Überlingen – "Wir sind wahnsinnig froh, dass es Sie gibt!" Dies betonte Fachbereichsleiter Raphael Wiedemer Steidinger von der Stadtverwaltung und hob vor dem Ausschuss für Bildung und Kultur ausdrücklich die wachsende Bedeutung der Schulsozialarbeit hervor, die an den städtischen Bildungseinrichtungen geleistet werde. Auch wenn es kommunalrechtlich eine freiwillige Aufgabe der Gemeinden sei, werde die Notwendigkeit sowohl vom Gemeinderat, von Eltern und Lehrern als auch von der Schulverwaltung beim Träger ganz klar erkannt und die Arbeit nach Möglichkeit gefördert.
Insgesamt sind hier derzeit fünf qualifizierte Kräfte tätig, von denen vier das Christliche Jugenddorfwerk (CJD) als Bildungsträger bereitstellt. Dessen erfolgreiche Kooperation mit den Schulen schilderte die Überlinger Standortkoordinatorin Ulrike Dittert. Gemeinsam stellten Martin Gecks (Burgbergschule), Sandra Klingenhäger (Gymnasium), Kathrin Käser (Realschule und Grundschule Lippertsreute), Viktor Reimer (Wiestor- und Franz-Sales-Wocheler-Schule) sowie Daniela Joos (Hödingen und Nußdorf) mit ausgewählten Schwerpunkten ihre Arbeit vor.
Ausgehend von der Wiestorschule war die Schulsozialarbeit seit fünf Jahren Schritt für Schritt auf die anderen Schulen ausgeweitet worden. Seit 2011 hat die Stadt auch einen Vertrag mit dem CJD als Bildungsträger, der die meisten Mitarbeiter bereitstellt. Auch Wolfgang Panzner, geschäftsführender Leiter der Überlinger Schulen, bekräftigte noch einmal die dringende Notwendigkeit, schon den Grundschülern die wichtige soziale Kompetenz und den Respekt voreinander zu vermitteln. Panzner war es, der vor fünf Jahren auf die Ausweitung der Arbeit gedrängt hatte. Immer häufiger kämen Schüler mit Erziehungsdefiziten aus dem Elternhaus in die Schule, sagt der Rektor der Burgbergschule, sodass man immer mehr nacharbeiten müsste. "Doch wenn ich als Schulleiter nur noch der Sozialarbeiter bin, dann kann ich meinen anderen Aufgaben nicht mehr nachkommen." Er sei dankbar, dass die Stadt Überlingen diesem Wunsch nachgekommen sei. "Sie machen eine sehr gute Arbeit", resümierte Stadträtin Sylvia Kruse-Baiker (SPD) an die Adresse der Schulsozialarbeiter: "Sie schmücken uns. Gut, dass wir Sie haben."
Streit schlichten, bei Mobbing intervenieren und persönliche Einzelfallhilfen leisten – Aufgaben und Methoden der Sozialarbeiter sind vielfältig. "Da gibt es manchmal Probleme, die man sich gar nicht vorstellen kann", berichtet Sandra Klingenhäger. Der Austausch mit den Lehrern sei wichtig. Eltern kämen allerdings erst, "wenn es Probleme mit der Schule gibt".
Viele Schüler kämen allerdings auch selbst in die Sprechstunde, erklärte Klingenhäger auf Nachfrage von Andreas Wissmann (CDU). Manchmal seien es auch Mitschüler, die besorgt auf Probleme aufmerksam machten. Wer Zugang zu den Dokumentationen habe, wollte Lothar Thum (ÜfA/FWV) wissen. "Nur ich", betonte die Schulsozialarbeiterin. Natürlich gebe es auch eine Elterninformationspflicht.
Was den Umfang der Arbeit angehe, so würden die Empfehlungen des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS) zwar nicht ganz erreicht, erläuterte Sachgebietsleiterin Adelheid Hug. Allerdings liege die Zahl der Stellen in Überlingen über dem Durchschnitt im Bodenseekreis, wo es im Jahr 2015 exakt 1,15 Stellen auf jeweils 1000 Schüler im Alter zwischen 6 und 18 Jahren gebe. Umgerechnet auf die Zahlen der Stadt wären dies 2,75 Stellen. Überlingen verfüge indessen über 3,5 Stellen.
Schulsozialarbeit
Jugendsozialarbeit an Schulen ist laut Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg ein ganzheitliches, lebensweltbezogenes und lebenslagenorientiertes Leistungsangebot der Kinder- und Jugendhilfe am Ort der Schule. Schulsozialarbeit fördert junge Menschen in ihrer individuellen, sozialen und schulischen Entwicklung. Sie berät und unterstützt Erziehungsberechtigte sowie Lehrkräfte und trägt dadurch zur Vermeidung beziehungsweise zum Abbau von Bildungsbenachteiligungen bei. Hierzu dient auch die Bildung einer fördernden Umwelt für junge Menschen. Die Schulsozialarbeit arbeitet in Netzwerken zusammen mit Schulen, Eltern sowie relevanten Institutionen und Initiativen des Gemeinwesens. (hpw)