Sich zum Affen machen, das sei völlig normal – zumindest für Künstler. Das erklärt der Kölner Musikkabarettist Martin Zingsheim beim Auftritt im Markdorfer Theaterstadel. Dort stand er am Samstagabend mit dem Geiger Martin Weber und dem Schlagzeuger Klaus Schulte auf der Bühne – mit Zingsheims neuem Programm: „Normal ist das nicht“.

Zum Affen gemacht haben sich die drei nicht. Statt auf Klamauk setzen sie auf feinsinnige Verschiebungen. Ein Rezept, das Zingsheim, der den Wortteil ganz allein trägt, sogar bei Reizthemen gelingt. Zur Rolle des Mannes: „Mein Vorname heißt Chef“ singt er im Lied über die Dominanz der „weißen, europäischen, heterosexuell orientierten Männer nicht-jüdischer Herkunft“. Besungen wird die Normalität fürs Vorankommen auf der Karriereleiter: keine Elternzeit, keine Zeitverzögerung. So taff wie rücksichtslos, bloß keine Skrupel – es gilt die Regel des Alphatiers im Affenkäfig.

Dann bringen die drei Musiker, Zingsheim spielt Klavier, die Selbstbeweihräucherung des Vorzeige-Karrieristen klanglich ins Rutschen. Den harten Sound seiner Teamleiter-Skills weichen sie mit orientalisierenden Melismen ein. Nicht-jüdisch, weiß-europäisch, treibt allmählich über den Bosporus – unaufhaltsam. „Das ist auch schon kulturelle Aneignung“, grämelt Musikkabarettist Zingsheim leise vor sich hin.

„Wir haben doch alle einen an der Klatsche!“ erklärt er dann. Man schaue sich bloß die lustigen Namen an, die die Leute ihren Wlan-Netzen geben. „Das gelobte Lan“, „Oma, hier drücken für Internet“ oder „Rolf, 52, Single“ begegnen da. Apropos Begegnung. Ein „Entschuldigung! Kennen wir uns?!“ als Frage beim morgendlichen Aufwachen geäußert, könne für frischen Wind sorgen – selbst in langjährigen Partnerschaften. Das Rezept ist schlicht: Das eingefahren Regelhafte von der Seite betrachten. Seine Überdrehtheit dann auf den Punkt bringen – obendrein leicht und locker: das ist die Kunst. Die Martin Zingsheim perfekt beherrscht.

Rückmeldung an den Autor geben