In der ersten Klimabilanz steckte eine Überraschung: Den höchsten Anteil an klimaschädlichen Emissionen im Betrieb der Zeppelin-Universität (ZU) verursachten Flugreisen der Wissenschaftler. 2019 machten sie 45 Prozent aus. „Wir haben die Daten aus den Jahren 2017 bis 2019 zugrunde gelegt, da die Jahre 2020 und 2021 wegen Corona erheblich vom Normalbetrieb abwichen“, erklärt Fabian Sennekamp. Neben den Dienstreisen schlugen Heizung und Stromversorgung des Campus am Fallenbrunnen mit einem Drittel zu Buche, der Rest entfiel auf die Versorgung des Seecampus und Treibstoffe für Dienstfahrzeuge.

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Fabian Sennekamp (links) ist Nachhaltigkeitsbeauftragter an der Zeppelin-Universität, Johanna Nagel (Mitte, per Video zugeschaltet) arbeitet als studentische Hilfskraft im Zukunftsbüro und Moritz Schön ist der amtierende studentische Vizepräsident. | Bild: Corinna Raupach

Sennekamp ist Nachhaltigkeitsbeauftragter der Uni. Zusammen mit der Arbeitsgruppe „Nachhaltige ZU“ und dem Zukunftsbüro ist es sein Job, die ZU auf dem Weg in die Klimaneutralität voranzubringen. Bis 2035 soll der gesamte Betrieb klimaneutral sein. „Immer mehr Kollegen und Studierende wollten etwas in die Richtung machen, es gab auch immer wieder einzelne Nachhaltigkeitsprojekte“, erzählt er. Um diese Bestrebungen zu verstetigen, wurde 2017 das Zukunftsbüro gegründet und 2019 die Arbeitsgruppe „Nachhaltige ZU“.

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Bahnfahrten ersetzen Kurzstreckenflüge

Reisegewohnheiten zu ändern, erwies sich als Herausforderung. Die Forschenden seien auf den Besuch von Tagungen und Kongressen angewiesen, erklärt Sennekamp. Eine Prüfung ergab, dass 80 Prozent der Flüge innerhalb von Europa getätigt wurden. Eine neue Reiserichtlinie verbietet jetzt Kurzstreckenflüge und macht das Bahnfahren attraktiver.

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Trotzdem habe es Proteste gegeben. „Da hat es geholfen, dass Verwaltung und Präsidium hinter uns standen“, sagt er. Einige Kollegen hätten sogar die Vorteile des Bahnreisens entdeckt, da sie im Zug besser arbeiten könnten als im Flugzeug. Einfacher und auf mittelfristige Sicht sogar kostengünstig waren die Umstellung der Leuchtmittel auf LEDs, die Installation von Bewegungsmeldern und die Anschaffung abschaltbarer Steckdosenleisten.

„Es geht immer auch darum, Bewusstsein bei allen Beteiligten zu schaffen, zum Beispiel Energieverluste durch Stand-by-Betriebe zu vermeiden.“
Fabian Sennekamp, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Zeppelin-Universität

Elektroautos zum Pendeln zwischen den Standorten

Seit 2019 bezieht die Uni Ökostrom aus Wasserkraftwerken in Vorarlberg. Geheizt wird im Fallenbrunnen über das Blockheizkraftwerk des Stadtwerks am See, im Seecampus mit einer Gastherme. „Geplant ist für den Campus am Fallenbrunnen, im Rahmen der Dachsanierung Fotovoltaik zu installieren. Das kann eine große Anlage werden, mit der wir einen Großteil unseres Stroms selbst produzieren“, sagt Sennekamp. Über Solarpanels auf dem Dach des Seecampus verhandle die ZU mit dem Vermieter.

Für eine Solaranlage auf dem Dach des Seecampus, wo Fabian Sennekamp (links) und Moritz Schön hier stehen, verhandelt die ZU mit dem ...
Für eine Solaranlage auf dem Dach des Seecampus, wo Fabian Sennekamp (links) und Moritz Schön hier stehen, verhandelt die ZU mit dem Vermieter. | Bild: Corinna Raupach

Auch das Pendeln zwischen beiden Standorten soll ökologischer werden. Dafür stellt die Uni den Mitarbeitern zwei Elektroautos mit Ladesäulen zur Verfügung, seit 2019 bietet sie E-Bikes als Jobräder zum Leasen an. Für Studenten gibt es außer überdachten Fahrradstellplätzen das Campusmobil-Carsharing mit Elektrofahrzeugen.

Energie ist aber nur ein Thema. Klimaneutralität und Nachhaltigkeit sollen vermehrt in Lehre und Forschung Eingang finden. Die Uni sucht den Austausch mit regionalen Akteuren wie Stadt, Landkreis und Firmen, beteiligt sich an Aktionen wie Stadtradeln und bietet ihrerseits Veranstaltungen und Vorträge zum Thema. Forschungen, etwa zu klimaangepasster Stadtplanung, sollen direkt der Stadtentwicklung zugutekommen.

Für das Pendeln zwischen den zwei Standorten hat die ZU zwei Elektrofahrzeuge angeschafft.
Für das Pendeln zwischen den zwei Standorten hat die ZU zwei Elektrofahrzeuge angeschafft. | Bild: Corinna Raupach

Kaffee aus fairem Handel und in Porzellantassen

Auch was auf dem Campus konsumiert wird, soll nachhaltig sein. „Wir sind seit 2017 Fairtrade-Uni. Dafür müssen wir fünf Kriterien erfüllen, die alle zwei Jahre überprüft werden“, sagt Johanna Nagel, die als studentische Hilfskraft im Zukunftsbüro arbeitet. Der Kaffee in der Mensa und in den Kaffeeautomaten auf dem Gelände stammt ausschließlich aus fairem Handel – das sind allein in den Automaten sechs Zentner im Jahr. Die Snackautomaten führen neben handelsüblichen auch fair gehandelte Produkte.

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Viel getan hat sich in der Mensa: Fleisch und Gemüse kommen aus der Region, der Menüplan ist saisonal gestaltet. „Es gibt eine Steuerungsgruppe, die sich zu Beginn und zum Ende des Semesters trifft und überlegt, was noch besser sein könnte“, sagt Nagel. So wurde das in der Corona-Zeit eingeführte Bestellsystem beibehalten: Da die Küche vorher weiß, wie viele Personen was essen möchten, kann sie den Einkauf entsprechend gestalten. „Es gibt kaum Essensreste“, hat Nagel beobachtet.

Täglich wird ein vegetarisches oder veganes Gericht angeboten, das etwas günstiger ist als das Fleischgericht.
Täglich wird ein vegetarisches oder veganes Gericht angeboten, das etwas günstiger ist als das Fleischgericht. | Bild: Corinna Raupach

Auch Einwegbecher für Kaffee zum Mitnehmen sind abgeschafft. „Wir haben umgestellt auf Porzellantassen, die haben eine ganz andere Langlebigkeit“, sagt Moritz Schön. Als studentischer Vizepräsident gehört er der Arbeitsgruppe „Nachhaltige ZU“ an. Seiner Ansicht nach hat die ZU schon viel geschafft. „Wir haben das Glück, dass wir eine geisteswissenschaftliche Universität sind. Wir haben Bibliotheken, aber keine Labore und Werkstätten.“ Einen weiteren Vorteil sieht er darin, dass die ZU verhältnismäßig klein sei, was die Kommunikation erleichtere.

Vieles bleibt trotzdem noch zu tun: ein betriebliches Energiemanagementsystem soll die kontinuierliche Prüfung der Energiedaten weiterentwickeln. „Längerfristig wollen wir Stromspeicher für die Fotovoltaik mitdenken – im August wird viel Solarstrom produziert, das ist aber ein Schwachlastmonat bei uns“, sagt Fabian Sennekamp. Der Papierverbrauch soll zurückgehen – zwar nutzt die ZU Recycling-Papier, davon aber noch rund 800.000 Blatt im Jahr. Die Mensa überlegt, die mit den angebotenen Gerichten verbundenen Treibhausgasemissionen im Speiseplan auszuweisen. Auch eine weitere Betriebspause wird diskutiert – noch stehen die Räume bis auf die Zeit zwischen Weihnachten und Dreikönigstag rund um die Uhr zur Verfügung.