Es ist ein Knattern und Böllern, ein beständiges Explodieren, wie es in manchen Großstädten am 31. Dezember ertönt. Doch dauern die Pausen nicht lang zwischen den mal dumpfen, mal hellen, mal fernen, mal sehr nahen Knallgeräuschen, dem Zischen und Heulen. Kein Zweifel, die zwei Jahre ohne Silvesterfeuerwerk sind auch in Markdorf vorbei. Und wie es scheint, legen sich viele mächtig ins Zeug, um das pandemiebedingte Böllerverbot der Jahreswechsel zu 2021 und 2022 vergessen zu machen. Entsprechend feuern sie ihre Schwärmer, Raketen und Batterien ab, kaum dass die Dunkelheit eingesetzt hat.

Steven Weißenbach, Justin Plath und Mark Denes sind nach Markdorf gekommen, um vom Gehrenberg aus das Silvesterfeuerwerk anzuschauen. ...
Steven Weißenbach, Justin Plath und Mark Denes sind nach Markdorf gekommen, um vom Gehrenberg aus das Silvesterfeuerwerk anzuschauen. Aber erst einmal gibt es Pizza. | Bild: Jörg Büsche
Silvesterfeier mit fünf Stunden Zeitverschiebung: Isabella und Kevin holen sich bei Christina Macht Feuer für ihre Wunderkerzen.
Silvesterfeier mit fünf Stunden Zeitverschiebung: Isabella und Kevin holen sich bei Christina Macht Feuer für ihre Wunderkerzen. | Bild: Jörg Büsche

Silvesterfeier mit Zeitverschiebung

„Wir feiern schon um 19 Uhr“, erklärt Christina Macht. Sechs Kinder, sieben Erwachsene haben sich auf dem Freibereich des Wohngebiets an der westlichen B 33 versammelt. Schwärmer, Knallerbsen und Wunderkerzen prägen das vorgezogene Silvesterspektakel. Kinder kommen, um sich ihre kleinen Feuerwerkskörper von der Mutter, vom Vater anzünden zu lassen. „In Kasachstan ist jetzt um sieben der Jahreswechsel“, erklärt die junge Frau.

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Sie sei schon in Deutschland geboren. Aber ihre Eltern, Spätaussiedler, Opfer der Deportationspolitik während der Sowjetzeit, hätten die Erinnerung an die aufgezwungene neue Heimat in Zentralasien gepflegt. „Und wir wollen an dieser Tradition festhalten“, erklärt Vanessa Hohus. Wie die anderen Familien auch, die mit ihren Kindern das neue Jahr fünf Stunden früher beginnen, sich dann um Mitternacht aber noch einmal zuprosten – so wie ihre Markdorfer Nachbarn.

Auf dem Weg zur Silvesterparty in freier Natur: Raphael, Fixie, Grzés
Auf dem Weg zur Silvesterparty in freier Natur: Raphael, Fixie, Grzés | Bild: Jörg Büsche

Nach der Pandemie nun auch mit Freunden

In Markdorf feiern freilich nicht nur die Markdorfer. Ein Gutteil der fröhlichen Gruppe, die vom Bahnhof aus stadteinwärts geht, saß eben noch im Zug, kommt von auswärts, wurde abgeholt. „Wir wollen draußen feiern“, erklärt Fixie, einer Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Musik, Grill, Getränke – alles dabei. Hinzu kommt jetzt schon gute Laune. Grzés, einer der Jüngeren in der Gruppe, erzählt: „Für mich ist es das erste Mal, dass ich Silvester mit Freunden feiern kann.“ Vor der Pandemie fand das Fest noch im Kreis der Familie statt.

Feiern im Freundeskreis: Hier geht die Silvesterparty-Post in der Garage ab.
Feiern im Freundeskreis: Hier geht die Silvesterparty-Post in der Garage ab. | Bild: Jörg Büsche

Der Frieden steht ganz oben auf der Wunschliste

Ob das für Harald Schmid auch so sein wird, ist im Moment noch offen. Er strebt zum Tisch im „Lamm“. Dort erwarten ihn Verwandte, die er nicht jeden Tag sieht, weil sie in Italien leben. „Wir freuen uns, dass sie uns besuchen können“, erklärt Schmid.

Am Silvesterabend feiern viele im Familien- oder Freundeskreis, wie hier Apollonia Morisco, Antonella Acquafredda, Harald Schmid, Livia ...
Am Silvesterabend feiern viele im Familien- oder Freundeskreis, wie hier Apollonia Morisco, Antonella Acquafredda, Harald Schmid, Livia Caruso, Tim sowie Melanie und Oli Weiffenbach. | Bild: Jörg Büsche

Ob der Kreis auch nach dem Essen zusammen bleibt, das sei noch offen. Auf jeden Fall zusammen bleiben werden die Civans, wie Familienoberhaupt Turgut Civan erklärt. Er lädt die Seinen und deren Partner schon seit etlichen Jahren an Silvester zum Essen in die „Krone“ ein, erklärt der 63-Jährige.

Auch Turgut Civan, Alper Civan, Maran Gessler, Ilkan Ada und Ayse Civan gehen am Silvesterabend essen.
Auch Turgut Civan, Alper Civan, Maran Gessler, Ilkan Ada und Ayse Civan gehen am Silvesterabend essen. | Bild: Jörg Büsche

Was er sich fürs neue Jahr wünscht? „Dass endlich der Krieg in der Ukraine aufhört.“ Diese Antwort ist öfter zu hören an diesem Abend – gerade von Jüngeren. Die Älteren fügen gern noch die Gesundheit hinzu.

Apotheker wünscht Gesundheit und ein Ende der Lieferengpässe

So wie Apotheker Helmut Maunz. Er kommt gerade aus dem Ärztehaus, hatte dort rasch noch was zu erledigen. Aber er hat keinen Bereitschaftsdienst an diesem Silvesterabend. Überhaupt liege sein letzter Notdienst bereits etwas länger zurück. „Ja, Verletzte kommen auch manchmal“, erklärt Maunz. „Die schicken wir dann aber ins Krankenhaus.“ Zur Gesundheit wünscht sich der Apotheker im neuen Jahr, dass sich die derzeit überaus angespannte Situation auf dem Medikamentenmarkt wieder entspannt. „Im Moment können wir noch alle bedienen“, erklärt der Apotheker, dies dank vorausschauender Planung und umsichtigen Vorabbestellens.

Für Mohammad Hafiz ist es ganz normal, an Feiertagen zu arbeiten – auch an Silvester.
Für Mohammad Hafiz ist es ganz normal, an Feiertagen zu arbeiten – auch an Silvester. | Bild: Jörg Büsche

Zur Feier und nach Hause mit dem Taxi

Kein Vorabbestellen gibt es hingegen am Silvesterabend in der Taxizentrale. Das erklärt Taxifahrer Mohammad Hafiz. Wer nach dem Essen vor dem Lokal abgeholt werden will, muss unter Umständen etwas warten. Dass er fährt, wenn andere feiern, „ist für mich ganz normal“. Das gehöre eben zu seinem Arbeitsalltag. Auch wenn seine Familie ihn lieber zu Hause hätte – gerade an Silvester. Weil es da ja immer etwas turbulenter zugeht auf den Straßen, sagt der Taxifahrer.

Journalistik-Student Tim Pfliger macht 2023 ein Praxissemester bei einer Nachrichtenagentur in Japan. Für ihn wird es ein sehr ...
Journalistik-Student Tim Pfliger macht 2023 ein Praxissemester bei einer Nachrichtenagentur in Japan. Für ihn wird es ein sehr bewegendes Jahr. | Bild: Jörg Büsche