Irgendwie „surreal“, sagt Rebecca Graf. Sie steht im Eingangsbereich von Marco-Moden im Erdgeschoss des Proma-Einkaufszentrums. In aller Ruhe schiebt die junge Frau die am Kleiderständer dort hängende Sommergarderobe hin und her, um die einzelnen Stücke besser anschauen zu können. „Ja, surreal find‘ ich das schon“, erklärt sie, was ihr unwirklich vorkommt: „dass man nach so vielen Wochen wieder in die Läden gehen kann – einfach so.“
Einkaufsvergnügen fast ohne Einschränkungen
Zumindest fast einfach so, denn ganz ohne Einschränkungen ist das Einkaufsvergnügen doch noch nicht erlaubt. Ohne vorherige Testung durfte immer nur ein Kunde auf je 40 Quadratmeter Ladenfläche – mit dem Ergebnis einer aktuellen Antigentestung in der Tasche wurden sogar zwei potenzielle Käufer durch die Ladentür gelassen.

Rebecca Graf genießt die neue Lage. Ein stückweit erlaube diese die Rückkehr zur früheren Unbekümmertheit. „Man hatte ja geradezu ein schlechtes Gewissen beim Einkaufen mit Voranmeldung.“ Weil man sich, weil man das Personal, überhaupt alle anderen Gefahren auszusetzen schien. Das legten die strengen Regeln der vor Pfingsten auch im Bodenseekreis noch greifenden Bundes-Notbremse jedenfalls noch nahe. Sie drückten die Stimmung. Die Stimmung, die sich nun aufhellt, hofft Rebecca Graf.
Ein Stück zurückgewonnene Freiheit
So sieht es auch Kristina Lipinski. Sie steht mit ihren beiden Töchtern vor dem „Wir M3 & Café“, dem Bistro mit Bekleidungsgeschäft in der Hauptstraße. „Endlich ist der Test weggefallen“, freut sich Kristina Lipinski. Das lasse auch spontanes Einkaufen zu. Freiheit, die allzu lange vermisst wurde.

Marijo Safar genießt das kleine bisschen an wiedergewonnener Normalität samt der wärmenden Sonne im Innenhof der Markdorfer „Ochsenlücke“ zwischen Post- und Hauptstraße. Dort hat ihm Petra Frank vom „Wir M3 & Café“ gerade einen Milchkaffee gebracht. „Ich habe mich schon seit Längerem darauf gefreut, dass die Außengastronomie wieder öffnet.“ Der Kaffee, der Cappuccino, der Milchkaffee beim Abstecher in Markdorf – das gehört für Marijo Safar einfach dazu.

Kleinkunst erfreut die Besucher
Nicht zwingend dazu gehört Kleinkunst. Die bietet Hermann Marte an diesem Samstagvormittag trotzdem an. Eingeladen hat ihn Lucie Fieber, die Leiterin des Stadtmarketings. Mit Akrobatik, Jonglage und Kleinkunst will sie die Innenstadt wiederbeleben.

Das Motto: „Mehr Leichtigkeit und Lebenslust“. Bei Uwe Priebe, einem weiteren Gast im Außenbereich des „Wir M3 & Café“, war Lucie Fieber schon erfolgreich. Den Markdorfer lässt das Ideen-Feuerwerk schmunzeln, lächeln, lachen, das Kabarettist und Schauspieler Marte am Zunder des ihm zugeworfenen Stichworts entzündet. Immer fantastischer werden seine Einfälle zum Thema 200-Meilen-Zone am Bodensee. Marte stellt sich auf sein Publikum ein. Für die Kinder erzählt er Märchen, den Erwachsenen bietet er Improvisationstheater.
Rezept für die Innenstadt: Lebensfreude und Kleinkunst
Dafür braucht es ein Stichwort – außerdem das negative Ergebnis eines Schnelltests. Den Einlass in die Ochsenlücke gewährt Stadtmarketing-Mitarbeiterin Frauke Winkler aber auch, wenn jemand von einer Corona-Infektion genesen oder vollständig geimpft ist. Mit ihrer signal-gelben Warnweste weckt sie zusätzliche Aufmerksamkeit. Für die, die noch nichts gelesen haben vom Kleinkunst-Angebot in der Ochsenlücke – beziehungsweise das Plakat übersehen. Den Test gebe es gegenüber bei ihrer Chefin, so erklärt die Marketing-Mitarbeiterin.


Dem Kleinkunstgenuss stehe also nichts im Wege. Es dauert bloß ein bisschen: bis das Stäbchen durch die Nasenlöcher gefahren ist, ein paar Sekunden. Und dann noch eine Viertelstunde, bis das Testergebnis vorliegt, das Kunstgenuss erlaubt, das Ladentüren öffnet und im Restaurant oder der Eisdiele auf die Außenterrassen lässt.
