Peter Schober

Wenn Hans-Ulrich Rülke bei einer seiner vielen Autobahnfahrten irgendwann einmal einen rassigen Lamborghini an sich vorbeirauschen sehen oder in einem A 380 zum Fenster hinausschauen sollte, dann wird sich der Fraktionsvorsitzende der FDP im Stuttgarter Landtag gewiss an den Besuch erinnern, den er am Montagnachmittag zusammen mit seinem Fraktionskollegen Klaus Hoher und dem Bundestagskandidaten Christian Steffen-Stiehl der in Salem ansässigen Firma ACE (Advanced Composite Engineering) abgestattet hat. Denn dort werden aus Faserverbundwerkstoffen Komponenten für die Luft- und Raumfahrt sowie für die Automobilindustrie entwickelt und hergestellt.

Das erst 16 Jahre alte Unternehmen ist gefragt. "In Europa sind wir eine der wenigen Firmen oder vielleicht sogar die einzige, die von der Produktauswahl über die Entwicklung bis zur Serienproduktion und dem Recycling alles abbildet", erklärte Günther Erdl, Firmenmitbegründer, Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer. Dementsprechend illuster liest sich die Kundenliste des Unternehmens. Airbus, BMW, Mercedes, Porsche, Audi, Lamborghini, Hymer, Liebherr und diverse Raumfahrtplayer zählen dazu.

"Wir haben für unseren Besuch im Rahmen einer Wahlkampftour bewusst ein mittelständisches Unternehmen ausgesucht, das Zukunft bedeutet", erklärte Rülke gegenüber dem SÜDKURIER. Tatsächlich braucht sich ACE über seine Zukunft kaum Gedanken machen. "Das Geschäft boomt", gab Günther Erdl, Leiter der Entwicklungsabteilung, zu verstehen. Denn Gewichtseinsparungen wie sie durch den Einsatz von Faserverbundstoffen erreicht werden können, seien in allen Branchen gefragt. Gegenüber Aluminiumteilen könnten mit Faserverbundstoff-Komponenten 30 bis 40 Prozent Gewichtseinsparung erzielt werden.

Allerdings sind Bauelemente aus Faserverbundstoffen auch etwas teurer als Aluminiumteile. Deshalb werden sie – bislang noch – im Bereich der Automobilindustrie nur in hochpreisigen Fahrzeugen eingesetzt. "Massenserien könnten wir von der Infrastruktur her auch gar nicht leisten", erklärte Günther Erdl.

Während sich ACE über die Füllung ihrer Auftragsbücher wenig Sorgen machen muss, steht sie immer wieder vor dem Problem, ausreichend Facharbeiterpersonal zu finden. "Wir müssen daher regelmäßig auf Leiharbeiter zurückgreifen", sagte Erdl. Zurzeit machen sie 30 Prozent an der Belegschaft aus. Daher sagte er auf die Frage, was er sich denn von der Politik wünsche: "Wenn Herr Christian Steffen-Stiehl als mögliches Mitglied des Bundestags die Ausbildung von Facharbeitern für Faserverbundtechnik positiv beeinflussen könnte, dann würde er zu meinem besten Freund."

Der Mindestlohn ist nach Erdls Aussagen für das Salemer Unternehmen ACE kein Thema. Gleichwohl wäre da für Hans-Ulrich Rülke auf diesem Gebiet auf die Breite der Wirtschaft gesehen manches neu zu regeln.

Die von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) eingeführte Mindestlohn-Dokumentationsverordnung hält er zum Beispiel für ein unzumutbares Monster. "Als neue Kraft im Bundestag", so Rülke, "wollen wir schauen, dass der Mittelstand nicht noch mehr reguliert und reglementiert wird. Am besten, wir könnten wieder einiges von dem aufgebauten Bürokratieballast abschaffen."
 

Das Unternehmen

Die Firma ACE wurde 2001 von sieben ehemaligen Dornianern gegründet. "Der ständige Eigentümerwechsel hat sich negativ auf die Motivation unserer Abteilung und auch auf die Zufriedenheit unserer Kunden ausgewirkt", begründet ACE-Mitbegründer Günther Erdl den damaligen Ausgründungsschritt. Heute beschäftigt ACE 250 Mitarbeiter. Grund dafür ist die Erweiterung vom reinen Entwicklungsdienstleister zum Hersteller von Faserverbund-Komponenten. Die Produktion verteilt sich auf drei Standorte im Salemer Gewerbegebiet in Neufrach und einen in Hagnau. Der Jahresumsatz liegt bei rund 30 Millionen Euro.