Irgendwann im Laufe der öffentlich geführten Debatte war‘s dem Oberbürgermeister zu bunt. Jan Zeitler setzte den Tagesordnungspunkt zur Beschlussfassung einer neuen Hauptsatzung mit vernehmbarer Verärgerung ab. Bevor das Schriftstück, gewissermaßen die Verfassung einer Stadt, in Druck gehen kann und wirksam wird, müssten die Räte ihre Änderungsanträge bitte schriftlich einreichen.

BÜB+: Statt „können“ ein „grundsätzlich müssen“

Die Fraktion BÜB+ hatte das im Vorfeld getan. Sie formulierte schriftlich, dass sie einen Zusatz in der Hauptsatzung beantrage. Und zwar sollten, so ihr Antrag, beschließende Gemeinderatsausschüsse „grundsätzlich“ öffentlich tagen (von begründeten Ausnahmen abgesehen). Sie sollten nicht nur öffentlich tagen „können“, wie es in der Baden-Württembergischen Gemeindeordnung steht. Damit solle der Spielraum des Vorsitzenden, also OB Zeitler oder Baubürgermeister Längin, die über öffentlich oder nichtöffentlich entscheiden, eingeengt werden.

Biniossek: Es braucht längeren Atem

Hinter dem Änderungsantrag steckt der Wille von BÜB+, die Ratsdebatten frühzeitig ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, um so die Bürger in Entscheidungen mit einbeziehen zu können, bevor sie gefallen sind. Roland Biniossek (BÜB+) eröffnete die Debatte mit den Worten, dass zwar viele Fraktionen im Kommunalwahlkampf mit mehr Transparenz und Öffentlichkeit für sich geworben hätten, er aber nicht damit rechne, dass ihr Antrag auf Anhieb durchgehen werde. „Dafür braucht es wohl einen längeren Atem.“

Alexander Bruns: Verstoß gegen Gemeindeordnung

OB Jan Zeitler trat dem Antrag in der Sitzung mit dem Argument entgegen, dass die Gemeindeordnung über der städtischen Hauptsatzung steht. Die Stadt dürfe keine Satzung beschließen, mit der die Baden-Württembergische Gemeindeordnung ausgehebelt wird. Darüber hinaus sei noch immer verantwortungsbewusst mit der Frage von Öffentlichkeit umgegangen worden, was Bionissek stark in Zweifel zieht. Alexander Bruns (CDU-Stadtrat), promovierter Rechtswissenschaftler, sprang dem OB zur Seite. „Jede Form der Einschränkung des Ermessens des Vorsitzenden ist mit der Gemeindeordnung unvereinbar. Wenn wir hier etwas beschließen müssen, was dieses Ermessen einschränkt, verstößt es gegen die Gemeindeordnung und der OB müsste es rechtlich beanstanden.“

OB Zeitler: „Jetzt wird es mir zu unübrsichtlich“

Offenbar war Zeitler der Meinung, dass ihm das Gremium, abgesehen von der BÜB+, widerspruchslos folgen werde und dass damit die Satzung ohne weitere Änderungen beschlossen würde. Doch machte Marga Lenski (LBU/Die Grünen) einen Kompromissvorschlag für eine Ergänzung in der Hauptsatzung: Demnach solle nicht „grundsätzlich“, aber „in der Regel“ öffentlich in den Ausschüssen getagt werden. Und nachdem zuvor schon Architekt Jörg Bohm (CDU) in einer Detailfrage zu Bausachen eine Änderung beantragt hatte, die rechtlich auf die Schnelle für Zeitler und Längin nicht bewertbar war, sagte Zeitler: „Jetzt wird es mir zu unübersichtlich.“ Er vertagte.

Darin wiederum erkannte Biniossek einen Rechtsverstoß. Er ist der Meinung, dass nicht der OB, sondern nur der Gemeinderat per Beschluss eine Beratung von der Tagesordnung absetzen dürfe.