Chorleiter Uli Vollmer hat seinen Musikfreunden Markdorf ganz schön viel zugemutet, aber auch zugetraut für das nächste Konzert am Sonntag, 19. Februar. 400 Jahre alte Lieder werden 45 Sänger der Musikfreunde und von Airbus Dornier BSG Chor- und Instrumentalmusik in vier Sprachen singen, um die Renaissance erlebbar zu machen. Das Besondere dieser Epoche sei, eine einfache, unmittelbare und realitätsbezogene Musik. "Da hört man Hühnergackern in Töne übersetzt – und wir nehmen das teils sehr wörtlich."
Der Chor lässt sich auf einen engen historischen Zeitraum ein, erklärt Uli Vollmer. Nach der Markus-Passion von Bach, die der Chor im vergangenen Jahr sang, und dem modernen "Carmina Burana", das im Juli geplant ist, habe er sich gezielt für weltliche und historische Musik entschieden. "Wir wollen die Vielfalt nutzen, die wir als ungebundener Chor haben."
Dass die Wahl dabei auf "Chor trifft Renaissance" gefallen ist, wie das Acapella-Konzert betitelt wird, birgt diverse Herausforderungen: Die Stücke zu den Themen Liebe und Leidenschaft, Trinken, Allerlei Tierisches sowie Liebe und Glück sind entweder in Deutsch, Englisch, Französisch oder Italienisch. "Ich lege großen Wert darauf, dass wir ein Lied im originalen Klanglaut widergeben", sagt Vollmer. Dafür sagen in der Vorbereitung Sprachlehrer oder Muttersprachler jeden Liedtext vor: "Der Chor lernt es sprechen, bevor er es singt." Kein Wunder, dass die Vorbereitungen bereits nach Ostern begannen.
Ungewöhnlich sei, dass nicht ein Werk vorliegt, sondern vielmehr ein Mosaik: "Für den Chor ist das eine große Herausforderung, dass sie 19 Miniaturen zu singen haben", sagt Vollmer, denn jedes Stück sei eine Welt für sich. Er wählt das Bild eines Turmspringers, der vor einem Sprung den gesamten Ablauf noch einmal durchdenkt. Genau so würden auch die Sänger vorgehen: Während der Applaus noch das vorherige Stück würdigt, werden sie gedanklich schon das nächste durchgehen.
Dabei wird ihnen nicht nur der Wiedererkennungswert fehlen, den etwa Werke von Bach haben, sondern auch die Orientierung am Nebenmann: Anders als üblich werden die Sänger teils über die gesamte Bühne verteilt. Dann stehen die Sopranstimmen einander gegenüber, um eine Art Stereo-Effekt zu erreichen. Oder es steht eine Alt- neben einer Sopran-, Tenor- und Bassstimme, um lauter und vielstimmiger zu wirken. "Ich bin sicher, dass die Leute begeistert sein werden. Das hat nichts mit 'angestaubt' zu tun und wenn, dann habe ich es mit meinen Interpretationen abgestaubt."
Ergänzt wird der Abend von zwei Solisten: Sopranistin Isabell Marquardt und Uwe Münch am Klavier. Sie werden Lieder aus den Anfängen der sogenannten neuen Musik, also von der Umbruchphase des frühen 20. Jahrhunderts singen und spielen. Das ist laut Vollmer kein Bruch mit dem Renaissance-Programm, denn die Themen Naturalismus und Liebe seien ähnlich. Auch musikalisch gebe es Parallelen: Nach einer impulsiven und komplexen Romantik sucht die Musik vor 100 Jahren wieder nach einer Einfachheit, wie es sie bereits in der Renaissance gab. "An diesem Prozess nehmen wir als Zuhörer dann teil", verspricht Vollmer.
Chor und Konzert
Den Chor der Musikfreunde Markdorf gibt es seit mehr als 40 Jahren, der ehemalige Musikschul-Leiter Uli Vollmer ist seit 31 Jahren dabei und hat die musikalische Leitung. Es ist ein Gemeinschaftschor mit der Airbus Dornier BSG Chor- und Instrumentalmusik, sie treten stets gemeinsam auf.
Das nächste und in diesem Jahr erste Konzert mit dem Titel "Chor trifft Renaissance" beginnt am Sonntag, 18. Februar, um 17 Uhr in der Stadthalle Markdorf. Der Eintritt kostet 15 Euro, für Schüler 10 Euro. Karten sind bei der Buchhandlung Wälischmiller sowie an der Abendkasse erhältlich.