Nicht die großen Themen, sondern ein großes Thema dominierte in der Rede von Bürgermeister Georg Riedmann zum Neujahrsempfang der Stadt Markdorf am Samstag: Vor rund 500 Zuhörern in der Stadthalle nahm Riedmann das diesjährige 1200-Jahr-Stadtjubiläum zum Anlass, die aktuellen Aufgaben Stadtentwicklung, Bürgergesellschaft und Wohnbauen in den historischen Kontext zu stellen. Bischofschloss, Rathausareal, die Verkehrsdiskussion in der Region blieben als Themen hingegen außen vor. Überraschend vielleicht auf den ersten Blick, aber nicht unangebracht. Denn sie beherrschen seit Monaten die öffentliche Diskussion in der Stadt. Nun stattdessen also ein erfrischender Einstieg ins neue Jahr.

Eine Stadtgesellschaft könne nur lebendig sein, wenn es Menschen gebe, die mehr tun als man erwarten dürfe, leitete Riedmann ein. Seine Ansprache wolle er nutzen, den Markdorfern zu danken, dass eine "so positive und konstruktive Stimmung den Herausforderungen gegenüber selbstverständlich" sei: "Eine Stimmung, die so stabil ist, dass man nicht bei jeder Schreckensnachricht über Terror oder menschenverachtende Kriminalität durch Einzelne Sorge um die Kultur des interessierten und offenen aufeinander Zugehens in Markdorf haben muss", so Riedmann mit Blick auch auf den IS-Anschlag vor Weihnachten in Berlin. Die Stadt brauche diese positive Basis, denn die Aufgaben würden "weiterhin groß und schwer" sein, auch wenn der Zuzug von Flüchtlingen deutlich zurückgegangen sei.


Integration sei durch die Jahrhunderte ein Thema der Stadtgeschichte gewesen. Dies habe er bei einem Blick in das im Juni erscheinende Buch der Stadt zum Jubiläum erfahren. Stets hätten aber auch die Neubürger Markdorf ein Stück weit verändert. Dies zeige, dass Integration nie nur eine Einbahnstraße sei. "Integration ist uns keine im Grundsatz fremde Aufgabe. Das sollte uns Hoffnung machen", gab Riedmann den Besuchern in der Stadthalle mit auf den Weg ins neue Jahr.

Integration hänge aber auch mit Stadtentwicklung, Wohnbauen und Schulinfrastruktur zusammen. Stadtentwicklung, so Riedmann, dürfe aber nicht gleichgesetzt werden mit ungesteuertem Wachstum. "Niemand, weder im Gemeinderat noch in der Verwaltung ruft weiteres Bevölkerungswachstum heute als anzustrebendes politisches Ziel aus", so Riedmann. Es gelte aber nicht, das Wachstum zu beenden, sondern es zu lenken. Dafür habe die Kommunalpolitik "gewisse Mittel" in der Hand. Er selbst halte die Preise für innerstädtische Grundstücke "bisweilen für bedenklich", äußerte sich Riedmann freimütig. Und er sei auch nicht immer begeistert von der architektonischen Qualität oder der Dimension von Markdorfer Bauträger-Projekten. Der aktuelle Wohnraumbedarf in Markdorf sei aber ohne konstruktives Miteinander mit den Investoren nicht zu schaffen.

Für die Zukunft gelte es, wie es in anderen Kommunen bereits praktiziert werde, auf städtischen Grundstücken gemeinsam mit den Bauträgern in die Entwicklung einzusteigen und einen Wonraum-Mix zu vereinbaren, der auch das untere Preissegment abdecke. Dafür, so kündigte Riedmann an, werde er im Zuge der öffentlichen Wohnbaudiskussion auch die Arbeitsweise der Bauträger vorstellen. Der Bürgermeister erhofft sich dadurch eine breitere Akzeptanz auf beiden Seiten: Auf seiten der Bürger ebenso wie der der Investoren.

In der Grundschulentwicklung stünde nun der Einstieg in die Umsetzungsphase an. Neben den Hochbauprojekten wolle sich die Stadt in 2017 aber auch dem Straßen- und Kanalnetz widmen. Hier stehen einige Sanierungsvorhaben an, allen voran diejenige in der Kreuzgasse. Beim Thema Jugend sei es der Stadt weiterhin ernst mit dem "Zuhören und Beteiligen". Mit dem Start des Wochenend-Nachtbusses nach Friedrichshafen im Frühjahr und der beschlossenen Aufwertung der Skateranlage am BZM seien erste Projekte erfolgreich auf den Weg gebracht. Musikalisch auch in diesem Jahr glänzend begleitet vom Musikverein Ittendorf endete der Neujahrsempfang nach den Ehrungen wieder mit dem beliebten Stehempfang. Bei Häppchen aus der Spitalküche und Markdorfer Wein tauschten sich Markdorfer und Gäste von außerhalb auch in diesem Jahr wieder lange und angeregt aus. An Themen herrscht in der Stadt offenbar kein Mangel. Ereignislos, so viel scheint klar, wird also auch das Jahr 2017 nicht werden.