78.000 Euro Gesamtspendensumme und 60 Tonnen Hilfsgüter, die seit Anfang März in die Ukraine gingen: Das sind die wichtigsten Zahlen in der Bilanz der Hilfsaktion von Rainer Zanker und seiner ukrainischen Lebensgefährtin Mariya Babina, die Zanker und Renate Hold, Leiterin des Mehrgenerationenhauses (MGH), am Montag vorstellten. Das MGH hatte für Zankers Initiative das Spendenkonto zur Verfügung gestellt.

Im ukrainischen Poltava, nahe der Großstadt Charkiw, verteilt Rainer Zankers ukrainische Partnerorganisation die Hilfsgüter, die seit ...
Im ukrainischen Poltava, nahe der Großstadt Charkiw, verteilt Rainer Zankers ukrainische Partnerorganisation die Hilfsgüter, die seit zehn Wochen aus Markdorf in die Ukraine gebracht werden. | Bild: Hilfsorganisation Poltava

Rund 45.000 Euro sind von der Gesamtsumme bislang für Lebensmittel und medizinische Hilfsgüter ausgegeben worden. Güter im Wert von rund 20.000 Euro werden in den nächsten Wochen noch in die Ukraine gehen, der Rest der Spendensumme verbleibt hier vor Ort und soll für die Hilfe für Geflüchtete in Markdorf verwendet werden. Auch das ist nötig, denn Aktionen wie das Café Ukraine im MGH kosten ebenso Geld wie etwa Rollstühle, Rollatoren, Krücken oder Brillen.

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Dringend gefragt: Feuerwehrschläuche

Überwältigend sei die Hilfsbereitschaft der Markdorfer, sind sich Hold und Zanker einig und wollen dafür auch ein großes Danke sagen. Nach wie vor, sagt Zanker, bekomme er noch Listen von seiner ukrainischen Partnerorganisation in Poltava nahe Charkiw. Dorthin gehen die 40-Tonner und die kleineren Lkw mit den Spenden aus Markdorf.

Feuerwehrschläuche für die Rettungskräfte in der Ukraine: In einer Hauruck-Aktion hatte sie Zanker in Stuttgart besorgt.
Feuerwehrschläuche für die Rettungskräfte in der Ukraine: In einer Hauruck-Aktion hatte sie Zanker in Stuttgart besorgt. | Bild: Hilfsorganisation Poltava
Auch die passenden Anschlüsse mussten extra besorgt werden: In der Ukraine haben die Feuerwehrschläuche andere Anschlüsse als in ...
Auch die passenden Anschlüsse mussten extra besorgt werden: In der Ukraine haben die Feuerwehrschläuche andere Anschlüsse als in Deutschland. | Bild: Hilfsorganisation Poltava

Aktuell seien weniger Lebensmittel gefragt, sondern eher fiebersenkende Medikamente und Unterwäsche – und ganz dringend jüngst Feuerwehrschläuche. In einer Hauruck-Aktion habe er über einen Feuerwehr-Ausrüster in Stuttgart und die dortige Flughafenfeuerwehr Schläuche und vor allem die in der Ukraine passenden Anschlüsse auftreiben können. Auf einem Video aus Poltava bedanken sich die Rettungskräfte für diese Hilfe.

Dank aus der Ukraine Video: Feuerwehr Poltava
Ukrainische Helfer bedanken sich für Feuerwehrschläuche. Video: Feuerwehr Poltava

MGH sorgt für Rollstühle, Krücken, Rollatoren

Im MGH wiederum stehen bereits 20 elektrische Rollstühle sowie Krücken und Rollatoren bereit. „Über das MGH und auch über unsere Partner in Poltava haben wir die hundertprozentige Rückmeldung, dass die Hilfsgüter tatsächlich auch genau dort ankommen, wo sie gebraucht werden“, sagt Zanker.

Helfer in Poltava entladen einen 40-Tonner, der mit Hilfsgütern aus Markdorf in der ukrainischen Stadt angekommen ist.
Helfer in Poltava entladen einen 40-Tonner, der mit Hilfsgütern aus Markdorf in der ukrainischen Stadt angekommen ist. | Bild: Hilfsorganisation Poltava

Eine unschätzbare Hilfe, so Hold, leiste die Familie Sulger über ihre Edeka-Sulger-Lebensmittelmärkte, die Lebensmittel extrem vergünstigt abgibt oder sie teils der Aktion auch schenkt – wie im jüngsten Fall einer geflüchteten Familie in Markdorf. Die hatte zuvor in ihrer Heimat mit ihrem Kleinkind, das an einer Laktose- und Glutenunverträglichkeit leidet, sechs Wochen in einem Bunker verbracht. „Silke Sulger hat einfach gesagt, kommt vorbei, wir haben ein Regal mit laktose- und glutenfreien Lebensmitteln“, berichtet Zanker. Eine große, prall gefüllte Kiste habe sie ihm dann überreicht. „Das sind schon Geschichten, die ans Herz gehen“, sagt Zanker.

In drei Sprachen haben die Helfer in Markdorf die Kartons beschriftet. In Poltava werden sie in einem Lagerhaus zwischengelagert, bevor ...
In drei Sprachen haben die Helfer in Markdorf die Kartons beschriftet. In Poltava werden sie in einem Lagerhaus zwischengelagert, bevor sie von dort aus weiter verteilt werden. | Bild: Hilfsorganisation Poltava

Nun wird der Spendentopf noch geleert. Gespendet werden kann zwar noch weiterhin auf das Hilfskonto des MGH, aber man werde nicht mehr aktiv dazu aufrufen. Das hat zweierlei Gründe: Erstens können ukrainische Geflüchtete ab dem 1. Juni die Grundsicherung beantragen und man wolle auch keine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den nach Deutschland geflüchteten Menschen haben, sagt Hold. „Außerdem haben wir uns immer als Ersthelfer-Organisation gesehen, die einspringt, bis die großen Organisationen bereit sind“, sagt Zanker, der nicht verhehlt, dass die vergangenen zehn Wochen auch bei ihm und seiner Lebensgefährtin an die Substanz gegangen sind – schließlich hatten sie auch selbst noch ukrainische Geflüchtete bei sich in ihrer Wohnung beherbergt.

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Erste aus Kiew geflüchtete Ukrainer kehren bereits zurück

Interessanterweise gebe es bereits einen umgekehrten Trend, berichtet der 45-Jährige. Wie in anderen Städten auch, so kehren hier bereits die ersten aus Kiew nach Markdorf geflüchteten Menschen wieder in ihre Heimatstadt zurück. Dort gibt es bekanntlich inzwischen keine kriegerischen Handlungen mehr.

Der Markdorfer Druckhaus-Inhaber Rainer Zanker hat die Hilfsaktion für die Ukraine organisiert, die zeitweilig die mit Abstand größte ...
Der Markdorfer Druckhaus-Inhaber Rainer Zanker hat die Hilfsaktion für die Ukraine organisiert, die zeitweilig die mit Abstand größte private Initiative gewesen ist. Knapp 80.000 Euro sind an Spenden zusammengekommen, 60 Tonnen Güter brachten Zanker und seine vielen freiwilligen Helfer auf den Weg in die Ukraine. | Bild: Toni Ganter

„Für viele Geflüchtete war von vornherein klar, dass sie so bald wie möglich wieder zurückwollen“, sagt Zanker. Künftig rechne er eher mit weiteren Geflüchteten aus dem umkämpften Donbass oder aus der Region um die zerstörte Hafenstadt Mariupol.

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Deutschkurse: Riesige Nachfrage, zu wenige Plätze

Diejenigen wiederum, die hier bleiben, wollen sich integrieren, berichtet Hold. Zwischen 50 und 60 ukrainische Geflüchtete leben in Markdorf. Und alle drei Deutschkurse am MGH seien mit je acht bis zwölf Personen komplett ausgebucht. Das heißt, nahezu alle Ukrainer in Markdorf wollen Deutsch lernen, denn das MGH-Angebot richtet sich nur an Erwachsene. Die Kinder werden schon in den Vorbereitungsklassen unterrichtet.

Mehrgenerationenhaus-Leiterin Renate Hold koordiniert die Ukraine-Hilfe vor Ort in Markdorf.
Mehrgenerationenhaus-Leiterin Renate Hold koordiniert die Ukraine-Hilfe vor Ort in Markdorf. | Bild: Jörg Büsche

Die Deutschkurse wiederum werden vom Land finanziert und vom Jugendamt des Landkreises koordiniert. Was hingegen noch nicht funktioniert: Die für weitere Kurse geplante Kooperation mit der VHS Bodenseekreis. Offenbar habe die VHS Schwierigkeiten bei der Raumsuche in Markdorf, vermutet Hold. Dass weitere Kurse nötig wären, liegt auf der Hand: Es gebe mehr Anfragen als Plätze. Auch während des Pressetermins bekommt eine MGH-Mitarbeiterin die Anfrage einer ukrainischen Familie. Nicht alle können aktuell versorgt werden.