Tristesse bezeichnet ein Gefühl oder einen ästhetischen Eindruck der Traurigkeit, der Trübseligkeit, des Jammers oder der Ödnis. Vordergründig mag man eine oder auch alle diese Empfindungen erleben, wenn man sich in den Zeiten des Lockdowns auf einen Streifzug durch Markdorfs Einkaufsader in der Markt- und Hauptstraße begibt.
Vertraute Szenerie bei Bäcker Hamma
Bäckereien sind in diesen Zeiten systemrelevant, daher haben sie geöffnet. Also kommt man nicht umhin, dort einmal vorbeizuschauen, eine Seele oder Butterbrezel geht immer, auch in Pandemiezeiten. Es lohnt sich, denn sobald man am Verkaufstresen steht, wird man in der Bäckerei Hamma mit einem wohligen „Hallo“ von Mitarbeiterin Tanja Fischer begrüßt.

Die ganze Szenerie fühlt sich sehr vertraut an. Filialleiterin Bettina Wieland verrät im Gespräch, dass im Lockdown zum Beispiel „Brot wie geschnitten Brot“ geht. Insgesamt laufe das Geschäft zufriedenstellend. „Es ist gut ein Drittel weniger Umsatz, da wir ja keine Sitzplätze haben“, so Wieland. Und Gesprächsbedarf sei vorhanden, das spüre sie sehr deutlich. „Aber das ist ja auch irgendwie klar, denn die Friseure haben zu.“
Der „Tempelwächter“ im Proma
Auf der gegenüberliegenden Seite liegt das Einkaufszentrum Proma. Die gewohnte Gesprächskulisse vom Balkon des Café Ludwig ist verstummt. Das Erdgeschoss ist so gut wie ausgestorben. Im Innern des großen Gebäudes ist es still – wie in einem Tempel halt, doch weiter hinten links scheint ein Lichtstrahl aus einem der Läden. Auch Optiker gehören zu den systemrelevanten Geschäften, daher hält Optikmeister Werner Graetsch so etwas wie Tempelwache.
Die meisten seiner Kunden haben ihre Termine online bei ihm vereinbart und sie fragen vermehrt nach Kontaktlinsen oder speziellen Blaufilter-Brillen. „Die Bedingungen im Lockdown haben das Nachfrageverhalten schon verändert“, bilanziert Graetsch. Kontaktlinsen beschlagen nicht wie Brillen und viele verbringen viel Zeit vor Bildschirmen, da ist Abhilfe gefordert.

Er ist nur froh, bis jetzt niemanden seiner Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken zu müssen. „Es gibt aber auch Kunden, die ihr Geld ursprünglich für den Urlaub eingeplant hatten, nun in ein oder zwei neue Brillen investieren“, sagt Graetsch.
Normalität inmitten von Tristesse
Wieder ein Stück weiter ist Renate Seitz in der Metzgerei Seitz dabei, die Mittagskundschaft zu bedienen. „Die Tage sind schon sehr trist, zwar haben wir zu einer gewissen Normalität gefunden, die ist aber weit von unserem gewohnten Alltag entfernt.“ Es gehen spürbar weniger Mittagessen über die Ladentheke und auch die Wurstproduktion hat man etwas herunter gefahren.

Renate Seitz macht die Beobachtung, dass die Kunden sich ganz bewusst auf den Weg zur Metzgerei machen, um etwas Alltagsnormalität zu tanken. „Es besteht ein starkes Redebedürfnis, wenn man schon mal die Gelegenheit hat, aus dem Haus zu kommen“, meint sie.
Neuer Reisepass für Zeit nach Corona
In der Drogerie und Parfümerie von Beatrice Strauch ist der Tag ruhig angelaufen, doch zum Mittag hin, kommt vermehrt Kundschaft. Die zeigt jetzt aber weniger gesteigertes Interesse an den in den Auslagen präsentierten Seifen, Cremes oder Hygieneartikeln, sondern sie will Passbilder.

„Das ist ganz verrückt, anscheinend verspüren viele eine große Reiselust für die Zeit, wenn alles vorbei ist“, berichtet Beatrice Strauch: „Und um schon mal einen Reisepass zu beantragen, brauchen sie eben neue Passbilder.“ Generell laufe alles rund ums Bild recht gut, womöglich entstünden ja derzeit daheim in den Wohn- und Kinderstuben viele kreative Bilderkollagen. Beatrice Strauch nimmt es so gelassen wie es eben geht: „Alles ist derzeit besser als nichts.“
