Seit Jahren gibt es im Bodenseekreis eine Mangelversorgung an klassischen Hebammenangeboten. In der Region tätige Hebammen berichten, dass sie ihre Kurse drei- und viermal belegen könnten, zudem wurde in Ittendorf kürzlich eine Hebammenpraxis komplett aufgegeben. Die Versorgungslücke werde durch Corona zusätzlich verstärkt, denn wenn Kurse überhaupt stattfinden können, dann nur mit reduzierten Teilnehmerzahlen.
Renate Hold: „Wir sitzen in den Startlöchern“
Um Abhilfe zu schaffen, hat das Familienforum Markdorf jetzt einen Raum im Waldseer Hof angemietet und bietet dort Kurse rund um das Thema Schwangerschaft, Geburt, Gesundheit und Achtsamkeit an. Beginnen sollen die Kurse ab 1. Juni: „Wir sitzen in den Startlöchern, alles ist vorbereitet, unter Berücksichtigung der entsprechenden Corona-Regeln und Hygienekonzepte. Aber wann es definitiv losgehen kann, werden wir auf unserer Homepage mitteilen“, kündigt Renate Hold, Leiterin des Familienforums an.

Auch im Mehrgenerationenhaus wird der Negativtrend Anfang des Jahres durch eine Auswertung der Zugriffe auf die Homepage bestätigt. Demnach gibt es in einem bestimmten Zeitraum zwölfmal mehr Anfragen zum Thema Schwangerschaft als Angebote. „So entstand die Idee zu diesem Angebot gewissermaßen über Nacht“, berichtet Hold.
„Ralf Scharbach, der Leiter des Seniorenzentrums und Spitalverwalter, unterstützte uns sofort und vermietet uns einen ungenutzten Raum im Waldseer Hof. Wir haben ihn gestalten lassen, wir haben zehn tolle Frauen aktiviert, die Kurse anbieten und jetzt können wir eröffnen.“
Kinder und Familien sollen gestärkt werden
Auch beim Jugendamt läuft Hold mit ihrer Idee offene Türen ein. „Die ersten Lebensjahre sind eine wichtige Phase, in dieser Zeit ist die Familie besonders verletzlich und daher schutzbedürftig. Wir wollen Kinder und Familien in dieser Zeit besonders stärken“, betont Christin Jungblut, Mitarbeiterin des Jugendamts und Leiterin der Familiengruppe im Mehrgenerationenhaus. „Deshalb freue ich mich sehr, dass wir dieses Projekt betreuen und damit die soziale Lücke wieder ein Stück schließen können.“

Ein Startkapital hat das Mehrgenerationenhaus in Höhe von 2000 Euro gespendet. Davon wurden die ersten zwei Monatsmieten, Farbe und Lampen für die Gestaltung und die Kindersicherungsgriffe für Fenster finanziert.
Die Namensgebung sei noch herausfordernd gewesen, erzählt Hold, da sei von „Frauenzimmer“, über „Turmstube“ alles dabei gewesen. Geeinigt habe man sich dann auf „LebensRaum“.
Massageliege, Yogamatten und ein Wickelraum
Dieser „LebensRaum“ besteht nun aus einem etwa 50 Quadratmeter und einem etwa 15 Quadratmeter großen Zimmer. Beide sind hell und freundlich gestaltet. Im großen Raum liegen Yogamatten und Yogakissen ausgebreitet am Boden, im kleineren steht eine Massageliege, ein Tisch und zwei Stühle bilden eine Sitzecke und bieten Platz für Gespräch und Austausch. Im Nebenraum gibt es eine Toilette und auch ein Wickelraum ist gleich ums Eck.
Zehn Fachkräfte kümmern sich um die Teilnehmer
Insgesamt bieten zukünftig zehn ausgebildete Kinderkrankenschwestern, Hebammen, Yogalehrerinnen und Achtsamkeitstrainerinnen ein breites Angebot an Kursen an. Es wird klassische Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse geben, sowie Yoga für Schwangere, Yoga für Mutter und Kind, Babypflegekurse, Stillberatung, Trageberatung und Trageworkshops, offene Sprechstunden, Beckenbodengymnastik, Achtsamkeitstrainings für Mütter und Kind oder Kangatraining, das ist Sport oder Fitness mit dem Baby. Auch ein neuer Trend wird angeboten, so steht ab Juni „Belly-Painting“ im Kursprogramm, für alle, die sich ihren Babybauch bemalen lassen möchten.

Alle Kurse sind kostenpflichtig, die meisten können über die Krankenkassen oder über das Landesprogramm „Stärke“ finanziert werden. Nicht der Geldbeutel soll darüber entscheiden, ob eine Frau am Kurs teilnehmen kann oder nicht. Wer einen Kurs nicht selbst finanzieren kann, darf sich direkt an Hold oder Jungblut wenden.
„Wir können einzelnen Teilnehmerinnen den Kurs über einen Fördertopf finanzieren oder der Betrag wird auf die anderen Teilnehmerinnen umgelegt. Das Solidarprinzip hat auch in der Vergangenheit immer sehr gut funktioniert“, betont Hold.