Der Bahnübergang sorgt weiter für Gesprächsstoff. Aufgrund einer defekten Lichtsignalanlage musste die Vorfahrtsregelung geändert werden. Seit vergangener Woche ist die Gutenberg-/Ensisheimerstraße eine abknickende Vorfahrtsstraße. Eigentlich sollte sich der Verkehr über die neue Beschilderung selbst regeln, doch es kommt immer wieder zu gefährlichen Situationen. Der SÜDKURIER hat sich vor Ort umgesehen. Das Ergebnis: Motzende Autofahrer, lautes Hupen, schaulustige Fußgänger und genervte Anwohner.

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„Die Autofahrer sind sehr unsicher und bleiben auch einfach mal stehen“, sagt Karl-Heinz Binder. Er wohnt seit 35 Jahren an der Bernhardstraße. Bereits nach 30 Minuten neuer Verkehrsregelung sei es seinen Beobachtungen zufolge zum ersten Unfall mit einem Radfahrer gekommen. Binder: „Die abknickende Vorfahrtsstraße ist ein Problem. Direkt vor meinem Haus steht eine Straßenlampe, die mir das Ausparken mit meinem großen Wagen enorm erschwert – gerade, weil die Autofahrer sehr ungeduldig sind und sofort mit Hupen anfangen.“ Das einzig Positive sei, dass der stehende Verkehr deutlich weniger geworden wäre.

Kreuzungsverkehr Video: Singler, Julian

Fußgängerampeln werden ignoriert

Theresia und Helmut Beckeler sind Nachbarn von Karl-Heinz Binder. „Die beiden Fußgängerampeln, die aufgestellt wurden, werden fast überhaupt nicht genutzt. Stattdessen laufen die Leute quer über die Straße. Von unserer Straße kommend darf derzeit nicht links abgebogen werden, doch viele machen es trotzdem“, erklären die beiden. Morgens herrsche besonders viel Chaos.

Teuta Laci arbeitet nur einige Meter entfernt – im Friseurladen direkt an der Kreuzung. „Es ist schlimmer als vorher“, sagt sie und ergänzt: „Manche verstehen die momentane Verkehrsregelung nicht, auch unsere Kunden sprechen über das Thema.“ Autofahrer Günter Meyer dagegen wirkt gelassen. „Ich fahre um 6 Uhr und gegen 16 oder 17 Uhr hier entlang. Zuletzt war Chaos, aber jetzt hat es sich verbessert.“

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Dass die Verkehrsregelung am Bahnübergang alles andere als ideal läuft, meint eine Fahrradfahrerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. „Zurzeit steige ich immer ab und schiebe, alles andere ist mir zu riskant. Eine neue Ampelanlage wäre bestimmt auch nicht teurer gewesen, oder auch ein Kreisverkehr wäre eine alternative Lösung gewesen“, zeigt sie sich genervt. Es müsse erst etwas Passieren geben, damit an der neuen Regelung irgendetwas geändert würde, sagt sie etwas überspitzt. So wie die Radfahrerin sehen es viele, die an der Kreuzung entlang unterwegs sind und mit denen der SÜDKURIER gesprochen hat.

Gewöhnungsphase ist normal

Dietmar Gutermann vom Stadtbauamt dazu auf Nachfrage: „Eine abknickende Vorfahrtsstraße ist in vielen Köpfen nicht mehr präsent.“ Dass es eine Zeit lang dauere, bis die neue Verkehrsführung bei allen Teilnehmern ankomme, damit sei zu rechnen gewesen, so Gutermann. Allerdings wäre es doch verwunderlich, wie viele sich nicht an die Beschilderung halten würden. Erschwerend komme aber noch die Tatsache hinzu, dass die alten Markierungen nicht vollständig weggefräst werden konnten. Wenn es nass ist und spiegelt, seien diese teilweise noch erkennbar, man spricht dann laut Dietmar Gutermann von „Phantommarkierung“. Diese führten zusätzlich zu Irritationen. Vonseiten der Stadtverwaltung sind nun kleinere Nachbesserungen geplant – Gepaart mit der Hoffnung, dass sich alle Verkehrsteilnehmer so schnell wie möglich an die neue Situation gewöhnen und vorallem eins tun: Schilder lesen.

Kreuzungsverkehr Video: Singler, Julian

 

Gutenbergstraße: Hier hat man Vorrang

Die Gutenbergstraße führt in Richtung Markdorf-Süd.
Die Gutenbergstraße führt in Richtung Markdorf-Süd. | Bild: Singler, Julian

Situation 1: Fahrschullehrer Martin Obser erklärt, dass für die Vorfahrt immer entscheidend ist, woher man kommt, und nicht, wohin man fährt. "Kommen sich Autofahrer entgegen, die sowohl auf der Gutenbergstraße und der Ensisheimer Straße unterwegs sind, gilt rechts vor links. Beide Straßen sind Vorfahrtsstraßen", erklärt er.

SÜDKURIER-Fazit:

  • Die Gutenbergstraße ist eine Vorfahrtsstraße.
  • Bahnübergang und Autofahrer, die aus der Bernhardstraße verbotenerweise links in die Gutenbergstraße abbiegen, sind größte Gefahrenquelle.
  • Auf Radler und Fußgänger achten.

Ensisheimer Straße: Radfahrer gefährdet

Die Ensisheimer Straße, vom Bildungszentrum kommend, führt stadtauswärts.
Die Ensisheimer Straße, vom Bildungszentrum kommend, führt stadtauswärts. | Bild: Singler, Julian

Situation 2: "In der Ensisheimer Straße stellt der Fahrradweg eine Gefahr dar", sagt Fahrschullehrer Martin Obser. Er ergänzt: "Autofahrer müssen beim Abbiegen aufpassen, dass sie die Radler und Fußgänger im Blick haben. Wer vom Bildungszentrum kommt und rechts in die Gutenbergstraße abbiegen möchte, muss zuerst die Fahrradfahrer und Fußgänger vorbeilassen."

SÜDKURIER-Fazit:

  • Die Ensisheimer Straße ist eine Vorfahrtsstraße.
  • Rechtsabbiegen in die Gutenbergstraße ist die größte Gefahrenquelle.
  • Fahrradfahrer sowie Schulkinder und ältere Menschen sind besonders gefährdet.

Heggelinstraße: Keine Vorfahrt

Wer auf der Heggelinstraße unterwegs ist, fährt in Richtung Stadtmitte.
Wer auf der Heggelinstraße unterwegs ist, fährt in Richtung Stadtmitte. | Bild: Singler, Julian

Situation 3: Wegen der gefährlichen Kreuzung am Bahnübergang verweist Martin Obser auf Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung: ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. "Diese Grundregel vergessen viele. Im Zweifelsfall sollte ich nicht auf das eigene Recht bestehen, sondern auch mal darauf verzichten, wenn es der Sicherheit dient", so Obser.

SÜDKURIER-Fazit:

  • Die Heggelinstraße ist eine Nicht-Vorfahrtsstraße.
  • Beim Rechtsabbiegen auf überquerende Fußgänger, insbesondere Schulkinder und ältere Menschen, achten.
  • Auf Fahrradfahrer, die um die Kurve fahren, achten.

Bernhardstraße: Nicht links abbiegen

Auf der Bernhardstraße geht es Richtung Bildungszentrum und Friedrichshafen.
Auf der Bernhardstraße geht es Richtung Bildungszentrum und Friedrichshafen. | Bild: Singler, Julian

Situation 4: Hier darf derzeit nicht links in die Gutenbergstraße abgebogen werden. Einige Autofahrer machen das trotzdem. Obser: "Viele sind die alte Regelung gewohnt, die Neuregelung muss erst zur Routine werden. Auf der Bernhardstraße hat man keine Vorfahrt mehr. Kommen sich zwei Autofahrer auf Nicht-Vorfahrtsstraßen entgegen, gilt ebenfalls rechts vor links."

SÜDKURIER-Fazit:

  • Die Bernhardstraße ist eine Nicht-Vorfahrtsstraße.
  • Das Verbot des Linksabbiegens wird oft missachtet.
  • Manch ein Autofahrer hat wenig Geduld. Es wird schnell gehupt, was andere Verkehrsteilnehmer nervös macht.