Zaudern, Zögern, Zimperlichkeit sind nicht seine Sache. Kabarettist Thomas Reis kommt gleich auf den Punkt. Reis kommt auf den Krieg und auf die damit verbundene Geräuschkulisse. Die in den Ohren der allermeisten sehr unangenehm klingt – außer für Bundesverteidigungsministerinnnen. Die lieben es, wenn ihnen die Kanonenschläge um die Birne schwirren – quasseln auf Instagram quasi als Silvesternachtsberichterstatterin: über Krieg und innere Befindlichkeit. Kabarettist Reis fühlt sich glatt an Ernst Jünger erinnert, an die Edelfeder im „Stahlgewitter“.
Reis‘ Erinnerungsvermögen ist überhaupt sehr gut. Der süße, stets etwas heiser klingende Hund aus der Frühgeschichte des Fernsehens kommt ihm sofort in den Sinn, wenn der den Kanzler – genau, das ist der mit der Bazooka – von Wumms und Doppelwumms schwadronieren hört. Wum, so hieß in der Fernsehvorgeschichte der Hund an der Seite von Wendelin, dem Elefanten. Apropos Elefanten. Da fällt Fernsehzuschauern Schwerfälligkeit und prima Gedächtnisleistung ein. Den älteren auch noch Bernhard Grzimek. Scheinbar schwerfällig steht auch Kabarett Reis auf der Bühne. Hier mal ein Sich-an-den-Kopf-Fassen, da mal eine andere Geste der Verzweiflung. Doch wenn er Grzimek nach- und den biederen TV-Zoologen das Liebesspiel eines Bonobo-Affen vormachen lässt, dann kommt so richtig Action auf die Bühne.
Doch bleibt das die Ausnahme. Zum Glück: Denn würde Reis auch noch umherhüpfen bei seinem Programm, dann gäbe es gar keine Ruhepole mehr – und vermutlich auch kein Halten. So explosiv sind Reis‘ Wort und Sprachwitz, so sprunghaft seine Gedanken – so übervoll sein Arsenal der politischen Irrtümer. Halt täte aber Not – gerade in Zeiten, da ohnehin alles am Abgrund taumelt. Stolpern, stürzen und zu Fall kommen ist denn auch Reis‘ Lieblingsthema. War Habecks „Staatsdiener“ vor dem Scheich in Wahrheit schon Kniefall? Gaslieferungen gegen Wegschauen? Reis relativiert. „Die Pyramiden schauen wir uns auch gern an“ – trotz der zahlreichen Arbeitsunfälle. Warum dann wegsehen bei der Fußball-WM der Fifa in Katar.
Weghören mussten dann empfindliche Gemüter indes bei den Fan-Gesängen, die Reis anstimmte – zu seinem Sketch über die kommende Fifa-Fußballweltmeisterschaft in Saudiarabien. Das Motto: Christen gegen Moslems. Hämisch-Bitterböses stimmte der Kabarettist an. Religionskrieg bis zum Abpfiff. Wie versöhnlich klang dagegen der andere Schlachtruf: „Hört die Signale! Auf zum letzten Omelette!“ Voll Inbrunst sang‘s der Mann auf der Bühne. Ja in Zeiten, da die einen Staatsführer senil, die anderen vergesslich, die dritten erneut auf die politische Bühne drängen, trotz erwiesenen Totalversagens, droht mehr zu Bruch zu gehen als bloß Eierschalen.