Herr Zeitler, wir treffen uns hier in der Bodenseetherme, Sie haben sich diese Location für das Interview ausgesucht. Warum hier?

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, schöne Plätze für das Sommergespräch auszusuchen. Letztes Jahr waren wir im Ostbad, dieses Mal sind wir in der Bodenseetherme. Für mich ist das hier einer der schönsten Plätze in der Stadt in wunderbarer Seenähe.

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Wir waren nicht auf einen Parkplatz angewiesen. Trotzdem die Frage, wie’s so läuft ohne Parkplätze an Therme und Westbad?

Was heißt ohne Parkplätze?! Wir halten, wenn auch in überschaubarer Anzahl, Parkplätze vor und wissen, dass die Situation angespannt ist. Wir wissen aber auch, dass das Parkhaus „Therme“ besser schon fertiggestellt gewesen wäre, als wir mit den Baumaßnahmen am Uferpark begonnen haben. Wichtig ist aber, dass ein Baufortschritt sichtbar ist. Es ist noch eine Durststrecke durchzuhalten, danach wird sich vieles bessern.

Richtig, die Bauarbeiten sind in vollem Gange, man hört es. Auch für den Bau der neuen Sporthalle haben Sie ein großes Tempo nach Amtsantritt vorgelegt. Der Beschluss des Gemeinderats liegt aber auch schon wieder ein Jahr zurück und seitdem tut sich- öffentlich erkennbar – nichts. Warum?

Das ist nicht ganz richtig. Wenn Sie sich vergegenwärtigen, wir reden über ein Projekt, das deutlich über 20 Millionen Euro liegt. Projektsteuerung und –planung sind sehr komplex und bedürfen zahlreicher vorbereitender Arbeitsschritte.

Was heißt deutlich über 20 Millionen Euro? 20 Millionen waren vor einem Jahr noch angepeilt. Und jetzt sind Sie deutlich darüber?

Wenn Sie es Brutto betrachten, wird man schon deutlich über die 20 Millionen kommen. Wir betrachten ein Großprojekt mit vielen Anforderungen, Leistungsverzeichnissen und Raumbüchern unter Einbezug der Kommunalpolitik – dafür sind wir sehr schnell unterwegs. Der Spatenstich steht im September an, die Baustelleneinrichtung noch im August. Schneller geht es bei einem Projekt in dieser Größenordnung nicht.

Bleiben wir bei diversen Großbaustellen, zunächst bei der einsturzgefährdeten Kapuzinerkirche. Klappt die Sanierung bis zur Landesgartenschau?

Selbstverständlich, so ist es eingeplant. Wir haben gar keine andere Wahl. Hier soll während der Landesgartenschau die Blumenhalle eingerichtet werden. Eine Mauer ist einsturzgefährdet, es geht nicht nur um den Dachstuhl. Wir möchten dieses Gebäude so ertüchtigen, dass Überlingen nach der LGS hier eine Veranstaltungsstätte bekommt, auf die man dauerhaft zugreifen kann. Und zwar ganzjährig.

Ist das Wunsch oder Wirklichkeit? Wann kommen die Maurer, wann die Dachdecker?

Wenn man die Sensibilität des Gebäudes betrachtet, sprich den Denkmalschutz, dann verstehen Sie, dass dieser Sanierung verschiedene Verfahren vorausgehen. Wir möchten von Förderprogrammen profitieren. Der Baubeginn ist im Herbst diesen Jahres geplant und die Fertigstellung im Herbst 2019.

Einmal mehr ist das ein Beispiel dafür, dass die Landesgartenschau Druck macht, gewisse Dinge abzuschließen.

Richtig. Stellen sie sich vor, wir hätten diesen Druck, dass wir das Gebäude dringend für die Landesgartenschau benötigen, nicht. Man könnte auch geneigt sein, alles auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, eben wenn es besser passt. Das ist oftmals ein Schwachpunkt in der kommunalen Entwicklung und insofern bin ich auch dankbar dafür, dass wir diesen Druck nun haben.

Kann man sagen, dass auch die Denkmalpflege wegen der LGS einen gewissen Druck verspürt?

Ja, kann man so formulieren. Die Dringlichkeit wird auch auf Seiten der Denkmalpflege erkannt. Das ist ein zentrales Gebäude im LGS-Gelände. Wir haben keine Alternative zur Kapuzinerkirche als Blumenhalle.

Das allergrößte Projekt neben der Landesgartenschau dürfte die Entwicklung des Kramer-Areals sein. Blicken wir kurz auf die Gemeinderatsitzung Anfang Juli, bei der Sie den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan fassen wollten, in der sich der Gemeinderat aber für eine Vertagung entschieden hat, nachdem Sie Andeutungen machten, dass irgendwas hinter den Kulissen läuft. So würde ich statt von Kramer- eher von Geheimniskrämerareal sprechen wollen. Was geht da?

Die Sorge der Geheimniskrämerei kann ich Ihnen gerne nehmen. Lassen Sie uns mal die Situation betrachten. Wir haben ein städtebaulich hochgradig interessantes Gelände, das in Privateigentum steht. Als Stadt verfügen wir über die kommunale Planungshoheit, sind willens und sehen das Erfordernis, das Geländezu überplanen. Was ich Ihnen versichern kann, ist, dass wir in sehr guten Gesprächen mit der Wacker-Neuson-Gruppe sind. Dem Konzern mit Deutschland-Sitz in München gehört das Gelände. Wir haben eine gute Gesprächsbasis mit den Konzernverantwortlichen und machen uns gemeinsam Gedanken, wie wir dieses Gelände entwickeln können.

Ich gehe davon aus, dass der Konzern das Gelände wirtschaftlich für sich am besten nutzen will. Welche Ziele verfolgen Sie?

Das stellen Sie zu Recht fest, ein Konzern verfolgt natürlich eigene wirtschaftliche Interessen. Aber, und das ist das Schöne an der Situation, in den Gesprächen ist erkennbar, dass man mit seinem Eigentum an dieser Stelle verantwortlich umgehen möchte. Deshalb wurde uns angeboten, dass wir uns gemeinsam Gedanken machen, wie dieses Gelände entwickelt werden kann. Und diesen Gesprächsfaden lassen wir natürlich nicht abreißen. Die nächsten Gespräche folgen jetzt im August.

Werden Sie doch bitte ein bisschen konkreter, welche Wünsche haben Sie, und von welchen Zielen müssen Sie den Eigentümer erst noch überzeugen?

Wenn wir uns die Wohnsituation in Überlingen anschauen, dann müssen wir ein großes Interesse daran haben, ein Gebiet zu entwickeln, das eine vielfältige Nutzung zulässt. Das Grundstück in dieser Lage und dieser Größe hat einen erheblichen Wert. Damit müssen wir umgehen. Dem Gemeinderat möchte ich vorschlagen, hier ein Mischgebiet entstehen zu lassen: Bezahlbares neben hochwertigem Wohnen, aber auch eine Gewerbenutzung im Bereich der Dienstleistungsbranche – ich denke an Ingenieursbüros oder an Softwareunternehmen.

Sorry, aber das ist mir zu unkonkret. Dass Sie eine vielfältige Nutzung haben wollen, steht doch außer Frage. Aber was wollen Sie für das Wohl Überlingens rausschlagen?

Was meinen Sie mit rausschlagen? Dass wir als Stadt Interesse an diesem Gelände haben, steht doch außerfrage. Entweder entwickeln wir mit Wacker-Neuson gemeinsam etwas oder es gelingt uns, das Gelände aufzukaufen. Vielleicht sagt der Eigentümer aber auch, er möchte nicht verkaufen. Das Ergebnis kenne ich noch nicht. Ich kann Ihnen aber sagen, dass ich ein Interesse daran habe, als Stadt über dieses Gelände so zu verfügen, dass wir diejenigen sind, die vollumfänglich darüber bestimmen können, was wo stattfindet.

Das war ein Interessanter Nebensatz, dass Sie erwägen, das Grundstück aufzukaufen.

Das hängt ja nicht nur von uns ab. Es gibt ja noch einen Eigentümer.

Und es hängt von der Finanzlage der Stadt ab…

Ja. Aber ein Gelände in dieser Lage muss für eine Stadt immer interessant sein, unabhängig von der aktuellen Liquidität. Ich sage es Ihnen, wie es ist: An dieser Stelle traue ich mir auch zu, über andere Finanzierungsformen nachzudenken.

Was meinen Sie mit „anderen Finanzierungsformen“?

Das würde jetzt zu sehr ins Detail führen, aber es muss ja nicht alles eigenkapitalfinanziert sein. Es gibt Banken für solche Situationen, in denen ein realistischer Gegenwert dagegen steht.

Die Preisschraube für dieses Grundstück wurde in meinen Augen schon deswegen nach oben gekurbelt, weil man die Absicht zum Aufstellen eines Bebauungsplans äußerte. Sehen Sie das auch so?

Nein, das sehe ich nicht so. Momentan haben wir hohe Bodenrichtwerte in dieser Lage. Dass auf dem Gelände irgendetwas entstehen wird, das ist ja offensichtlich und weiß auch jeder.

Wenn‘s ein Gewerbegebiet bleiben würde, dann wäre der Preis niedriger.

Ja, aber man darf eines nicht vergessen: irgendwann muss ein Signal gesendet werden, um diese Fläche städtebaulich entwickeln. Ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan heißt ja nichts anderes als das Signal der Stadt, dass ich mir über die weitere Entwicklung des Gebiets Gedanken machen möchte.

Wenn die Stadt schon ihre Bereitschaft zur Aufstellung eines Bebauungsplanes zeigt und damit die Grundstücke aufwertet, könnte sie im Gegenzug vom Eigentümer doch verlangen, etwas für die Allgemeinheit zu tun, z. B. auf seine Kosten hin einen Kindergarten zu bauen.

Ich kann Ihre Überlegung nachvollziehen, aber ehrlich gesagt, soweit sind wir noch gar nicht. Wir sind noch mitten in den Gesprächen mit dem Eigentümer, wie er sich die Zukunft des Geländes vorstellt. Dass, was Sie benennen, kann selbstverständlich Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages sein.

Ich will mit meinen Fragen ja nur etwas mehr aus Ihnen rauslocken.

Aber Sie werden doch auch verstehen, dass die Gespräche mit dem Eigentümer erst einmal vertraulich stattfinden.

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