Brummende Handys, Vorträge über Cybersecurity, Roboter, die den Alltag erleichtern, virtuelle Welten, die uns der Realität entfremden und diese gleichzeitig erweitern: Zeitalter der Digitalisierung. Auch in den Schulen ist das Thema. Hans Weber, Rektor des Gymnasiums in Überlingen, sagt: „Wir können vor der voranschreitenden Digitalisierung nicht mehr die Augen verschließen.“ Seit Jahren sei das Gymnasium dabei, ein tragfähiges Konzept zu entwickeln. Mit Erfolg: Dank der Anschaffung von 75 iPads, dem Einrichten eines WLAN-Netzes und technisch ergänzenden Geräten stehen zeitgemäßem Unterricht die Türen offen. „Als Rektor bin ich sehr optimistisch, was den Erfolg ins Schulkonzept integrierter Digitalisierung angeht“, sagt Weber. Das iPad als solches sei „die Antwort auf die Individualisierung von Lernprozessen“, sprich, das optimale Instrument, individuelles Lernen zu fördern. „Durch unterstützende Apps, neue Formen der Visualisierung, wie Simulationen, Interaktivität und Multiperspektivität, kann das Lernen dynamisiert werden“, stellt Weber in Aussicht. Doch wie soll der für Ablenkung besonders anfälligen Jugend ein angemessener Umgang mit den Geräten vermittelt werden? Wie soziale Kompetenz und motorische Fähigkeiten dabei nicht vernachlässigt werden?

Das Maß sei entscheidend: Darin sind sich Lehrer, Eltern und Rektor einig. Bei einem Pädagogischen Tag lernen sie die Prinzipien integrierter Digitalisierung kennen. Forscher stellen Chancen, Risiken und Studien vor, auch Anleitungen zur iPad-Nutzung stehen auf dem Plan. Mit dabei sind Referenten von Apple, der Universität Konstanz und der Pädagogischen Hochschule Weingarten.
„Es ist beeindruckend, wie motiviert und offen die Kollegen diesem Konzept gegenübertreten“, freut sich der Schulleiter. Es gebe berechtigte Ängste und Sorgen, doch es sei eine unglaubliche Aufbruchstimmung spürbar. Diese spricht auch aus der Meinung befragter Lehrer. Andrea Ernst, Abteilungsleiterin für Mathe und Physik, sagt: „Durch ans iPad angeschlossene Sensoren lassen sich beispielsweise Experimente für alle Schüler erfahrbar machen, es ist das Vehikel zur Lerngestaltung.“ Physiklehrer Martin Bruch, maßgeblich an der Ausarbeitung des digitalen Schulkonzepts beteiligt, sagt, dass sich mit der iPad-Nutzung „laborähnliche Zustände“ für die Naturwissenschaften ergäben. Er kritisiert die seiner Ansicht nach vorherrschende Passivität von Bildungseinrichtungen zum Digitalisierungsprozess. „Mit dem werden die Schüler überall konfrontiert, warum sollte die Schule nicht eher einen angemessenen Umgang damit lehren, anstatt die Augen zu verschließen?“ Diese Meinung teilt Friedrich Menzel, Vater zweier Schüler: „Es ist Aufgabe der Schule, Techniken zur Nutzung der Digitalisierung wie MS Office zu vermitteln, besonders im Hinblick auf das Berufsleben.“
Dem kommt das Gymnasium unter anderem mit der Anschaffung der iPads nach. In mehreren Räumen sind auch interaktive Whiteboards installiert, teils parallel zu gewöhnlichen Tafeln, auf denen sich schnell etwas notieren lässt. Die Whiteboards müssen hochgefahren werden und benötigen ein funktionsfähiges Netzwerk. Die Nutzung sei sehr aufwendig und anspruchsvoll, erklärt Martin Bruch, „das iPad hingegen ist äußerst bedienerfreundlich, das Gesamtkonzept nun tragfähiger.“ Hans Weber sieht die handliche Technik als durchsetzungsfähig: „Die Motivation bei Lehrern und Schülern ist tief liegend. Ein Drittel der Kollegen war diesbezüglich auf Fortbildungen aktiv, in Vorerfahrungen anderer Schulen bestätigt sich das Konzept.“
Das Konzept
In Kooperation mit dem Schulträger und nach intensiver Vorbereitung hat die Schule in 75 iPads und ein WLAN-Netz sowie in die Möglichkeit, die vorhandenen HDMI-Beamer in das WLAN-Netz zu integrieren, etwa 70 000 Euro investiert. "Eine mittelfristige Finanzplanung in enger Zusammenarbeit mit dem Schulträger hat es ermöglicht, das Projekt zu realisieren", sagt Hans Weber, Rektor am Gymnasium. Dahinter steckt eine mehrjährige Planung. Schulträger ist die Stadt Überlingen. Die iPads verfügen über Apps, die fachdidaktisch eingesetzt werden. Sie unterliegen einer zentralen Administration und Dateien werden im pädagogischen Netzwerk gespeichert.
Aus unterschiedlichen Fachbereichen setzen sich Spezialistentandems zusammen, die die Nutzung koordinieren und weiterentwickeln. Ob nur der Lehrer im Unterricht über ein iPad verfügt, die Schüler gruppenweise Geräte leihen oder jeder individuell mit einem Tablet arbeitet, wird je nach Situation entschieden. Die iPads erweitern herkömmliche Unterrichtsformen. Über sie können Schüler Weber zufolge beispielsweise die HDMI-Beamer nutzen und einen Zwischenstand ihrer Arbeit an die Wand projizieren. Der Entwicklungsprozess läuft weiter, was dem Modellcharakter entspricht.