„Utopie“ oder „schlüssiger Ansatz“? Zwischen diesen beiden Extremen bewegten sich die Urteile der Markdorfer Stadträte zum Thema kommunale Wärmeplanung. Diskutiert hat es der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung, als einen von mehreren Punkten zum Oberthema Klimaschutzmanagement, das auf der Tagesordnung stand, weil die Stadt bis 2035 klimaneutral sein will. So sieht es jedenfalls der Beschluss vom vergangenen April vor. Gleichzeitig beschlossen wurde, dass die Stadtverwaltung in Zukunft bei allen Vorhaben die Klimafolgekosten auszuweisen hat. Also darzulegen, wie groß der finanzielle Schaden ist, den zum Beispiel der mit den Vorhaben verbundene Ausstoß von Treibhausgasen verursacht. Und um das ebenfalls angestrebte Ziel einer klimaneutralen Kommunalverwaltung bis 2030 zu erreichen, sollte eine eigene Personalstelle im Rathaus geschaffen werden.

Eben diese Stelle für Klimaschutzmanagement-Aufgaben wird nun von der Verwaltung selbst besetzt. Eva Glöggler, Sachbearbeiterin im Bauamt und dort auch mit Klimaneutralität und Nachhaltigkeit befasst, übernimmt die in der Verwaltung neu geschaffene Stelle ab März zu 50 Prozent. „Für uns ist das ein Glücksfall“, erklärte Bürgermeister Georg Riedmann, „weil wir eine Sachbearbeiterin haben, die eins zu eins mit dem Thema vertraut ist.“
Freiwillig auf Fördermittel verzichtet
Auf Fördermittel muss die Stadt bei diesem Vorgehen allerdings verzichten. Sie rechtfertigt diesen Verzicht mit der Ungewissheit, ob sich ansonsten überhaupt geeignete Bewerber für die Stelle finden ließen. Zudem stehe die Verwaltung unter großem Zeitdruck, wenn sie ihre selbstgesteckten Klimaziele noch erreichen will.

Die Zeit zum Entwickeln von Konzepten sei vorbei, warf Simon Pfluger (CDU) ein. „Nicht zertifizieren, sondern handeln“, forderte er. Energie und Gelder, die in so teure wie aufwändige Konzepte oder Zertifizierungen fließen, seien an anderer Stelle sinnvoller verwendet: zum Beispiel für konkrete Maßnahmen des Klimaschutzes. Markdorf handle längst, antwortete der Bürgermeister. „Wir sind da ganz weit dran und drin“, versicherte er. Sich beim Handeln von Konzepten leiten zu lassen, sei sicherlich kein Fehler.

Klimakosten nicht den Kindern aufbürden
Joachim Mutschler, Fraktionsvorsitzender der Umweltgruppe, erkundigte sich zwar nach Möglichkeiten der Verwaltung, sich die neue Klimaschutzstelle nicht doch noch von anderer Seite fördern zu lassen. Insgesamt aber begrüßte er es, wenn nun durch die Verwaltung selbst die Klimafolgekosten in den Blick genommen werden, „schon um unseren Kindern diese Lasten nicht aufzubürden“.

Zu Kontroversen kam es bei einem anderen Thema: der kommunalen Wärmeplanung. Das Land nimmt dabei seine Kommunen in die Pflicht – zumindest die größeren, die Kreisstädte und die Stadtkreise ab 20 000 Einwohnern. Diese Größe erreicht Markdorf mit seinen 14 000 Einwohnern zwar nicht. Das Instrument einer kommunalen Wärmeplanung möchte man dennoch nutzen. Hilft es doch, die Stadtentwicklung auf Nachhaltigkeit auszurichten. Und dafür wiederum gibt es Fördermittel vom Land.
Klimaplan soll für die Bürger ein Anreiz sein
„Wie nimmt man den Leuten die Angst vor den Maßnahmen der Wärmeplanung“ fragte SPD-Chef Uwe Achilles. Er erinnerte daran, dass die Stadt den vom Land gewünschten kommunalen Wärmeplan lediglich für die eigenen Gebäude in Anschlag bringen könne. „Im Bereich der gewerblichen, aber auch der privaten Immobilien haben wir keinen Zugriff“, erklärte Achilles. Aus seiner Sicht sei der Wärmeplan ein gutes Instrument und sinnvoll anzuwenden bei Neubauprojekten.
Als Beispiel nannte Achilles die Entwicklung des geplanten Wohngebiets Klosteröschle in Riedheim. Gelängen da gute Lösungen, könnten die in die Öffentlichkeit strahlen. Sein Hinweis auf die beschränkten Zugriffsmöglichkeiten der Stadt bestätigte Riedmann: „Zugriff haben wir nur auf eigene Gebäude und niemand muss fürchten, dass der Bürgermeister zu ihm in den Keller kommt, um die Heizung abzubauen.“ Für private Immobilienbesitzer gilt: Der Wärmeplan soll Anreize schaffen, ist aber nicht verpflichtend. Gerade darum hält ihn Arnold Holstein von den Freien Wählern auch für eine „schöne Utopie“, aber nicht mehr. „Wie soll die Umsetzung passieren?“ fragte er: „Wie soll ein Wärmenetz in der Innenstadt aufgebaut werden, wenn wir es noch nicht einmal schaffen, dort die Häuser anständig zu isolieren?“