Tania Mutschler, Vorsitzende des Fördervereins Kirchenmusik St. Nikolaus, hatte es bereits im Dezember angekündigt: 2023 feiern die Markdorfer Kirchenmusik-Freunde ein besonderes Jubiläum. „Vor 25 Jahren, am 1. Februar 1998, wurde unsere Göckel-Orgel geweiht“, so Mutschler.
Grund genug für den Förderverein, im Jubiläumsjahr zu einer Reihe besonderer Konzerte einzuladen. Den Auftakt machten Organist Ludwig Kibler und das Posaunenquartett „Tromposi“ beim diesjährigen Neujahrskonzert mit Musik aus der Barockzeit, aber auch aus der Romantik.

Eine Orgel, die alles kann
Wäre es beim Bau der Markdorfer Orgel nur nach den Vorstellungen der Freiburger Diözesanverwaltung gegangen, hätten bei dem Konzert am 1. Januar wohl kaum Werke von Bruckner gar von Charles-Marie Widor auf dem Programm stehen können. Christian Ringendahl, lange Jahre Kirchenmusiker in Markdorf, erläutert, warum. „Damals war in Freiburg jemand an maßgeblicher Stelle der Ansicht, dass eine neue Orgel in St. Nikolaus sich in die süddeutsche Orgellandschaft einzufügen habe.“

Aus der Diözese hieß es: Der Süden stehe unter dem Einfluss der italienischen Orgeln. „Die haben aber keine Zungenregister“, so Christian Ringendahl, „gerade die Zungenregister in französischem Stil aber garantieren eine schöne Klangvielfalt.“ Ringendahls erklärtes Ziel war schließlich: Mit einer klangfarbenreicheren und dynamischeren Orgel, das liturgische Geschehen flexibler begleiten zu können.

Anspruchsvolle Kompositionen erklingen
Und welche orgelmusikalische Bandbreite das Instrument besitzt, das beweisen so anspruchsvolle Kompositionen, wie die beim Neujahrskonzert von Ludwig Kibler gespielte „Toccata“ aus Widors Orgelsymphonie. Oder die komplexen Orgel-Improvisationen zu Fritz Langs Stummfilm „Der müde Tod“, für die Ringendahls Nachfolger, Johannes Tress, den Kirchenmusiker Nikolai Geršak gewinnen konnte.

Gegenwind: Braucht es Orgelmusik in Markdorf?
Gegenwind wehte den beiden Hauptmotoren des Orgelbauprojekts, dem Kirchenmusiker Christian Ringendahl und Gebhard Geiger, dem Vorsitzenden des 1987 gegründeten Orgelbau-Vereins, aber nicht nur aus Freiburg entgegen. Gegenwind gab es auch in Markdorf.
Christian Ringendahl mag im Rückblick nicht gerade von einem „ausgesprochenen Orgelstreit“ reden. „Es hat aber Stimmen gegeben, die grundsätzlich infrage stellten, dass es überhaupt Orgelmusik zum Gottesdienst brauche.“ Stimmen, die lieber mehr Schlagzeug und Gitarren gehört hätten. Umso mehr freut es Ringendahl immer noch, dass sich mancher Skeptiker später hin zu einem Freund der Göckel-Orgel gewandelt habe.

Der Orgelbau macht St. Nikolaus zur Baustelle
„Am Ende hat sich der Einbau des beim Mühlhausen-Rettigheimer Orgelbauer Karl Göckel bestellten Instruments noch um ein ganzes Jahr verzögert“, so Ringendahl. Der Grund: Der Denkmalschutz monierte, dass die Orgel ein Kirchenfenster verdeckt. Das immerhin die Heilige Cäcilia zeigt, wie sie eine kleine Orgel im Arm trägt. Zu guter Letzt fand das 17 Tonnen schwere Instrument dann doch noch – Stück für Stück – seinen Weg ins Schiff von St. Nikolaus. Wo sie von einer neu errichteten stählernen Empore getragen wird.

„Die alte Orgelempore war in recht bedenklichem Zustand“, erklärt Christian Ringendahl. Noch angeschlagener sei die alte Orgel gewesen, ein Instrument aus einer Überlinger Orgelbauwerkstatt. Der Bau der Göckel-Orgel dauerte etwa ein Jahr. Ein Jahr, in dem ein Drittel des Kirchenschiffs Baustelle war, die Gottesdienste aber trotzdem stattfanden.
Johannes Tress spricht liebevoll von einer „Diva“
„Sie ist schon eine Diva“, schmunzelt Kirchenmusiker Johannes Tress. Die Göckel-Orgel lasse sich ausgesprochen gut spielen. „Wenn Organisten von auswärts zu Konzerten kommen, loben sie hinterher immer, wie wohl sie sich an unserer Orgel gefühlt haben“, berichtet Tress. Und doch: „Sie ist sehr temperaturempfindlich und reagiert stark auf Luftfeuchtigkeit.“

Basston sorgt für Missgeschick beim Bewerbungsvorspiel
Mitunter töne es plötzlich aus Registern, die nicht ins Stück gehören. So sei es ihm bei seinem Bewerbungsvorspiel passiert, erzählt Johannes Tress. „Ausgerechnet an einer sehr leisen Stelle schaltete sich die Bombarde ein“ – mit ihrem sonor brummendem Basston. Unglücke solcher Art sollten sich möglichst nicht einstellen, wenn im Juni, im September und im November die nächsten Jubiläumskonzerte stattfinden.