Noch schnattern die Gänse von Züchter Markus Weinmann aus Salem-Neufrach zufrieden auf der Weide. Aber ihre Tage sind gezählt und einen Teil seiner 300 Gänse hat der Nebenerwerbslandwirt bereits für den Braten zu St. Martin geschlachtet. „Uns kommt entgegen, dass der Preissprung für Gänse aus Polen oder Ungarn noch deutlich größer war als bei uns“, berichtet Weinmann. Insbesondere von Gastronomen, die bisher auf Federvieh aus dem Ausland zurückgegriffen hatten, bemerkt er eine steigende Nachfrage.

In diesem Jahr verlangt Weinmann wegen der gestiegenen Futterkosten je Kilo 17 Euro und damit 2 Euro mehr als im vergangenen Jahr. „Die Energiekosten schlagen bei uns zum Glück nicht so sehr zu Buche, da die Gänse ab der achten bis zehnten Woche komplett im Freien leben“, schildert der Gänsezüchter, der vor drei Jahren den Auenhof übernommen hat.
Schwanenstüble: Gastwirte spüren die Inflation
Richard Öxle, Inhaber des Schwanenstüble in Markdorf, berichtet, dass sich der Einkaufspreis für seine Martins- und Weihnachtsgänse verdoppelt hat. „Natürlich wird der Preis auf der Speisekarte nicht doppelt so hoch, sonst kommt ja kein Gast mehr“, sagt Öxle. Er kauft komplette Gänse und brät sie im Ganzen. „So wird das Fleisch wesentlich besser und ist nicht so trocken.“

Öxles Befürchtung ist, dass die Gastwirte die Inflation und die gestiegenen Preise massiv spüren werden. „Und am Essengehen können die Leute sparen.“ Aktuell gibt es im Schwanenstüble glücklicherweise noch genügend Reservierungen zum Essen der Martinsgans, so Öxle.
Gasthof Adler: Gänsekeulen statt komplettem Vogel
Im gutbürgerlichen Gasthof Adler im Oberteuringer Ortsteil Hefigkofen bringt Inhaber Manfred Denner in diesem Jahr Gänsekeulen und halbe Enten auf den Teller. „Früher haben wir Platten mit verschiedenen Teilen von der Gans serviert, aber das konnten wir schon vor Corona preislich nicht mehr halten“, sagt Denner. Aktuell sind nicht nur die Einkaufs- und Energiekosten gestiegen, sondern durch den höheren Mindestlohn auch die Personalkosten.

Die Gänsekeulen machen deutlich weniger Arbeit und Manfred Denner kann für seine Gäste bei dem Gericht preislich unter 25 Euro bleiben. Der Gastronom ist ein Verfechter von regionalen Produkten und schlachtet auch selbst. „Die halben Enten kommen zumindest aus Deutschland“, so der Adler-Wirt. Denner hat jedoch festgestellt, dass die Gäste eher nicht mehr nachfragen, wo die Gans auf ihrem Teller herkommt.

Bürgerstuben: größere Menge zu besserem Preis
Über die eingekaufte Menge beim Großhändler ist es dem Restaurant Bürgerstuben in Markdorf gelungen, einen guten Einkaufspreis zu erzielen, berichtet Nicole Keller. „Ansonsten hätten wir die Steigerungen im Handel nicht mitgehen können. Der Gänsebraten wäre für unsere Gäste unbezahlbar.“
Durch den geschickten Einkauf hält sich die Preissteigerung auf um die 25 Euro in Grenzen. Die Gäste wissen jedoch, wie viel Arbeit in dem Gericht auf ihrem Teller stecke. „Und jeder bekommt ja mit, dass die Preise überall gestiegen sind“, sagt Keller. Ihr Mann brät die kompletten Gänse und portioniert sie entsprechend mit je einem Stück von der Brust und der Keule.
Biohotel Mohren: Gäste akzeptieren etwas höheren Preis
Jürgen Waizenegger, Inhaber des Biohotels Mohren in Deggenhausertal-Limpach, hat die Gans ebenfalls nicht von der Speisekarte genommen. „Einige Gäste haben sich nach dem Gänsebraten erkundigt und wir haben zum Glück Bio-Weidegänse aus Bayern bekommen“, berichtet Waizenegger. Seine Gäste akzeptieren, dass das Traditionsgericht in diesem Jahr etwas mehr kostet. Ist der Gänsebraten doch etwas Feines und Besonderes. „Wir bezahlen zwar mehr, aber haben eine humane Kalkulation, um die Gäste nicht zu sehr zu strapazieren“, sagt der Bio-Hotelier.

Gewisse Wehmut, wenn die letzte Gans geschlachtet ist
Die Gänse von Markus Weinmann haben zwar nicht das Bio-Siegel, aber nichtsdestotrotz steht für ihn das Tierwohl an erster Stelle. Anfang Juni bekommt er die Gänse als Eintagesküken geliefert. Vor allem die ersten Wochen im Stall, wenn die Küken eine konstante Temperatur von 30 Grad benötigen, sind laut Weinmann aufwändig.

Ganz bewusst konditioniert Markus Weinmann seine Gänse auf sich und seine Stimme, so dass sie ihm nach acht Wochen problemlos auf die Weide hinterherwatscheln. Das möglichst stressfreie Schlachten vor Ort nach einem halben Jahr gehört für den Nebenerwerbslandwirt dazu, auch wenn es nicht seine schönste Aufgabe ist. „Wenn die letzte Gans geschlachtet und kein Geschnatter mehr zu hören ist, spüre ich schon eine gewisse Wehmut“, sagt er.