Wer in der Stadt unterwegs ist und aufs Internet zugreifen muss, braucht normalerweise einen Vertrag mit einem Mobilfunkanbieter. Aber die sind teuer – und stellenweise ist die Verbindung zum Netz einfach zu schwach. Eine Lösung dafür bietet rund um den Bodensee schon seit einiger Zeit die Initiative Freifunk Bodensee. Um Erfahrungen auszutauschen und über Probleme zu sprechen, trafen sich kürzlich Freifunker aus ganz Deutschland und der Schweiz auf dem Gelände der Waldorfschule in Überlingen.
Einfacher Zugang für jeden
Die Idee hinter Freifunk: Privatpersonen oder Geschäftsbetreibende stellen einen sogenannten WLAN-Router auf, der einen lokalen Zugang zum Internet ermöglicht. Auf den Router wird vorher eine spezielle Software von Freifunk Bodensee installiert, sodass Passierende ganz einfach und ohne Registrierung Mails empfangen oder Webseiten besuchen können, wenn sie den WLAN-Router auf ihrem Gerät einmal ausgewählt haben. Aber Freifunk kann noch mehr: "Das Ganze soll eine Art Maschennetz werden, jeder Router bildet dann einen Knoten im Netz", erklärt Martin Hellebrand, der seit Anfang an bei Freifunk Bodensee dabei ist. Sind die einzelnen Zugangspunkte untereinander verbunden, wählt sich das Smartphone in den jeweils nächsten ein, wenn man zum Beispiel durch eine Fußgängerzone geht. Auf die gleiche Weise lässt sich Internet an Orte bringen, die davon eigentlich abgetrennt wären – beispielsweise Landstriche auf der gegenüberliegenden Seeseite: "Das ist bisher noch ein kleiner Traum, aber durch den flachen See haben wir sehr gute Voraussetzungen", sagt Hellebrand. Und so ist es ihm mit seinen Gleichgesinnten versuchsweise auch schon gelungen, fast drei Kilometer quer über den See zu funken, von Überlingen nach Wallhausen.
Die Nachfrage ist da
Router finden sich in der Stadt am Landungsplatz und im Eiscafé Veneto, im Lake Burger, im Ristorante Basilico und in den Kauf-Läden. Für deren Betreiber Felix von Bleichert war Freifunk eine einfache Möglichkeit, ein zusätzliches Angebot für die Kundinnen und Kunden zu schaffen, ganz ohne rechtliche Probleme. "Das ist eine gute Sache, die man unterstützen muss." Früher hätten manche Kunden nach einem Internetzugang gefragt. Heute wird das Netzwerk laut von Bleichert dementsprechend gut genutzt: "Man ist am Puls der Zeit."

An anderen Stellen in Überlingen ist das Angebot aber noch recht dürftig: Von Bleichert würde es begrüßen, wenn "noch viele Andere mitmachen würden". Das sieht Martin Hellebrand genauso: "Wir würden uns sehr wünschen, dass es da noch weitergeht." Und deswegen gab es im "Freifunk Camp 2018" vor zwei Wochen auch einen Workshop für Interessierte, bei dem die unterschiedlichsten Fragen geklärt werden konnten. "Manche wollten sich nur informieren, andere wollten gleich einen Router aufstellen. Das war ein sehr erfolgreiches Wochenende", bilanziert Hellebrand.
Keine rechtlichen Probleme mehr
Freifunk Bodensee gibt es seit Januar 2016. "Eigentlich dachte ich, es gibt hier nicht genügend IT-Interessierte" – die fand Hellebrand dann aber bei der Toolbox Bodensee e.V. in Markdorf, wo sich Bastlerinnen und Bastler treffen, um gemeinsam an Projekten wie 3D-Druck oder Lichtsteuerung zu arbeiten. Als Freifunker ist man nicht unbedingt im Verein organisiert – die Netze sind bewusst dezentral aufgebaut. "Wir haben keine Hierarchie, wir wissen nicht, wer was auf den Routern macht und wir können nicht von außen darauf zugreifen." Öffnet das die Türen für Menschen mit bösen Absichten? Nein, sagt Hellebrand. Bei ihnen kämen im Jahr zwei bis drei Briefe von der Polizei an, die um Mithilfe bittet. Und selbst dann haftet der Betreiber der Router nicht bei Rechtsverstößen durch Benutzer. Denn die Störerhaftung für Betreiber von WLAN-Netzen, wegen der früher Abmahnbriefe ankamen, wurde 2017 von der Bundesregierung abgeschafft, sodass nun ausschließlich der Benutzer mit den bösen Absichten in der Pflicht ist.

Eine Konkurrenz zu kommerziellen Anbietern will Freifunk nicht sein. Für den Internet-Anschluss muss schließlich weiterhin ganz normal gezahlt werden, teilweise würden sogar neue Kabel für ein Freifunk-Netz verlegt. Auch wichtig ist Hellebrand der soziale Aspekt der Initiative: "Der Zugang zum Internet ist elementar für die Digitalisierung. Aber nicht jeder kann sich einen Mobilfunkvertrag mit Internet leisten. Freifunk soll etwas sein, wo Bürger sich gegenseitig aushelfen."
So wird man Freifunker
Alles, was man braucht, um bei Freifunk mitzumachen, ist ein handelsüblicher WLAN-Router. "Am besten vorher bei uns informieren, welche Modelle sich eignen. Die Günstigsten gibt es bereits ab 17, 18 Euro", sagt Hellebrand. Als nächstes wird die Software von Freifunk Bodensee aufgespielt. Hat man bereits einen Internet-Anschluss, kann der neue Router über diesen mitlaufen, es entstehen lediglich Stromkosten. "Wir haben das mal durchgerechnet, der Strom kostet etwa 5 Euro im Jahr."
Wer Fragen zur Installation oder Freifunk generell hat oder Hilfe braucht, kann einfach zu den Treffen in der Toolbox nach Markdorf kommen. Eine ausführliche Anleitung zur Einrichtung eines WLAN-Routers findet sich unter: http://www.freifunk-bodensee.net