Der Notarztverein Markdorf feiert sein 20-jähriges Bestehen. Gegründet wurde der Verein 2003, ein Jahr nachdem das Markdorfer St.-Josef-Krankenhaus aus Kostengründen geschlossen worden war. Klaus Schön, Allgemeinmediziner mit langjähriger Notarzterfahrung, erinnert sich: „Zuletzt war die Situation immer schwieriger geworden, weil sich einige Ärzte von St. Josef schon woanders hin beworben hatten.“
So sprang Klaus Schön immer wieder ein, damit die Notarztdienste aufrechterhalten werden konnten. Schließlich wohnt er nur einen Steinwurf von der Rettungswache des Deutschen Roten Kreuzes in der Gehrenbergstraße entfernt.

Aus der losen Gruppe wird ein Verein
„Wir waren eine lose Gruppe von Ärzten“, blickt Günther Welte, Sektionsleiter der Notaufnahme und Oberarzt in der Medizinischen Klinik II am Klinikum in Friedrichshafen und derzeit Vorsitzender des Notarztvereins, auf die Phase nach dem Aus des Markdorfer Krankenhauses zurück. Erklärtes Ziel der Gruppe war, die Notarztversorgung in den Nachtstunden sowie an den Wochenenden und an Feiertagen zu gewährleisten.
Tagsüber, zwischen 7 Uhr und 16.30 Uhr, sind die umliegenden Krankenhäuser dafür zuständig. Nach der Gründung des Notarztvereins im Jahr 2023 erhielten die darin zusammengeschlossenen Mediziner vom Landratsamt den Sicherstellungsauftag, den sie seither lückenlos erfüllen konnten. Und immer öfter müssen die 14 Notfallmediziner auch tagsüber für ihre Krankenhaus-Kollegen einspringen, weil diese wegen allzu starker Belastung ihren Arbeitsplatz in der Klinik nicht verlassen können, wie die beiden Ärzte berichten.

Lebensrettung als Passion
Es sei das Bedürfnis, anderen Menschen zu helfen. Da sind sich Klaus Schön und Günther Welte einig. „Leben zu retten ist viel mehr als ein Beruf, das ist Berufung und kann zur Leidenschaft werden“, erklärt Notarzt Welte. Diese Leidenschaft hat Klaus Schön bereits als jungen Arzt erfasst. Zu Beginn der 1980er-Jahre engagierte er sich im Notarztverein Freiburg. Das Freiburger Modell diente ihm und Josef Schraff, dem Gründungsvorsitzenden des Markdorfer Notarztvereins, dann auch als Blaupause für den Aufbau der Rettungsdienststruktur in Markdorf.
Maximal 15 Minuten bis zum Einsatzort
Die diensthabenden Notärzte übernachten im Notarztzimmer des nahen Waldseer Hofes. Werden sie von der zentralen Rettungsleitstelle in Friedrichshafen informiert, brauchen sie maximal 15 Minuten um ihren Einsatzort zu erreichen. „In der Regel treffen sie in weit kürzerer Zeit ein. „Markdorf liegt ja sehr zentral mitten im Bodenseekreis“, erläutert Welte die kurzen Fristen.
Durchaus länger dauere es, wenn es ins Deggenhausertal oder zum Höchsten geht. „Wir wurden aber auch schon in die Ravensburger Weststadt geschickt“, so Welte. Im Monat kommt der Notarztverein auf 130 Einsätze. In den Sommermonaten werden die Mediziner bis zu 150 mal gerufen. „Wir sind eine Urlaubsregion, in die sehr viele Touristen kommen“, vermutet er als Grund für den saisonalen Anstieg der eingehenden Notrufe.

Über 1300 Einsätze im Jahr
1328 mal rückten die Markdorfer Notärzte im vergangenen Jahr aus. Bei rund 20 Prozent der Einsätze standen Unfälle im Hintergrund. Weitaus häufiger wurden sie zu internistischen Problemen gerufen. Mitunter auch zu Problemfällen, zu deren Behandlung kein Notarzteinsatz nötig gewesen wäre. Einen Grund für die allgemein beklagte Zunahme an Einsätzen sieht Günther Welte in der „breiten Bekanntheit der Notrufnummer 112 – da ruft man schnell mal an.“
Technik hilft helfen
Dank der weiterentwickelten Technik, können sich Notärzte heute geistig auf ihren Einsatz vorbereiten. „Wir hatten früher immer viel Kartenmaterial in Mittelkonsole“, schaut Klaus Schön auf die Zeiten vor dem Navigationsgerät zurück. „Da hieß es unter Umständen rechts ran fahren und suchen.“
Inzwischen erscheinen Einsatzort und Route auf dem Navi-Display. Und die Leitstelle gibt auch mit auf den Weg, was die Disponenten anhand ihres Indikationskatalogs über Zustand und Situation des Patienten per Telefonabfrage in Erfahrung gebracht haben.

Verein hat derzeit keine Nachwuchssorgen
20 Jahre nach der Gründung macht sich Günther Welte, Vorsitzender des Notartvereins, macht sich keine großen Sorgen ums Fortbestehen. Das sah vor einigen Jahren noch anders aus. „Noch können wir unsere Dienstpläne besetzen.“ Gleichzeitig beobachtet er, dass immer weniger Mediziner bereit sind, die aufwändige und sehr zeitintensive zusätzliche Facharztausbildung zum Notfallmediziner auf sich zu nehmen.
So könnte die Situation des Vereins „in fünf, in zehn Jahren schon ganz anders aussehen“. Womöglich aber habe sich die Telemedizin bis dahin noch weiter entwickelt. „In Bayern hat man da schon weiter gedacht“, erklärt Welte. Ein sogenannter Telenotarzt unterstützt das ausgerückte Rettungsdienstpersonal via Video- und Datenstream.