Wegen des Vorwurfs der versuchten Tötung ermittelt die Kriminalpolizei gegen einen Mann, der am Samstagnachmittag mit seinem Auto die eigene Ehefrau gerammt haben soll. Die 47-jährige wurde schwer verletzt. Zunächst gingen die Sanitäter von lebensgefährlichen Verletzungen aus, was sich nach Erkenntnissen des Staatsanwalts bislang zum Glück nicht bestätigte. Die Frau sei bisher aber nicht vernehmungsfähig.
Auto plötzlich nach rechts gelenkt
Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, befuhr der Mann am Samstag gegen 15 Uhr mit seinem Auto den oberen Abschnitt der Rauensteinstraße, aufwärts. Er lenkte sein Auto plötzlich nach rechts an den Straßenrand und erfasste die 47-jährige Frau.

Sie hatte vor ihrem geparkten Auto gestanden. Die Wucht des Aufpralls war enorm und lässt darauf schließen, dass der 48-Jährige weit schneller fuhr als die erlaubten 30 Stundenkilometer. Denn der 48-Jährige stieß nach Informationen der Polizei gegen ein weiteres am Straßenrand geparktes Auto und schob es auf ein drittes geparktes Auto. Bei seiner Vernehmung gab der 48-Jährige an, dass er einem entgegenkommenden schwarzen Kleinwagen ausweichen musste und deshalb den Verkehrsunfall verursacht habe.
Wohnadresse nicht hier
Warum sich der Mann überhaupt in der Rauensteinstraße aufhielt, ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Seine Wohnadresse sei jedenfalls nicht hier, sagte der Staatsanwalt.
Zeugen hörten Knall, aber kein Quietschen
Einer Familie in der Nachbarschaft kam die Sache von Beginn an seltsam vor. "Wir hörten diesen lauten Knall, aber davor keine quietschenden Bremsen", berichtete eine Frau gegenüber dem SÜDKURIER. "Normalerweise reagiert man doch mit Bremsen, vielleicht auch erst im allerletzten Moment, aber hier war gar nichts zu hören, nur der Knall", sagte die Frau, die sofort zum Fenster gesprungen war und die am Boden liegende verletzte Frau und die ineinander geschobenen Autos sah.
Der Unfallverursacher habe einen schwarzen Geländewagen gefahren, die verletzte Frau einen weißen Kleinwagen, beide mit FN-Kennzeichen für Bodenseekreis.
Unfallverursacher kümmerte sich nicht ums Opfer
Ein ehemaliger Sanitäter, der den Knall ebenfalls gehört hatte, kümmerte sich als Ersthelfer um die 47-Jährige. Er wunderte sich noch darüber, dass sich der Unfallverursacher nicht um die am Boden liegende Frau gekümmert habe. "Der war total fertig, der hat nur gezittert, ging aber nicht zu ihr hin", sagte der Zeuge gegenüber dem SÜDKURIER. Als der Fahrer des Geländewagens versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden, habe er ihn davon abgehalten, weil Flüssigkeit aus den Unfallautos geflossen sei. "Das hätte ja Benzin sein können", sagte der Zeuge. Als er sich um die Verletzte kümmerte, sei sie die ganze Zeit ansprechbar gewesen und habe vor Schmerzen geschrien. Ihr Mann sei teilnahmslos mit weiterem Abstand stehen geblieben und habe geraucht.
In der Nachbarschaft wunderte man sich zunächst, warum der Unfallort so umfangreich abgesperrt wurde. "So wie man das aus dem Tatort kennt." Nach der Verkehrspolizei sei die Kripo gekommen, die vermeintliche Unfallaufnahme, die in eine Spurensicherung überging, habe bis gegen 18.30 Uhr angedauert. In der Nachbarschaft gab es zahlreiche Vernehmungen. "Und dann sahen wir, wie dem Mann die Handschellen angelegt wurden", sagte eine Zeugin. Da sei ihnen dann klar geworden, dass es sich hier wohl um mehr als einen normalen Verkehrsunfall handelt.
Der Beschuldigte wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft am Sonntagnachmittag beim zuständigen Amtsgericht vorgeführt, wo die Haftrichterin gegen den 48-Jährigen die Untersuchungshaft anordnete.
Zeugen gesucht
Die Polizei bittet Personen, die den Hergang beobachtet haben oder sonst sachdienliche Hinweise geben können, insbesondere auch den möglichen Fahrer des schwarzen Kleinwagens, sich mit dem Polizeirevier Überlingen, Telefon 07551/804-0, in Verbindung zu setzen.
Tötungsdelikt
Die deutsche Rechtssprechung unterscheidet bei (versuchten) Tötungsdelikten zwischen Mord und Totschlag. Für Mord braucht es besondere Merkmale. Mörder ist laut Paragraf 211 des Strafgesetzbuches, "wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet". Wenn die Mordmerkmale nicht erfüllt sind, handelt es sich um Totschlag.