Gemeinsames Musizieren vor erwartungsvollem Publikum war nach Wegfall der Pandemiebeschränkungen endlich wieder möglich, die Zeiten des einsamen Vor-Sich-Hin-Spielens im heimischen Kämmerlein waren vorbei. So war dieses Konzert beherrscht von dem Eindruck, dass zahlreiche Musiker aus allen Ecken und Enden der Region den entschlossenen Aufbruch aus dem Alleinspielen wagen und sich mit vielen anderen zum musikalischen Miteinander treffen wollten.

Dieses Motiv passte fein zum Frühjahr, der Jahreszeit des wiederbelebten Neuanfangs. Dem entsprechend hatte Udo R. Follert als Musicus Rector und humorvoll-geistreicher Moderator seine rund 40 Mitwirkenden altersgemäß zu drei Blumensträußen gebündelt: die Jüngsten als „Maiglöckchen“, gefolgt von den „Narzissen“ und zuletzt den „Pfingstrosen“. So versammelte sich Jung und Alt, im Solo oder im Ensemble, als Schüler oder weit Fortgeschrittene, ausgerüstet mit einem Dutzend verschiedener Instrumente, zu einem Programm mit einer bunten Blühmischung aus musikalischen Epochen und Genres, so überbordend, dass Follert sich in der Konzertpause veranlasst sah, einige Beiträge scherzend auf das Frühjahr 2023 zu verschieben. „Mir ist da statt eines Konzerts ein ganzes Festival unterlaufen“, kommentierte er mit feiner Selbstironie die Situation.
Die „Maiglöckchen“ stammten meist aus nahegelegenen Saatbeeten wie den Musikschulen Überlingen, Meersburg und Konstanz, dem Musikdienst der Schule Schloss Salem unter Anleitung der Pianistin Chiaki Nagata, der Heiligenberger Flötenschule von Uta Helene Follert und der Trommlerklasse von Angela Boemans. Die Blütenkette spannte sich von Friederike Dahmen-Wassenbergs kleiner Bach-Invention über afrikanische Trommelrhythmen bis zu Emilia und Caspar Heidenreichs pianistischem „Regenspiel“.

Unter den „Narzissen“ ragten etwa der Vibraphonist Anton Hirschmüller oder Viktoria Peter aus der Klavierklasse Alexander Burdenkos mit Mendelssohns „Frühlingslied“ heraus. Und im Bukett der späten „Pfingstrosen“ fanden sich musikalische Edelgewächse wie Elke Schaar und Felizitas Rodach-Kettern mit einem lebhaften Satz aus Antonin Dvoráks Sonate für Violine und Klavier G-Dur. Für etliche Zwischenspiele sorgten die „Querulanten“, ein Querflöten-Ensemble unter Leitung von Uta Helene Follert, das auch mal eben aufs Gemshorn umstieg und meist von Udo R. Follert am Flügel umrankt wurde.

Der Abschluss blieb dem Gemischten Chor mit Maria Brommer vorbehalten. Ihm gelang es, auch das gut unterhaltene Publikum im vollbesetzten Saal mit einigen populären Lenzliedern in die sängerische Gemeinsamkeit hineinzulocken. Gabriele Heidenreich als MuK-Vorstand dankte dem Moderator mit Wein für sein arbeits- und ergebnisreiches Wirken im Hinter- und Vordergrund der Blumenrabatten.

Zu Person und Verein
- Udo R. Follert, geboren 1943 im thüringischen Bad Köstritz, in direkter Nachbarschaft zum dortigen Heinrich-Schütz-Haus (Heinrich Schütz war Komponist des Frühbarocks); Studium an der Kirchenmusikschule Eisenach; zwei Tage vor dem Mauerbau 1961 Übersiedelung nach Westdeutschland; Studium an der Rheinischen Kirchenmusikschule Düsseldorf und an der Kölner Musikhochschule; Examina als A-Musiker, im künstlerischen Orgelspiel und als Kapellmeister; langjährige Kirchenmusikleitungen im rheinischen Leichlingen und im westfälischen Halle; Lehraufträge für Orgelimprovisation und Partiturspiel an den Musikhochschulen Köln beziehungsweise Heidelberg; 1986 Gründer der Internationalen Draeseke-Gesellschaft; von 1987 bis 2008 Landeskirchenmusikdirektor (LKMD) der Evangelischen Kirche der Pfalz; aus privaten Gründen Übersiedelung nach Heiligenberg; auch im Ruhestand vielfältig musikalisch tätig, etwa im Kammermusikduo mit seiner Frau Uta Helene Follert oder als Arrangeur und Komponist.
- Der Verein Musik und Kultur Heiligenberg, gegründet 2013 im Zusammenwirken mit der Künstlerinitiative Aller-Art, hat das Ziel, das kulturelle Leben mit niveauvollen Projekten zu bereichern. Der Verein hat rund 40 Mitglieder. Gabriele Heidenreich ist Vorsitzende, Udo R. Follert wirkt im Vorstand als musikalischer Berater. Die Aktiven sind ehrenamtlich tätig, für die Konzerte im Sennhof verzichtet die Gemeinde auf eine Saalmiete. Weiterer Konzertort ist die Betenbrunner Wallfahrtskirche. Der Verein versucht, sieben bis zehn Veranstaltungen pro Jahr zu realisieren.