Ein Brandfall, bei dem Kinder und deren Angehörige beteiligt sind, ist eine äußerst emotionale Angelegenheit. Davon können sich rund 150 Stettener Bürger bei der Jahresschlussübung der Freiwilligen Feuerwehr Stetten an diesem Samstagnachmittag überzeugen. Das Szenario für die 66 Einsatzkräfte: ein Brand mit starker Rauchentwicklung im Erdgeschoss des Kindergartens Farbenfroh.
Als Grund gibt der die Übung moderierende Kommandant Dagobert Heß einen technischen Defekt an einem Laptop-Akku an. Im Inneren des Gebäudes befinden sich seiner Erklärung nach noch neun Kinder und zwei Erzieherinnen. Die Pädagoginnen setzen den Notruf ab und führen die Kindergruppe geschlossen hinaus auf den nahegelegenen Sammelplatz des Grundschulhofs.

Anwohner brechen mit Rauchgasvergiftung zusammen
Unabhängig davon machen sich zwei Anwohner ins Gebäudeinnere auf, um mit Hilfe eines Pulverlöschers selbst tätig zu werden. Beide erleiden gemäß Trainingsannahme eine Rauchgasvergiftung und brechen bewusstlos zusammen. Für die informierte Rettungsleitstelle handelt es sich damit um die Lage „F2 Brand -Mensch in Gefahr.“ Die Stettener Feuerwehrleute bekommen daher Verstärkung von Feuerwehrkameraden aus Meersburg sowie dem Roten Kreuz mit der Schnelleinsatzgruppe.
Als das erste Einsatzfahrzeug eintrifft, quillt dichter Rauch aus der linken Gebäudeseite. Eine Anwohnerin macht die Einsatzkräfte darauf aufmerksam, dass sich ihr Mann und ein Nachbar im Kindergarteninnern befinden. Einsatzleiter Hubert Weber beginnt sofort, die Lage gründlich zu erkunden, und dringt dabei bis zur Rauchgrenze vor. Der Feuerwehrkommandant erklärt, die gründliche Lageerkundung sei dringend notwendig, um sichere Informationen zu haben. Denn das, was gemeldet worden ist, werde nicht immer so vorgefunden. „Eine Einsatzfahrt gleicht manchmal einem Überraschungsei“, so Heß.
Bewusstlose werden gerettet und dem Roten Kreuz übergeben
Nach dem Erkundungsgang sind für Weber und seine Helfer die Aufgaben klar: Es müssen zwei vermisste Personen gerettet und der Brand muss bekämpft werden. Wasserversorgungen werden aufgebaut und Atemschutzträger tasten sich durch den Rauch ins Gebäudeinnere, um die beiden mittlerweile bewusstlosen Personen herauszubringen und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) aus Meersburg zur weiteren Behandlung zu übergeben.

Verzweifelte Eltern werden von Nachsorgediensten betreut
Vor dem Kindergarten spielen sich mittlerweile dramatische Szenen ab. Die Statisten Fabian Matschinsky und Bettina Schweger mimen eindrücklich betroffene Eltern, die verzweifelt nach ihren Kindern suchen. Aufgefangen werden sie von Markus Klein und Bärbel Meier-Wichmann vom Notfallnachsorgedienst des DRK für Menschen, die von einem Unglück direkt betroffen sind. Sie verteilen Teddybären an die von der Jugendfeuerwehr dargestellten Kindergartenkinder und führen beruhigend Gespräche mit den aufgebrachten Eltern.
Lob vom Kreisbrandmeister für Einbindung der Dienste
Ulrike Müller-Kretschmann steht ebenfalls bereit. Sie vertritt den Einsatznachsorgedienst des Kreises, der Einsatzkräften bei schwierigen Einsätzen seelischen Beistand leistet. Für Kreisbrandmeister Alexander Amann ist die Entscheidung, die beiden Dienste für Betroffene wie für Rettungskräfte mit einzubeziehen, richtig. „Bei einer Brandsituation in einem Kindergarten ist so ein Betreuungsangebot extrem wichtig“, betont Amann. Gerade in kleineren Orten wie Stetten sprechen sich laut Kreisbrandmeister Brandereignisse oft schnell herum. Hinzu kommen seiner Erfahrung nach die hohe Emotionalität auf Elternseite. Daher müsse unbedingt, wie von der Stettener Wehr getan, an die Betreuung der Eltern gedacht werden.

Kreisbrandmeister Alexander Amann und Kommandant Dagobert Heß sind am Ende der Übung sehr zufrieden. „Es war eine gute, saubere Übung“, sagt Amann. Es sei alles ruhig und sachlich abgearbeitet worden. Die lange Corona-Pause habe er nicht bemerkt. Heß freut sich über die vielen Zuschauer, die – anders als bei einem Unfall – bei einer Jahresübung ausdrücklich erwünscht seien. „Da zeigt sich die Wertschätzung der Bürger.“

Nachwuchsretter unterstützen die Erwachsenen
Eine gewisse Spannung war bei den acht Kindern der Jugendfeuerwehr zu spüren. Für fünf von ihnen war es der erste Großübungseinsatz. „Ich konzentriere mich einfach auf mich und mache das, was ich tun soll“, verkündet die zehnjährige Leonie ihre Strategie gegen die aufkeimende Aufregung. Kollegin Lotta freut sich, dass ihre Tante und Cousine aus Konstanz gekommen sind, um bei der Probe dabei zuzuschauen.
Bevor der drei Jahre ältere Ben als Gruppenführer die Einsatzkommandos gab, durften die sogenannten Löschzwerge noch eine Runde mit einem Feuerwehrfahrzeug drehen. Wie es sich gehörte, erreichten sie den Brandort Kindergarten Farbenfroh schließlich wie ihre aktiven Kollegen mit Martinshorn und Blaulicht. Ihre Jugendwartin Christina Mayr moderierte und gab Anweisungen.
Die Jugendfeuerwehr ist derzeit sehr jung aufgestellt: Kommandantentochter Lilli ist aktuell mit 15 Jahren die älteste Nachwuchskraft. Trotz ihres jungen Alters gaben die Mitglieder der Jugendfeuerwehr alles. Sie bauten eine Wasserversorgung auf und griffen von drei Stellen aus an. Die elf Jahre junge Aurelia simulierte eine Lagemeldung an die Rettungsleitstelle. Die Trainingsaufgabe sah einen Küchenbrand ohne Personenschaden vor. Eine aufgebaute Riegelstellung sollte verhindern, dass angrenzender Baumbestand Feuer fing und sich der Brand ausweitete. „Wasser halt“, ertönte es zuletzt aus den drei Angriffsecken. Genauso wie die Erwachsenen schafften die Nachwuchskräfte ihre Übung gut und halfen den großen Feuerwehrkameraden noch beim Aufräumen.