Dass es nur wenige – aber ausreichende – Sitzgelegenheiten gab, störte niemanden: Spätestens nach dem dritten Lied hätte es die Amateursänger von den Stühlen gerissen, so mitreißend war die Stimmung von Beginn an beim ersten Rudelsingen in Ittendorf, die alle begeistert und mit einem glückseligen Lächeln ins Wochenende entließ.
"Ich bin eine leidenschaftliche Sängerin und habe in vielen Chören mitgesungen. Aber so etwas Tolles habe ich noch nie erlebt", sagte eine 87-jährige Aktive aus Markdorf über das Veranstaltung, zu dem der Gemischte Chor Ittendorf eingeladen hatte.

Wer glaubte, 12 Euro Eintritt für eine Veranstaltung, zu der man noch selbst beitragen sollte, schreckten ab, sah sich gründlich getäuscht; es war das Geld wert: Über 270 Sangesfreudige fanden sich im Bürgerhaus ein, in der man sich von Anfang an so gemütlich fühlte, wie in der besungenen "Kleinen Kneipe" von Peter Alexander.
Drei Generationen singen Hits
Die Auswahl der Lieder und Songs – hälftig deutsch und englisch -, schien abgestimmt auf die Besucher: Drei Generationen sangen sich mit wachsender Hemmungslosigkeit durch drei Generationen Hits unterschiedlichsten Genres von 1953 bis 2018. Sie waren Opernsänger und bildeten den stimmgewaltigen Gefangenenchor aus Verdis Oper Nabucco, wandten sich dem Volkslied "Die Gedanken sind frei" zu, interpretierten Gassenhauer, Evergreens, Schlager und Chansons.

Die Macher Thomas Lorenz, Gregor Panasiuk und Marcus Sorg, alle Lehrer der freien "Musikwerkstatt Tettnang", unterstützten die Sänger instrumental und kündigten launig die Songs an; Unterstützung textlicher Arrt kam von der Großleinwand, auf der die Strophen auch in der hintersten Reihe lässig zu erkennen waren, inklusive blau markierten Betonungen.

Harmonische Gewaltigkeit und Gemeinschaftsgefühl
So war es auch für Ungeübte ein Leichtes, im Rudel zu heulen, äh, zu singen: Denn die Qualität des Gesangs war beeindruckend und harmonische Gewaltigkeit und Gemeinschaftsgefühl verursachten prickelnde Gänsehaut, waren emotional und bewegend. Wie auch der gegenseitige Augen-Blick von Jürgen und Gay Dickomeit bei der Liedzeile in "Father and son" von Cat Stevens "Look at me, I´m old, but happy" (ich bin alt, aber glücklich).

Klar, es sangen etliche Chormitglieder mit, doch die Mehrheit war eher unbelesen in Sachen Noten und traute sich: "Ziel erreicht" würde man vom niederschwelligen Gesangsangebot sagen, das sich in so mancher Ecke wie beim "La Bamba" zum kleinen Tanzevent ausweitete und die Besucher in Wallung brachte. Über den Geburtstagskanon freuten sich Claudia Ainser und Ilge Kreidler.

Gewundert hat sich nur Thomas Lorenz, der dem Publikum eine fantastische Performance bescheinigte: "Dass junge Leute bei der "Kleinen Kneipe" mitsingen und bei "Die Welt retten" die älteren Leute." Wie die 19-jährige Janina aus Friedrichshafen: "Die Lieder sind nicht zu 100 Prozent mein Geschmack, aber ich kenne sie alle und es macht hier auf jeden Fall Spaß."
Die Mischung, die man im Vorfeld per E-Mail mit Wünschen beeinflussen konnte, machte aber auch den Reiz aus und so hüpften die Sänger bei "Pippi Langstrumpf" leichtkehlig über die Noten, gingen voll bei "Easy Rider" und "Marmor, Stein und Eisen bricht" mit, zeigten differenzierte Chorqualitäten bei Leonard Cohens "Hallelujah" und dem, auch vom Gemischten Chor Ittendorf vorgetragenen Irischen Segenslied, während Reinhard Meys "Gute Nacht, Freunde" und "Flying to the moon" von Frank Sinatra stellenweise herausfordernd waren, genauso wie ABBAs "Thank you for the Music" (Danke für Musik). Genau: Danke für diese Musik!
Rudelsingen
Beim Rudelsingen, einer Idee von Akteuren aus Münster, begleiten Musiker das Publikum beim Singen bekannter Lieder, Schlager, Volkslieder, Evergreens und aktuellen Hits. Die Texte werden an die Leinwand geworfen; farbige Unterstreichungen markieren die Betonungen. Das nächste Rudelsingen des „Team Bodensee“, ist am 8. Mai in der „Gems“ in Singen, am 27. September im „Kulturhaus Mühle“ in Oberteuringen und am 25. November im „Kultur am Gleis 1“ in Meckenbeuren.