Etwa 220 Öle sind pressbar, 34 davon sind im ständigen Angebot der Bodensee-Ölmühle in Owingen: "Wir haben fast alles von A bis Z, von Aprikosenkernöl bis Zitronenkernöl", sagt Gina Hummel, die seit einem Jahr dabei ist. "Bevor etwas Neues auf den Markt kommt, waren wir bereits die ersten, die es gepresst haben." Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Kay Kühnel führt sie die Bodensee-Ölmühle, die vor acht Jahren in Herdwangen eröffnet wurde. Seit einem Jahr sind sie in Owingen.
Alles begann vor 25 Jahren in Berlin mit der Zehlendorfer Ölmühle. "Nach der sogenannten Wende ist in Berlin alles den Bach runtergegangen," berichtet Kay Kühnel aus der Vergangenheit. "Hier am See war einfach ein riesiger weißer Fleck auf der Ölmühlenkarte, und so bin ich an den Bodensee gezogen." Damals in Berlin hatte er Pionierarbeit geleistet, war seiner Zeit voraus: Er konzipierte 1994 den ersten Bio-Supermarkt in Deutschland. Auch in der technischen Entwicklung hinterließ er in Berlin Fußspuren: Kühnel war an der Entwicklung von Biogasanlagen beteiligt und entwickelte auch die kleinste Ölmühle der Welt, mit der dezentral die Qualität der Saaten bestimmt werden kann, wenn nur ein paar Tropfen für die Analyse benötigt werden.
Kay Kühnels wichtigste Entwicklung in Berlin aber war die wassergekühlte Ölmühle, die tatsächlich Öl kalt presst: "Die Temperatur geht dabei nicht über 37 Grad hinaus", erklärt der Experte, "das ist absolute Rohkostqualität." Das war vor zehn Jahren. Weitere Entwicklungen sind in Arbeit, aber mehr verrät er noch nicht.
"Wo befindet sich im Menschen Öl?", fragt Kay Kühnel. Öl ist neben Wasser eines der wichtigsten Lebensmittel. Es kommt vor allem im Gehirn und den Nervenbahnen vor. Die Qualität des Öls entscheidet über die Form des Alterns. In den modernen, industriell gepressten Ölen ist in Spuren – natürlich legal – auch Waschbenzin enthalten: "Damit werden noch letzte Ölreste aus dem Presskuchen gelöst, damit kommt es in die Nahrungskette." Kühnel sieht einen Zusammenhang zwischen Waschbenzin in der Nahrung und BSE bei Kühen und Alzheimer beim Menschen.
"Wenn man bedenkt, dass die 17 Groß-Industrie-Ölmühlen in Deutschland nur fünf Familien gehören, die 500 Millionen Menschen mit Öl versorgen, wird einem klar, das die Werbung für Öl eine einzige Lüge ist. Die machen sich ihr eigenes Recht", wie er erklärt: "Kaltgepresst heißt nur, dass die Saat kalt in die Presse kommt. Mit welcher Auslauf-Temperatur es aus der Mühle kommt, interessiert keinen." Mild gedämpft sei auch so eine Geschichte: "Ab 37 Grad gehen die Enzyme und Vitamine kaputt, ab 42 Grad ist alles kaputt." Bei industriell gepressten Ölen werde aber mit mindestens 160 Grad gearbeitet, sogar bis 280 Grad. "Da ist in dem Öl alles tot."
Kay Kühnel ist von seiner Methode überzeugt: "Was machen wir anders? Wir pressen real kalt." Und das gleich doppelt: "Wir verzichten komplett auf Chemie und Zusätze, bei uns fällt keine Seife als Nebenprodukt an, auch kein Lecithin, um die Lebensmittel mit Wasser strecken zu können. Wir erhitzen auch nicht, wir arbeiten nicht mit Dampf. Wir pressen einfach nur." Und das Pressen erfolgt ohne Wärme. 13 Jahre hat er entwickelt, dann hatte er die Lösung, wie die Reibungswärme bei der Pressung minimiert werden kann. Die Lösung lag darin, dass der Durchfluss durch die Ölmühle ein nicht-euklidisches System darstellt. "Über 200 Mühlen haben wir schon gebaut, die zwei Prototypen arbeiten immer noch", wie er stolz berichtet.
Im Keller laufen vier Mühlen, beim Pressen wird permanent die Temperatur gemessen. "Es ist ein Handwerksbetrieb", erklärt Gina Hummel, "wir könnten derzeit 3000 Leute versorgen." Sie berichtet von einem großen Problem: "Es fehlen Mitarbeiter, aber handwerkliches Arbeiten sind die Leute nicht mehr gewohnt." Dabei sind sie längst nicht nur Handwerksbetrieb, zum Angebot gehören auch die Seminare zum Öl und Aufklärungsarbeit. Über 50 Ölmüller hat die Bodensee-Ölmühle bereits ausgebildet, die auf den wassergekühlten Ölmühlen überall auf dem Globus verteilt Öl pressen.
Immer mehr Menschen entdecken die Vorteile von reinen, kaltgepressten Ölen. Auch in der Gastronomie kommen sie immer mehr zum Einsatz: In Billafingen im "Adler" bei Renate Pfeifer, auch in der "Residenz am See" in Meersburg und beim Christian Klemm am Golfplatz Owingen wird bereits mit kaltgepressten Ölen, die die 37 Grad nicht überschritten haben, zubereitet. "Wir leisten eben Pionierarbeit", sagt Gina Hummel freudestrahlend.
Tag der offenen Tür
Am Freitag, 16. Februar, und Samstag, 17. Februar, jeweils 10 bis 18 Uhr, feiert die Bodensee-Ölmühle in Owingen ihr Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür. Es wird ein Schaupressen geben und ein Salatbüfett, das natürlich mit Produkten aus der eigenen Ölmühle zubereitet wird. Ferner wird es Vorträge und Aufklärung zum Thema Öle geben. Und auch für die Kinder gibt es ein Programm inklusive Stockbrot am offenen Feuer. Für Speisen und Getränke ist gesorgt. Die Bodensee-Ölmühle befindet sich in der Überlinger Straße 104 in Owingen.
Mehr Informationen: www.bodenseeoel.de