Biberkinder wollen spielen, erklärt Franz Beer beim Spaziergang entlang des Riedgrabens östlich der Bundesstraße 33 in der Senke bei Wirrensegel. Doch von Jungbibern ist weit und breit nichts zu sehen. Weder im wassergefüllten Graben noch beim Konstrukt aus Zweigen, aus Ästen und sogar aus Baumstämmen, das hier das Wasser anstaut.
Biber verwandelt Fläche in Nasswiesen
Der Spieltrieb der Biberkinder sollte Franz Beer, Vorstandsmitglied in der Markdorfer Ortsgruppe des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), eigentlich freuen. Die Aktivitäten des emsigen Nagers – der Dammbau und das damit verbundene Anstauen des Wassers – hilft, die intensiv genutzten Flächen in den Teilen der Niederung zwischen Markdorf und Ittendorf wieder in Nasswiesen zu verwandeln.
Das ist das erklärte Ziel des BUND. Ebenso ist das auch ein Ziel der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Nicht zuletzt spielen dabei auch klimatische Beweggründe eine Rolle. Gänzlich ungetrübt ist die Freude über den Nachahmungstrieb der kleinen Biber jedoch nicht. Zumal im Riedgraben auch die Kleine Bachmuschel lebt. Und die kann nur überleben, wenn das Wasser fließt.

Naturschutz räumt der Kleinen Bachmuschel Vorrang ein
Ittendorfs Ortsvorsteher Bernhard Grafmüller verweist auf die Gesetzeslage. Der Naturschutz räumt der stärker bedrohten Kleinen Bachmuschel einen gewissen Vorrang ein vor dem Biber. Im Bereich Felbenweiher, so heißt das Areal, hat man sich laut Grafmüller „inzwischen auf einen Kompromiss einigen können.“ Kleine Bachmuschel und Biber dürfen sich das Gebiet teilen.
Was bedeutet, dass ein gewisser Dammbau gestattet wird. Kommt es zu Wildwuchs, weil etwa eifrige Biberkinder ihre Fertigkeiten erproben, gilt es die zusätzlichen Bauwerke wieder zu entfernen. Eine ähnliche Lösung wird bereits im Bereich Alter Weiher im Westen der B 33 praktiziert, wo der Damm immer wieder auf eine festgelegte Höhe zurückgestutzt wird.

Ittendorfer beschweren sich über gesperrte Durchfahrt
Frei von Konflikten ist die Lage im Osten trotzdem nicht. Der Grund: Das vom Biber angestaute Wasser versperrt die Durchfahrt auf einem Landwirtschaftsweg von Reute nach Kluftern. Darüber beschweren sich einige Ittendorfer, berichtet Ortsvorsteher Grafmüller.

Weiteres Konfliktpotenzial bergen die Befürchtungen einiger Landwirte. Denn die sehen sich nicht nur ihres Wegerechts beraubt, sondern durch Dammbau und das stetig wachsende Feuchtgebiet landwirtschaftliche Produktionsflächen bedroht. „Wenn die Leute im Fernsehen mitbekommen, dass der Regenwald abgeholzt wird, dann empört sie das“, so Grafmüller. Doch reagieren mitunter dieselben empört, wenn sie einen Weg nicht nutzen können.
25 Vogelarten leben in dem Gebiet
„Auf 25 Vogelarten sind wir inzwischen bei unseren Beobachtungen gekommen“, berichtet Franz Beer, was er und seine Mitstreiter vom BUND Markdorf unterdessen durch ihre Ferngläser beziehungsweise Spektive erkennen konnten. Naturfreund Beer freut sich über das Hören des Kiebitzrufes. So rar wie sich der Kiebitz mangels geeigneter Wiesen in den zurückliegenden Jahrzehnten gemacht hat, ist sein Dasein ein schöner Erfolg. Kaum weniger erfreut sind die Vogelfreunde über Graureiher und Krickenten, über Teichhühner und Wasserrallen, über Blässhühner und Bekassinen. Sie alle wurden bereits gesichtet.

Es geht nur mit den Landwirten
Für Fritz Käser, Mitglied des BUND Markdorf, ist ganz klar: „Wir brauchen unbedingt eine einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Landwirten.“ Die von ihnen bewirtschafteten Flächen haben sie überwiegend nur gepachtet. Sie befinden sich seit der Säkularisation zu Beginn des vorletzten Jahrhunderts in staatlicher Hand. Davor waren sie in kirchlichem Besitz. „Hier betrieb das Kloster Salem eine Fischzucht“, erklärt Käser.

Aus Sicht von Fritz Käser müssen sich die Landwirte auch keine Sorgen machen, dass sich die Vögel an den nahen Früchten aus den Obstanlagen gütlich tun. Überhaupt brauche man die Landwirte auch weiterhin. „Irgendjemand muss die Feuchtwiesen ja auch mähen.“ Das aber nur zweimal im Jahr und keinesfalls öfter.