Wieder schlechte Noten für Überlingen im Fahrradklimatest. Wieder letzter Platz im Bodenseekreis. Wieder nichts passiert. Bernhard Glatthaar, Kreisvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) ärgert sich.

Unmittelbar am Uferpark auf der Bahnhofstraße in Richtung Goldbach wurschtelt sich der Fahrradfahrer zwischen parkenden Autos, ...
Unmittelbar am Uferpark auf der Bahnhofstraße in Richtung Goldbach wurschtelt sich der Fahrradfahrer zwischen parkenden Autos, Absperrungen und hohem Verkehrsaufkommen aktuell ganz ohne Radweg durch. | Bild: Stef Manzini

Jährlich legt der ADFC seine Bewertung für die Sicherheit und den Komfort der Fahrradfahrer in den Städten und Kommunen vor. Die Bewertung für Überlingen hat sich innerhalb eines Jahres nur unwesentlich verändert, mit Platz 266 von 311 Teilnehmern in Deutschland liegt die Stadt wiederum auf einem der hinteren Plätze.

Beim Thema Familienfreundlichkeit bildet sie sogar das Schlusslicht im Bodenseekreis und landet mit der Punktzahl 4,4 noch unter dem Bundesdurchschnitt. 75 Personen haben in Überlingen beim Fahrrad-Klimatest 2018 teilgenommen, den der ADFC im April dieses Jahres vorgelegt hat.

In der Aufkircherstraße kurz nach dem Tor in Richtung Krankenhaus endet der Fahrradweg ohne Vorwarnung im Nichts, beziehungsweise auf ...
In der Aufkircherstraße kurz nach dem Tor in Richtung Krankenhaus endet der Fahrradweg ohne Vorwarnung im Nichts, beziehungsweise auf der Fahrbahn. Hier ist es besonders eng und daher brandgefährlich, urteilt der ADFC. | Bild: Stef Manzini

"Wir sehen keine Veränderungen in der Stadt, nichts wurde bisher konkret umgesetzt, die Radverkehrs-Konzepte liegen auch weiterhin, wie seit vielen Jahren, in der Schublade der Stadtverwaltung", kritisiert Bernhard Glatthaar. Die Radfahrer würden sich, wie bisher auch, durch die Stadt "durchkämpfen", so der ADFC-Vorsitzende.

Kein Verständnis könne er dafür aufbringen und es fehle an Priorisierung innerhalb der Verwaltungsspitze. "Hier muss doch endlich was geschehen und zwar von ganz oben, vom OB aus. Es braucht endlich einen Kümmerer", beklagt Glatthaar.

Radfahren wäre in Überlingen unbequem, aber was noch viel schlimmer wäre, auch äußerst gefährlich. In diese Aussage wollte der ADFC auch ausdrücklich die Teilorte mit einbeziehen, denn hier fehle es an Verbindungswegen. "Denken sie an die Schulkinder", empört sich der ADFC-Vorsitzende.

Eine große Herausforderung und ebensolche Gefahrenstelle für Radler ist von Brünnensbach kommend der Abzweig Goldbach. Als zu schmalen ...
Eine große Herausforderung und ebensolche Gefahrenstelle für Radler ist von Brünnensbach kommend der Abzweig Goldbach. Als zu schmalen Zweirichtungsgeh- und Radweg bezeichnet ihn das Maßnahmeblatt der Stadt. Will man weiter Richtung Sipplingen, muss man hier die Straße queren. | Bild: Stef Manzini

Die Stadtverwaltung reagiert auf diese Vorwürfe mit der Zusendung sehr umfangreichen Materials. Nicht weniger als 46 sogenannte Maßnahmeblätter beschreiben die Situationen an den Brennpunkten vor Ort. In den Kommentarleisten jeweils Priorisierung und die Erklärung, warum bisher nichts geschah.

Münster- Christoph- Kloster- und Jakob-Kessenring-Straße sind gefährliche Straßenzüge, da zu eng. Da sie aber innerhalb des Bodenseeradwegs liegen, wären Absprachen auf übergeordneter Ebene erforderlich.

Gleiches gilt für die Gefahrenstelle von Brünnensbach bis zum Abzweig Goldbach. Hier sei außerdem eine Verbreiterung des zu schmalen Zweirichtungsgeh- und Radwegs nicht möglich.

Die Bahnübergänge West- und Ost sind in den Maßnahmen nicht priorisiert, das heißt im Klartext, hier wird Seitens der Stadtverwaltung keine Wichtigkeit gesehen, gleiches gilt für die Bahnhofstraße.

Am Ende des Radwegs aus Richtung La Piazza auf Höhe Einfahrt Burgberg weiß Angela Reisch aus Überlingen wo es nun für sie weitergeht. ...
Am Ende des Radwegs aus Richtung La Piazza auf Höhe Einfahrt Burgberg weiß Angela Reisch aus Überlingen wo es nun für sie weitergeht. Alle Ortsunkundigen Radfahrer wissen das nicht und stehen ratlos vor dem Zebrastreifen und dem Gegenverkehr. | Bild: Stef Manzini

Stadtauswärts auf der Owinger Straße in Richtung Kogenbach gelange man auf dem Rad nur unter Lebensgefahr auf die schöne neue Fahrradbrücke über die neue Schnellstraße, erklärt Angela Reisch, Geschäftsfrau aus Überlingen.

Die komplett bebilderten Maßnahmeblätter der Stadtverwaltung sprechen hier von einer hohen Verkehrsstärke, eher noch zunehmend durch die neue Anbindung an die B 31-alt. Im Feld "Aufwand" steht ein "Gering". "Wann passiert hier endlich etwas?", fragt sich Angela Reisch.

Die Strecke nach Kogenbach, über die Owingerstraße, nennt Angela Reisch lebensgefährlich. Radweg Fehlanzeige. Parkende Autos im ...
Die Strecke nach Kogenbach, über die Owingerstraße, nennt Angela Reisch lebensgefährlich. Radweg Fehlanzeige. Parkende Autos im Kurvenbereich, Gegenverkehr, dass meinte der ADFC-Vorsitzende wohl mit "sich durchkämpfen müssen". | Bild: Stef Manzini

Zur auf den Blättern der Stadt geschilderten Problematik bei Wiestorstraße und Lippertsreuterstraße, Höhe Burgberg, bleiben die Felder "Aufwand und Bemerkungen" leer. Allerdings erkennt die Stadt darauf ein hohes Gefährdungspotenzial an. Man prüfe aber Seitens der Stadt die Realisierung von Schließfächern und Ladestationen für E-Biker im Bereich des Haupteingangs im Zusammenhang mit der geplanten Landesgartenschau.

Oliver Weißflog, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Konstanz, weißt im Zusammenhang mit dem ADFC-Klimatest auf eine ständig steigende Zahl der Radfahrer im Bodenseekreis hin. Die Unfallzahlen gingen in der Gesamtbetrachtung ebenfalls nach oben.

Der Polizeisprecher äußerte sein Unverständnis darüber, entsprechende Maßnahmen zur Sicherheit der Radfahrer seitens der Stadtverwaltung Überlingens einzuleiten. Schließlich bewerbe man das Radfahren im Zusammenhang mit dem Umweltbewusstsein doch auch und gebe sich gerne einen grünen Anstrich beim Thema Landesgartenschau.