedeutung gelten in Sanierungsgebieten strengere rechtliche Grundlagen als in anderen Quartieren. So ist laut Paragraf 144 BauGB bei Abriss und Neubau eine sanierungsrechtliche Zustimmung durch den Bauausschuss vonnöten.
Wie die Verwaltung aber erst jetzt feststellte, ist in der Satzung zum Sanierungsgebiet "Altstadt II West" der Paragraf 144 ausgeschlossen. Das bedeutet, dass gar keine sanierungsrechtliche Genehmigung erteilt werden muss. Eine Abrisserlaubnis des Ausschusses war damit hinfällig. Da sich der Gemeinderat kürzlich aber die Absicht für die Aufstellung eines Bebauungsplans in der Fischerhäuservorstadt erklärt hatte, sprach sich der Ausschuss nun für eine Veränderungssperre im Altstadtquartier aus. Alledings: Das aktuelle Bauvorhaben ist von dieser nicht betroffen, es wird nach Paragraf 34 beurteilt, also nach der Einfügung in die Umgebungsbebauung.
Doch warum stellte die Verwaltung den geltenden Rechtsstatus erst kurz vor der Sitzung fest, obwohl das Bauvorhaben der Verwaltung schon seit vielen Monaten bekannt ist? "Dies kann ich aus Datenschutzgründen leider nicht öffentlich kommunizieren", teilte Längin auf SÜDKURIER-Anfrage mit.
Beirat wird nicht erneut angehört
Auf die Nachfrage von Bernadette Siemensmeyer (LBU/Grüne), wie denn der mobile Gestaltungsbeirat – ein unabhängiges Gremium aus Architekten – die aktualisierten Entwürfe des Bauvorhabens einschätze, sagte Längin: "Wir haben noch keine schriftliche Antwort erhalten." Der Beirat habe lediglich mitgeteilt, dass er nochmals Redebedarf sehe. Die Verwaltung wolle jedoch auf eine weitere Anhörung des Gestaltungsbeirats verzichten, da der Bauherr die vorgebrachten Einwände mittlerweile größtenteils berücksichtigt habe.