Aus Darmstadt berichtet Helmar Grupp

Darmstadt/Immenstaad – Nach zwölfjähriger Reise durchs Weltall, bahnbrechenden Umrundungen des Kometen Churyumov-Gerasimenko und dem erstmaligen Aufsetzen eines Landegerätes auf der Oberfläche eines solchen Himmelskörpers feiert man bei der europäischen Weltraumagentur Esa das furiose Finale der Kometenmission Rosetta. Am Freitagmittag landete die von Airbus DS in Immenstaad entwickelte und gebaute Raumsonde auf der staubigen Oberfläche von „Chury“ – rund 570 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt.

Mehr als 200 Medienvertreter aus aller Welt verfolgten im europäischen Satellitenkontrollzentrum Esoc der Esa in Darmstadt das letzte spektakuläre Flugmanöver von Rosetta, gesteuert von den Experten im Kontrollraum in Darmstadt.

An den Rand des Sonnensystems

Nach ihrer zwölfjährigen Mission in den Weiten des Weltalls, die sie bis an den Rand des Sonnensystems führte, hat Rosetta die Erkenntnisse der Wissenschaft über Kometen revolutioniert. Nicht nur knapp acht Milliarden Kilometer ist die Sonde gereist, sondern auch 4,6 Milliarden Jahre – zurück in die Entstehungszeit unseres Sonnensystems. Denn Kometen wie „Chury“ haben das Urmaterial des Universums konserviert. Sie sind kosmische Gefrierschränke, weil sie, anders als Planeten, keinen geologischen, chemischen und biologischen Veränderungsprozessen unterworfen sind. Sie sind zu kalt und ihre eigene Schwerkraft ist zu gering. Wie war die Materie beschaffen, als das Sonnensystem entstand? Brachten Kometen einst auch die Bausteine des Lebens auf die Erde? Diesen Fragen kann sich die Wissenschaft künftig zuwenden, denn die Daten von Rosettas Lander Philae und von Rosetta selbst werden ihr helfen, darauf Antworten zu finden.

Mit Schrittgeschwindigkeit näherte sich Rosetta seit Donnerstagnacht dem Kometen, auf dem sie am Freitag um 12.39 Uhr MEZ sanft in einer Senke aufsetzen soll. 40 Minuten später überschwänglicher Jubel im Konferenzsaal des Esoc: Vertreter der Esa, der Industrie und der Raumfahrtpolitik jubeln, als das Signal vom Aufsetzen der Sonde die hunderte Millionen Kilometer zur Erde zurückgelegt hat.

Ein bewegender Moment

Ein bewegender Moment auch für Gunther Lautenschläger und Rainer Best. Lautenschläger ist aktueller Projektleiter für Rosetta bei Airbus in Immenstaad, Best sein Vorgänger, der ihm bei seinem Eintritt in den Ruhestand Ende 2008 die Verantwortung übergeben hat. „Rainer Best hat das Projekt überhaupt erst zu einem Erfolg gebracht“, sagt Lautenschläger: „Er hat die Mission für Airbus auf den Weg gebracht.“ Best selbst ist mit „einem guten Bauchgefühl“ nach Darmstadt gekommen.

Rosetta, sagt Best, habe als jahrelang autonom fliegende Sonde Raumfahrtgeschichte geschrieben. Nun hat sie ihre letzte Ruhestätte gefunden, auf dem Kometen, mit dem sie so innig verbunden war. „Ein Missionsende mit Ausrufezeichen“, wie auch Immenstaads Standortleiter Eckard Settelmeyer findet.

Rosetta

Ein Stein in Ägypten, den napoleonische Soldaten 1799 während ihrer Besetzung Ägyptens nahe der Stadt Rosetta (heute Al-Rashid) im Nildelta fanden, war Namensgeber für die Kometenmission. Mit diesem Stein ist es dem französischen Jean-Francois Champollion gelungen, das Geheimnis der ägyptischen Hieroglyphen zu entschlüsseln. (gup)