Der Biber leistet ganze Arbeit. Zum Beispiel beim Dammbau. Da sei er sogar so fleißig, dass Mitarbeiter des Bauhofs einmal in der Woche ins Gebiet Briel/Alter Weiher im Norden von Ittendorf kommen müssen, um nach dem Rechten zu schauen, erklärt Jacqueline Leyers. Im Markdorfer Bauamt ist die studierte Architektin unter anderem auch für die städtischen Grünanlagen Grünbereiche zuständig. Ihr Augenmerk richten die Bauhofmitarbeiter ganz gezielt auf jenen Damm, den der Biber im dortigen Riedgraben gebaut hat.

Der Biberdamm beim Riedgraben wird in Absprache mit Experten des Landratsamtes in Schach gehalten.
Der Biberdamm beim Riedgraben wird in Absprache mit Experten des Landratsamtes in Schach gehalten. | Bild: Jörg Büsche

Denn wird das Flechtwerk aus Stämmen, Ästen, Zweigen und ganzen Rasenstücken zu hoch, staut sich dahinter noch mehr Wasser an, als es derzeit gewünscht sein kann. Die Mitarbeiter der Stadt tragen den Biberdamm deshalb regelmäßig auf eine festgelegte Höhe wieder ab, erläutert Jacqueline Leyers. Wie hoch der fleißige Nager bauen darf und wie weit dann wieder abgetragen wird, das sei mit der Biberbeauftragten des Landratsamtes ganz genau abgesprochen.

Ein vom Biber gefällter Stamm beim Riedgraben.
Ein vom Biber gefällter Stamm beim Riedgraben. | Bild: Jörg Büsche

Renaturierung gut für das Ökokonto

Kristina Lipinski sieht sich dem Biber sehr zu Dank verpflichtet. „Das wir endlich mit der Maßnahme beginnen konnten, haben wir dem Biber zu verdanken. Die diplomierte Landschaftsarchitektin, ist Mitarbeiterin des Überlinger Büros 365 Grad – Freiraum und Umwelt.

Kristina Lipinski und Jacqueline Leyers arbeiten Hand in Hand im Bereich Briel/Alter Weiher.
Kristina Lipinski und Jacqueline Leyers arbeiten Hand in Hand im Bereich Briel/Alter Weiher. | Bild: Jörg Büsche

Kristina Lipinski hat das Konzept für die Renaturierungsmaßnahmen im Bereich Alter Weiher entwickelt. Die Idee war: Die ehemaligen Niedermoorböden im Norden Ittendorfs zu renaturieren. Dies auf einer Fläche von rund 23 Hektar, sodass die Stadt Markdorf sich durch diese Maßnahme rund zwei Millionen Punkte auf ihr Ökokonto gutschreiben lassen kann. Und das Besondere daran: „Es wird eine Poolfläche gebildet, ein Vorrat sozusagen“, erläutert Lipinski.

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Es entsteht ein Paradies für Insekten, Kleintiere und Vögel. In der Bildmitte sind Libellen zu sehen.
Es entsteht ein Paradies für Insekten, Kleintiere und Vögel. In der Bildmitte sind Libellen zu sehen. | Bild: Jörg Büsche

Neuer Lebensraum für Vögel, Insekten und Kleintiere

Es bestehe ein größerer Zusammenhang, auf dem eine sinnvolle Entwicklung vorangetrieben werden könne – hier die Renaturierung zum Teil stark degenerierter Moorböden. Auf den üblichen Ausgleichsflächen für woanders erfolgte Eingriffe in die Natur – etwa für den Bau von Straßen, etwa für den Bau von Wohnhäusern – bestehe solch ein großflächiger Zusammenhang nicht. Im Gewann Briel/Alter Weiher hingegen konnte jüngst Saatgut ausgebracht werden, Saatgut für heimischen Wildpflanzen.

Nördlich von Ittendorf entsteht wieder ein Niedermoorgebiet – und der Biber hat geholfen, dass es schneller geschieht, als erwartet.
Nördlich von Ittendorf entsteht wieder ein Niedermoorgebiet – und der Biber hat geholfen, dass es schneller geschieht, als erwartet. | Bild: Jörg Büsche

„Das Druschgut ist aus dem Bereich Radolfzell gekommen“, erläutert Landschaftsarchitektin Lipinski. Statt der bisherigen Intensivnutzung gibt es dann nur noch eine extensive Bewirtschaftung auf den neu entstehenden Magerwiesenflächen, dem Lebensraum für die unterschiedlichsten Kräuter, Insekten, aber auch für Kleintiere und Vögel.

Maßnahme im Einvernehmen mit den Pächtern

Ein Ziel sei es gewesen, „möglichst viele der Altpächter für unser Renaturierungsvorhaben zu gewinnen“, erklärt Lipinski. Wie Jacqueline Leyers berichtet, habe die Stadt großen Wert auf eine möglichst einvernehmliche Lösung gelegt. Mit im Boot seien derzeit drei Pächter.

Die Ittendorfer wünschen sich eine naturverträgliche Erschließung für das renaturierte Gebiet in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. ...
Die Ittendorfer wünschen sich eine naturverträgliche Erschließung für das renaturierte Gebiet in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Beispielsweise durch einen am Rande angelegten Naturkundepfad. | Bild: Jörg Büsche

Naherholungsgebiet für die Ittendorfer

Die vom Biber weiter angestoßenen Entwicklungen im Bereich Alter Weiher werden von der Ittendorfer Bevölkerung indessen mit einigem Interesse verfolgt, berichtet Jacqueline Leyers. Bei der Bürgerwerkstatt vor wenigen Wochen kam der Vorschlag, das renaturierte Niedermoorgebiet naturverträglich zu erschließen – eventuell durch einen Naturkundepfad am Rande.

Einst diente die Senke entlang des Riedgrabens als Klosterweiher – vermutlich zur Karpfenzucht. Beim Untergrund handelt es sich größtenteils um Niedermoorböden. Die durch die landwirtschaftliche Nutzung des Geländes jedoch weitgehend degeneriert sind. Ein ökologisches Ziel der jetzigen Renaturierungsmaßnahme ist die sogenannte Wiedervernässung. Der Grundwasserspiegel soll angehoben werden, damit Zersetzungsprozesse aufgehalten werden können – und nicht weiterhin Treibhausgase entweichen. Darüber hinaus sollen die dort entstehenden Magerwiesen Lebensraum für Insekten werden.