Die evangelische Kirchengemeinde hat am Wochenende gefeiert. Gute Gründe dazu gab es gleich mehrere. Weil Erntedankfest war und weil die Markdorfer Protestanten seit 30 Jahren ein eigenes Gemeindehaus besitzen – das Haus im Weinberg. Erinnert wurde am Sonntag indes noch an drei weitere wichtige Zusammenhänge. Zum einen ist da der Zusammenschluss der Reformierten und der Lutheraner zur Badischen Union vor 200 Jahren. Näheres beleuchtet eine Wanderausstellung im Haus im Weinberg. Zum anderen ist da der Umstand, „dass es uns als evangelische Gemeinde“, so Doris Käser, Vorsitzende des Kirchengemeinderats bei ihrer Begrüßung der Festgäste, „nun seit 145 Jahren gibt.“ Und Dekan Hans-Joachim Zobel, einst Pfarrer in Markdorf, neben seiner Frau, Prälatin Dagmar Zobel, mit der zusammen Hans-Joachim Zobel auch den Festgottesdienst hielt, wies drittens noch aufs 100-jährige Bestehen der evangelischen Kirche unmittelbar neben dem Haus im Weinberg hin.

Zeugnisse aus der Entstehungsphase des Hauses im Weinberg.
Zeugnisse aus der Entstehungsphase des Hauses im Weinberg. | Bild: Jörg Büsche

Was gibt‘s Neues? „What is new“ stand ziemlich am Anfang des Konzerts Jazz-Konzerts am Samstagabend. Saxophonspieler Florian Loebermann und seine Band waren im großen Saal des Gemeindehauses aufgetreten. „Dieses Gebäude ist Jazz – es ist schräg und wunderschön und sehr gut geeignet zum Improvisieren“, begrüßte Pfarrer Tibor Nagy die Zuhörer. Er spielte damit auf die Offenheit der Architektur an, aber auch auf die Bewegtheit und Freiheit, die das Miteinander seiner Besucher prägen. „Hier wird geglaubt und hier wird auch gefeiert“, fuhr Nagy fort. „Hardcore-Jazz“ der ganz schrägen Art wollten Loebermann und Band ausdrücklich nicht spielen, statt dessen eingängigere Stücke. Den Auftakt hatte ein mit orientalische Klängen spielendes Stück gemacht. Und es kam zu weiteren Überraschungen. Etwa wenn Loebermanns Band eine Jazz-Version des „Abendlieds“ bot.

Lars Quincke, Hannah Loebermann und Florian Loebermann (von links) beim Jazz-Konzert im Haus im Weinberg.
Lars Quincke, Hannah Loebermann und Florian Loebermann (von links) beim Jazz-Konzert im Haus im Weinberg. | Bild: Jörg Büsche

Matthias Claudius sprach denn auch Dekan Zobel an – am Sonntagmorgen, beim Erntedank- und Festgottesdienst. Das von der Gemeinde gesungene Claudius-Lied „Wir pflügen und wir streuen“ zeige die agrarische Seite dessen, wofür es Dank zu sagen gilt. Die Früchte der Felder und Gärten seien aber nur das eine. Außer Brot sei da, frei nach Luther, auch noch die Kleidung, die Wohnung und sogar die guten Nachbarn, für die dem Herrn der Dank gebührt. „Dass wir nicht in einem Elendsquartier von Kalkutta aufwachsen mussten“, so erklärte Dekan Zobel, „ist kein Verdienst, sondern ein Geschenk. „Überhaupt verdankten wir das Allermeiste anderen.“ Weshalb es allen gut anstünde, von dem abzugeben, was er im Übermaß besitzt. Dazu habe bereits der Apostel Paulus aufgerufen. Und 1900 Jahre später hätten die Markdorfer Protestanten davon profitiert. Konnten sie ihre eigene Kirche doch vor allem Dank der Spenden ans Gustav-Adolf-Werk bauen.

Besucher in der Ausstellung „200 Jahre Badische Union“.
Besucher in der Ausstellung „200 Jahre Badische Union“. | Bild: Jörg Büsche

An Teilen und Miteinander erinnerte auch Pfarrer Albrecht Herrmann, ebenfalls einer der Ehemaligen im Pfarr- beziehungsweise Gemeindehaus. Herrmann erzählte, wie es im Haus im Weinberg zur Gründung eines „Arbeitslosen-Cafés“ gekommen sei. Angestoßen von der Künstlerin Inge Klawiter. Die neben anderen beigetragen habe zur Gründung des Vereins Zukunftswerkstatt, der inzwischen die Markdorfer Tafel trägt. Herrmann nannte Rosemarie Schempp und Ruth Georgy, die damaligen Pfarrsekretärinnen, aber auch Dorothea Fuchs. Grüße von der „katholischen Schwestergemeinde“ überbrachte Pfarrer Ulrich Hund. Er nannte das Haus im Weinberg einen „Ort des Dialogs“, prägend für die gelingende Ökumene.

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