Herr Meßmer, in welcher Stimmung blicken Sie auf 2022 zurück?
Zunächst bin ich froh, dass das Thema Corona zumindest wieder in den Hintergrund gerückt und eine gewisse Normalität zurückgekehrt ist. Bei unserem Blütenfest im Frühjahr hatten wir eine ganz tolle Stimmung und man hat gemerkt, wie sehr sich alle freuten. Auch beim Teuringer Sonntag und den anderen Festen der Vereine, die lange aufgeschoben wurden, war durchweg Erleichterung zu spüren. Wir haben es alle gebraucht, wieder zusammen mit mehr Freude unser Leben zu genießen.
Ein Schock war natürlich der Überfall Russlands auf die Ukraine, ein Krieg, der nicht weit weg ist, sondern hier in Europa stattfindet. Für uns bringt er neben der Angst auch die große Herausforderung mit sich, Menschen aus der Ukraine bei uns aufzunehmen. Hier in Oberteuringen wurden viele Familien privat aufgenommen, es wurden Hilfsprojekte gestartet, Spenden gesammelt und erfolgreich Wohnraum gefunden. Aber ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir den Bogen nicht überspannen. Man merkt der Bevölkerung an, dass es Grenzen gibt und wir die Gesellschaft nicht überfordern dürfen. Auf keinen Fall darf sich die Stimmung ins Gegenteil verkehren. Erste negative Stimmungsmacher bereiten mir bereits Sorgen. Beim Anblick der schrecklichen Bilder aus der Ukraine hoffe ich jedoch weiterhin auf die Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit der Bürger.
Der Neubau der Schule war auch 2022 das Thema Nummer Eins in Oberteuringen. Der Umzugstermin musste zweimal verschoben werden. Was sind die Gründe?
Die Situation auf der Baustelle war nicht gerade einfach. Zunächst hatten wir 2020 sehr gute Ausschreibungsergebnisse und deshalb geringere Kosten als geplant. Mit dem Ukraine-Krieg kam es bei verschiedenen Materialien zu Lieferschwierigkeiten, insbesondere beim Holz. Und wenn es erst mal zu Verzögerungen kommt, hat das auch Auswirkungen auf die Folgegewerke mit allen Konsequenzen. Wir haben unser Bestmögliches versucht, konnten aber letztendlich weder die Kosten noch den Zeitpunkt der Fertigstellung zum Schuljahresbeginn halten. Auch für den Umzug in den Weihnachtsferien hat es nicht gereicht. Wir planen aktuell den Einzug in den Fasnetsferien, dafür muss aber alles passen.

Worauf können sich Lehrer und Schüler besonders freuen?
Im Vergleich zur alten Schule, bei der sich die Investitionen in den vergangenen Jahren auf das Nötigste beschränkt haben, ist sie natürlich toll. Die Räume sind großzügig bemessen, sie sind hell, haben bodentiefe Fenster und geben in fast alle Richtungen den Blick ins Grüne frei. Die Wände und Einbaumöbel aus Holz geben der Schule ein schönes Wohlfühlklima. Es gibt keine klassischen Tafeln mehr, sondern in allen Klassenzimmern multifunktionale Bildschirme. Die Heiz- und Lüftungstechnik ist auf modernstem Stand und in Kombination mit der PV-Anlage sehr effektiv und klimaschonend. Wir haben großartige neue Außenanlagen, die wir am Wochenende auch für Familien öffnen wollen. Außerdem gibt es wieder einen Bolzplatz wie an der alten Schule. Positiv ist auch der kurze Weg zur Sporthalle. Und das alles an einem wunderschönen Platz, mitten im Zentrum.
Können Sie uns etwas über Pläne hinsichtlich des alten Schulareals verraten?
Wichtig ist, dass wir in so einem zentralen Bereich etwas schaffen, wovon möglichst viele Bürger profitieren. Im Januar werden wir mit dem Gemeinderat in Klausur gehen und unter anderem auch darüber beraten. Das Grundstück bietet viele Möglichkeiten. Wir wollen uns Gedanken machen, wie die bauliche Entwicklung weitergehen soll. Der Altbau der Post kommt langsam in die Jahre, das Schwesternhaus neben der Kirche steht leer und wir stellen uns die Frage, ob wir ein Ärztehaus brauchen und an welcher Stelle dies sinnvoll wäre. Die Ämter des Rathauses sind aktuell auf zwei Gebäude verteilt und auch dies wollen wir in die Überlegungen mit einbeziehen. Bei all den Themen kann das Schulgrundstück eine Rolle spielen, muss aber nicht. Die Frage ist, was an welchem Ort ideal wäre. Dafür wollen wir eine Planung nach dem gebietsbezogenen integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (GISEK) auf den Weg bringen, um vom Landessanierungsprogramm und den damit verbundenen Fördermitteln zu profitieren. Eine rein wohnliche Nutzung am ehemaligen Standort der Schule ist denkbar, aktuell aber nicht das vorrangige Ziel.
Welche Projekte haben die Verwaltung sonst noch beschäftigt?
Da ist zum einen das Thema Breitband, wobei die Gründung des Zweckverbands Breitband Bodenseekreis 2021 eine ganz wichtige Weichenstellung war. Er hat sich viel bewegt, Fördermittel wurden beantragt, die Bewilligungsbescheide erteilt und in 2022 gab es in Oberteuringen bereits die ersten Baustellen, um Anschlüsse zu verlegen. Da geht richtig was voran. Wir haben begonnen, die Straßenbeleuchtung zu ertüchtigen, das heißt Masten wurden ausgetauscht und die Lampen auf LED umgerüstet. Wir sind froh, dass der Regio-Bus zwischen Ravensburg und Konstanz gestartet ist und dass wir seit April auch die von Anfang an gewünschte Haltestelle in Neuhaus bekommen haben.
2022 haben wir auch die Planung für die Erweiterung des Feuerwehrhauses vorangetrieben. Hier geht es unter anderem um mehr Platz für die Fahrzeuge und Rollwägen sowie um getrennte Umkleidebereiche für Männer und Frauen. Des Weiteren wurde die Zufahrt zum neu gestalteten Alarmparkplatz erheblich verbessert. Sobald der Bebauungsplan steht, folgt die Umsetzung. Erfolgreich gestartet sind wir in diesem Jahr mit dem Ratsinformationssystem. Eine noch transparentere Verwaltung spart durch die Digitalisierung in dem Bereich viel Zeit und Papier.
Wie sieht es mit den Baugebieten aus?
Für die Grundstücke in den Baugebieten Mohnweg und Rebhuhnweg haben wir eine gute Nachfrage und zahlreiche Bewerber. Wir sind froh, dass der Stand der Erschließungsarbeiten den Verkauf im Frühjahr ermöglicht. Außerdem planen wir südlich vom Feuerwehrhaus ein neues Gewerbegebiet mit rund 3,5 Hektar Fläche. Hierfür konnten wir 2022 erfolgreich den notwendigen Grunderwerb tätigen. Aktuell läuft ein Aufruf an Gewerbetreibende und an einheimische Betriebe, sich bei Bedarf über das Portal Baupilot bei der Gemeinde zu melden.

Mit dem Rotachweg entsteht in Rammetshofen ein weiteres Baugebiet. Ab wann kann hier gebaut werden?
Die Abgrenzung des Aufstellungsbeschlusses beinhaltet sowohl Flächen, die sich im Innenbereich befinden, als auch um Flächen die sich im Außenbereich befinden. Es soll deshalb ein Bebauungsplan nach § 13a und 13b des Baugesetzbuches erstellt werden. Wie viele Bauplätze schlussendlich hier entstehen ist aktuell nicht absehbar. Mit dem Aufstellungsbeschluss starten wir in die Planung, die spätestens nach zwei Jahren abgeschlossen sein muss.
Wie ist es um die Finanzen der Gemeinde bestellt?
Durch den Umstieg auf das neue Finanzwesen fehlen uns immer noch die Jahresabschlüsse seit 2020. Deshalb ist eine genaue Aussage nicht ganz so einfach. Ich gehe aber davon aus, dass wir die vergangenen Jahre günstiger als geplant abschließen können. Auch im Jahr 2022 lagen die Finanzzuweisungen und die Gewerbesteuereinnahmen über dem Planansatz. Die weltweiten Unsicherheiten machen eine Planung für 2023 nicht einfach. Wir werden vorsichtig planen und dem Gemeinderat einen soliden Vorschlag vorlegen. Freuen können wir uns mit Blick auf die Kostensteigerungen bei der Schule über die sehr viel höher als erwartet ausgefallenen Zuschüsse. Die zu Beginn nicht eingeplanten Landeszuschüsse aus dem Beschleunigungsprogramm des Bundes für den Ausbau der Ganztagesgrundschulen wurden bewilligt und stehen in Höhe von 1,8 Millionen Euro zur Verfügung.
Welche Projekte stehen im kommenden Jahr auf der Agenda?
Dazu gehört auf jeden Fall die Kläranlage. Hier ist noch nicht final entschieden, ob wir den Anschluss nach Friedrichshafen wählen oder unsere bestehende Kläranlage erweitern und sanieren. Aufgrund der Neubaugebiete müssen wir aber handeln. Aktuell sind wir dabei, die Kosten detailliert zu ermitteln und hoffen dadurch auf Erkenntnisse, die dem Gemeinderat eine einhellige Entscheidung ermöglichen. Die Umsetzung könnte dann 2024 beginnen. Nach wie vor auf der Agenda steht der Radweg zwischen Urnau und Hefigkofen, der aber ein Projekt des Landes ist.
Wir haben mit Eigentümern gesprochen, soweit es möglich war, das Land knüpft daran an und wir hoffen, dass es vorangeht. Ideal wäre, wenn wir hier den Breitbandausbau mit dem Bau des Radweges verknüpfen könnten. Für das Feuerwehrhaus erwarten wir 2023 den Bebauungsplan und wollen dann direkt in die Umsetzung gehen. Auch das Gewerbegebiet wollen wir im neuen Jahr planerisch angehen. Starten wird auch das Verfahren zur Eigentumsklärung der St.-Georgs-Kapelle in Neuhaus, die schlussendlich in das Eigentum der Gemeinde übergehen soll. Die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED läuft weiter. Zügig angehen wollen wir die Neugestaltung der Gemeindehomepage auf Basis des neuen Corporate Designs. Am 18. Juni freuen wir uns dann auf das 100-jährige Jubiläum der Blutreitergruppe Oberteuringen.
Was wünschen Sie sich für das Jahr 2023?
Ich wünsche mir, dass die Mitarbeiter der Gemeinde zufrieden sind, uns lange treu bleiben und die offenen Stellen schnell besetzt werden können. Personal ist aktuell das wichtigste Kapital, das wir haben.
Und was wünschen Sie sich für die Gemeinde und ihre Bürger?
Ich wünsche mir, dass die Menschen zueinanderfinden, sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam Freude am Leben haben. Eine Gesellschaft des Zusammenhalts und der Zuversicht. Wichtig ist mir, positiv nach vorne zu schauen und dabei nicht die Schwächsten in unserer Gesellschaft zu vergessen.
