Ein umgebauter Ford-Transporter und drei große Lebenswünsche: Der junge Filmemacher Paul Herbig reiste quer durch Deutschland, um drei körperbehinderten Menschen einen Wunsch zu erfüllen und stellt diese Reise in seinem ersten Dokumentarfilm dar. Insgesamt über 10 000 Kilometer Autofahrt, mehr als vier intensive Wochen mit Drehen, Schneiden und Erstellen der Titelmelodie sowie eine Portion Glück und viele ehrliche Gespräche stecken in dem Film mit dem Titel „Die Geschichte vom Machen und dem Meer“.
„Das entgegengebrachte Vertrauen dieser Menschen hat mich besonders berührt. Es flossen bei unseren Gesprächen viele Tränen, aber es wurde auch viel gelacht“, zeigt sich der 22-jährige Paul Herbig tief bewegt.
Gesamtes Filmteam arbeitet ohne Gage
Das Film-Team bestand aus 14 Personen, darunter die drei Protagonistinnen Martina Herbig, Neon Hoyer und Anne-Katrin Ott. Das gesamte Team arbeitete ohne Gage. Die Kosten entstanden für die Anschaffung des Bullis und dessen Umbau sowie die Verpflegung des Teams. Möglich wurde der Film durch die Finanzierung von Privat- und Firmenspenden sowie einen Zuschuss in Höhe von 7000 Euro durch die Filmförderung des Landes Thüringen. Insgesamt lagen die Produktionskosten bei 10 000 Euro.
Die 44-jährige Anne-Katrin Ott wohnt ihn Markdorf, arbeitet bei einer Krankenkasse als Sozialversicherungs-Fachangestellte und sagt von sich selbst, dass sie einen „besonderen Körper“ hat. Anne-Katrin ist 1,48 Meter groß, hat einen angewinkelten, fast steifen Arm sowie eine gekrümmte Wirbelsäule und dadurch eine eingeschränkte Lungenfunktion. „Mein größter Wunsch war immer, einmal auf einer Bühne vor großem Publikum zu sprechen“, erklärt Anne-Katrin Ott. Der 22-jährige Filmer Paul Herbig erfüllte ihr diesen großen Wunsch.
Anne-Katrin Ott spricht vor über 500 Besuchern in Frankfurt
So erhielt die Markdorferin die Chance als Gastrednerin beim Motivations-Coach Veit Lindau bei einer Veranstaltung in Frankfurt im Jahr 2019 vor über 500 Besucher aufzutreten. Gestartet wurde die Reise in Markdorf. Kurz vor dem Ziel ging allerdings nichts mehr, ein Stadtmarathon hatte einen Stau verursacht und es waren nur noch 45 Minuten bis zum Auftrittsbeginn.

„Ich wollte mir diese Chance unter keinen Umständen entgehen lassen“, erinnert sich Anne-Katrin Ott. Mit ihren besten Freundin Angela Jüngel stieg sie aus den Bulli aus und nahm einen halbstündigen Fußmarsch auf sich. So schaffte sie es gerade noch rechtzeitig zum Auftritt. Das Film-Team selbst schaffte es ebenso, punktgenau nachzukommen, womit die Szenen im Kasten waren.
Ein ganz besonderer Moment
„Für mich war es ein ganz besonderer Moment, den ich nie in meinem Leben vergessen werde“, freut sich die 44-Jährige. Der Moment, der sie am meisten gerührt habe, sei eine Frau gewesen, die sie beim anschließenden Essen in einem Restaurant traf. „Sie kam zu mir an den Tisch und hat gesagt, eigentlich bin ich wegen Coach Veit Lindau gekommen, aber jetzt weiß ich, dass der wahre Grund sie waren und dafür bin ich sehr dankbar“, berichtet Anne-Katrin Ott stolz.

„Sie hat mir damit gezeigt, dass ich ein Talent habe, Menschen mit meinen Geschichten zu begeistern und Impulse und Motivation auszustrahlen“, freut sich Ott. Zu den Hobbys von Anne-Katrin Ott gehören das Wandern im Rahmen des Machbaren, tiefsinnige Gespräche mit Freunden und das Sitzen am Bodensee, um dort die Stimmung zu genießen, die der See ausstrahlt. Eine ganz besondere Leidenschaft gehört ihren drei Hunden. „Ich genieße mein Leben, weil ich halt wundervoll anders bin“, so das Lebensmotto von Anne-Katrin Ott.
Paul Herbig begleitet seine Mutter an die Nordsee
Ein weiterer besonderer Mensch in diesem Dokumentarfilm ist Martina Herbig, die Mutter des Filmemachers. „Sie sitzt im Rollstuhl, ein Aneurysma hat ihr Leben gehörig verändert“, erklärt Paul Herbig das Krankheitsbild der 55-Jährigen. Es sei immer der Wunsch der Mutter gewesen, noch einmal vom thüringischen Burgtonna an die Nordsee zu reisen, zur Halbinsel Nordstrand – auch er geht in Erfüllung. Die Geschichte der 32-jährigen Neon Hoyer ist Herbig besonders nahe gegangen.

Auf Neon ist Paul Herbig über ihren Instagram-Account aufmerksam geworden. Dort postet sie Fotos und erzählt von ihrem Leben mit Multipler Sklerose, Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch Neon wurde ein Wunsch erfüllt: sich gemeinsam mit ihrer besten Freundin Gotha ein gleiches Tattoo stechen zu lassen. Am Ende waren alle stolz über das Ergebnis des 65-minütigen Dokumentarfilms, es wurde laut Paul Herbig nichts verschönert, sondern alles authentisch und ehrlich dargestellt. Eine Fortsetzung des Dokumentarfilms soll es nicht geben. Das nächste Projekt ist bereits in Planung.
