Harte Zeiten für viele Vereine in der Stadt: Die neuen Mietverträge von Eigentümer Betz und Partner für die Räume im Telekomgebäude sind eingegangen und sollen rückwirkend zum 1. Juli zunächst für ein Jahr gelten. Dass es teurer wird, wussten alle und mancher – wie das Karate Dojo – hatte teilweise schon im Vorfeld die Mitgliedsbeiträge erhöht. Beim Judosportverein mit seinen rund 250 Mitgliedern ist dies bei der Hauptversammlung am 7. Dezember das wichtigste Thema, sagt Vorsitzender Markus Bollin. "Bisher haben wir 240 Euro Miete pro Monat bezahlt, jetzt sind es 2000 Euro – jeweils ohne Nebenkosten", erzählt er.
Boxverein ist bereits ausgezogen
Eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu dem Thema hat auch der Tanzsportclub Blau-Gold im Rahmen seiner Jahresabschlussfeier am 17. Dezember angekündigt, wie Rainer Rosenthal bestätigt. Der Boxverein Ringtrotters hingegen ist nach Eintreffen des Angebots gleich ausgezogen, wie dessen Vorsitzender Anton Öhler sagt: "Wir sind ein recht armer Verein mit knapp 50 Mitgliedern und können uns das überhaupt nicht mehr leisten", erklärt er. Seit dem Auszug weicht der Verein dreimal pro Woche notdürftig in den Gymnastikraum des Gymnasiums aus, die fünf Wettkämpfer fahren regelmäßig nach Radolfzell oder Singen, weil ein Boxring fehlt.
Vereine setzen auf höhere Mitgliedsbeiträge
Andere haben die Hoffnung auf das Vereinshaus noch nicht ganz aufgegeben und bitten die Mitglieder mehr zur Kasse. Beim Judoclub sollen Erwachsene künftig jährlich 238 Euro (bisher 140 Euro) bezahlen, Jugendliche 170 Euro (bisher 100 Euro), Kinder 155 Euro (bisher 90 Euro) und Kleinkinder von drei bis sechs Jahren 105 Euro (statt 60 Euro).
Wie sie die Mieterhöhung stemmen sollen, ist vielen Vereinen noch ein Rätsel. Unterschrieben habe die neuen Verträge im Moment noch kein Verein, erzählte Markus Bollin gestern. Betroffen sind neben den Judokas und den Karatekas noch der Tanzsportclub Blau-Gold, die Chorgemeinschaft, der Schachclub und das Christliche Jugenddorfwerk CJD mit seinen Sprachkursen. Auch der Alpenverein nutzt im Gebäude Räume als Geschäftsstelle.
Stadt lehnt Verwalter-Vorschlag ab
Kritik am Vermieter Betz und Partner hat Bollin nicht. "Herr Betz war von Anfang an immer ganz klar in seinen Aussagen", betont er. Von der Stadtverwaltung fühlen sich die Vereine dagegen hingehalten und "im Stich gelassen", wie er sagt. Mit dem aktuellen Angebot von Eigentümer Betz, alle Räume an einen Verwalter zu übergeben und dann die Miete auf 3 statt 5 Euro pro Quadratmeter zu reduzieren, seien die Vereine an die Stadt herangetreten. Aus Sicht Bollins könnte die Verwaltung helfen und die Vermietung koordinieren. Auf die entsprechende Bitte an Oberbürgermeister Jan Zeitler habe Fachbereichsleiter Raphael Wiedemer-Steidinger jedoch geantwortet und abgelehnt (siehe unten).
Ausweich-Räumlichkeiten an Schulen reichen nicht
Stadtrat Ralph Mittelmeier (FWV/ÜfA) hatte kürzlich angeregt, für die Vereine Räume in den Schulgebäuden zur Verfügung zu stellen. Aus Sicht von Bollin würde das nichts nützen. Selbst die neue Sporthalle sei zumindest für Judo und Karate keine Option. Zu aufwendig seien der ständige Auf- und Abbau der rund 220 Quadratmeter großen Mattenfläche.
Eine konkrete Lösung erwarten die Vertreter der Vereine nicht, wenn sie sich am heutigen Donnerstag erstmals persönlich mit Eigentümer Hans-Peter Betz treffen. Man wolle sich einfach einmal kennenlernen, heißt es.
Der Hilferuf der Vereine
Am 4. November hatte Markus Bollin an Oberbürgermeister Jan Zeitler folgende Zeilen geschrieben: "Jetzt liegen den Vereinen die neuen Mietverträge vor und jetzt brauchten wir die Hilfe der Stadt. Wenn hier keine Hilfe kommt, gehen die Vereine unter. (...) Wenn hier die Stadt einspringt, beteiligt sich die Stadt mit 2842,58 Euro Zuschuss/Monat an dem Vereinshaus und müsste nur bestehende Ressourcen nutzen. Das wäre eine sichtbare Hilfeleistung, die Sie nicht absegnen lassen müssen. (...) Jetzt wird Ihre Hilfe dringend benötigt. Wenn Ihnen an der Vereinsarbeit was liegt, sehen wir das jetzt. Und wie Sie sehen, ist das ohne Zusatzkosten für die Stadt möglich. Über Ihre schnelle Hilfe freuen wir uns sehr."
Als zuständiger Fachbereichsleiter verwies Raphael Wiedemer-Steidinger darauf, dass Oberbürgermeister Zeitler bereits am 28. Juli 2018 die Zuschussmöglichkeiten der Stadt verneint habe. "Dieser Sachstand gilt noch immer", schreibt Fachbereichsleiter Wiedemer-Steidinger. Weiter heißt es: "Die Stadt empfiehlt Ihnen, einen Förderverein zusammen mit den anderen Vereinsmietern im Gebäude Langgasse 5 zu gründen. Dadurch erreichen Sie, dass der Mietpreis von 5 auf 3 Euro je Quadratmeter reduziert wird."