Das gab es an der Claude-Dornier-Schule (CDS) noch nie: Mitten im Schuljahr mussten zwei neue Klassen eröffnet werden. Grund dafür ist der nicht nachlassende Zustrom von jungen Menschen, die wegen Krieg, Gewalt oder Armut ihr Heimatland verlassen. Die meisten von ihnen sprechen kein Deutsch, weshalb sie in sogenannten VABO-Klassen unterkommen. Dort werden sie intensiv in der Landessprache unterrichtet.
Einer, der sich um den Zuwachs kümmert, ist Schulleiter Stefan Oesterle. Lehrkräfte für die neuen Klassen zu finden, sei eine Mammutaufgabe gewesen, erzählt er. „Der Lehrermangel zeigt sich überall.“ Über einen Vertretungspool des Landratsamts habe er schließlich zwei Lehrerinnen gefunden, die nun das Team verstärken. Darauf sei er stolz, sagt Oesterle. „Aber jetzt sind wir an unserer Kapazitätsgrenze angelangt.“

Den organisatorischen Teil des Projekts haben Carolin Tröppner und Sara Wagner übernommen. Beide Lehrerinnen unterrichten selbst in den VABO-Klassen. Obwohl sie sich über den Zuwachs freuen, sei der Schulalltag nicht immer einfach. Carolin Tröppner: „Es ist teilweise frustrierend. Wir investieren so viel Mühe und Überstunden. Trotzdem wird es nicht so wertgeschätzt, was wir alles stemmen.“

Die Sehnsucht nach Hause
Laut der Lehrerin erkennen viele Schüler nicht, welch große Chance ihnen eine Ausbildung in Deutschland ermöglicht. „Die Lernbereitschaft ist oft gering“, ergänzt Stefan Oesterle. Warum das so ist, erklärt sich der Schulleiter mit folgender Vermutung: „Besonders ukrainische Geflüchtete begreifen noch nicht, dass sie nicht in zwei bis drei Monaten wieder nach Hause können.“ Nicht zuletzt deshalb sei der Unterricht sehr herausfordernd.
Etwas andere Erfahrungen macht Almut Albrecht. Die Klassenlehrerin der VABO-4 berichtet, dass die Lernbereitschaft ihrer Schüler sehr unterschiedlich sei. „Es gibt sehr Motivierte, die jeden Tag mitarbeiten.“ Aber eben auch diejenigen, die sich nur sehr sporadisch am Unterricht beteiligten. Neben dem Traum von der Rückkehr spiele natürlich auch die Sprache eine Rolle. Albrecht: „Um etwas zu erklären, behelfe ich mir oft mit einem Online-Übersetzungsprogramm.“ Auch die verschiedenen Lernniveaus zusammenzubringen, sei herausfordernd, ergänzt die Lehrerin.

Wie geht es den Schülern?
Omar Alshammaa aus Syrien ist einer der neuen Schüler. Obwohl er die Sprache erst seit Februar intensiv lernt, erzählt der 18-Jährige seine Geschichte fast ausschließlich auf Deutsch. Er würde später gern Pharmazie studieren, sagt er. „Oder Fußball spielen bei Borussia Dortmund.“ Etwas anderes will der junge Mann noch loswerden: Bei seinen deutschen Freunden nenne er sich mittlerweile nicht mehr Omar, sondern Oskar. Warum das denn? „Weil Omar wie Oma klingt“, so der 18-Jährige lachend.

Maria Potopalska besucht aktuell die VABO-1 der Claude-Dornier-Schule. Vor etwa einem Jahr ist die 18-Jährige aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet, wie sie erzählt. Ihr Ziel sei es, im Sommer eine Deutschprüfung abzulegen und danach ein Studienkolleg zu besuchen. „Später möchte ich Ingenieurwesen studieren“, sagt Potopalska. Auf ihre Zukunft fühle sie sich durch den Unterricht an der CDS gut vorbereitet.
VABO-Lotsen als wichtige Ansprechpartner
Doch junge Menschen, die nach Deutschland kommen, brauchen mehr als nur Unterricht. Sie brauchen Unterstützung im Alltag und eine Perspektive. Für diese Fragen steht Johannes Fischinger in engem Kontakt zu den Schülern. Der Schulsozialarbeiter ist als sogenannter VABO-Lotse für alle neun Klassen des Berufsschulzentrums zuständig. Dabei unterstützt er sie in den verschiedensten Belangen – egal ob schulisch, beruflich oder persönlich.

Kamerun, Italien, Afghanistan, Ukraine: In den VABO-Klassen des Berufsschulzentrums lernen Menschen aus 20 Ländern gemeinsam Deutsch. Nicht zuletzt wegen kultureller Unterschiede sei es enorm wichtig, dass sie sich untereinander kennenlernen, betont Kollege und Teamleiter Sascha Igel. Durch gemeinsame Aktionen wie Klettern, Gruppenarbeiten oder eine Stadtrallye werde der Zusammenhalt gestärkt.
Dass die Integration der Schüler in den Arbeitsmarkt gelingen kann, weiß Sascha Igel: „Ein junger Mann ist den ganzen Weg von der VABO-Klasse bis zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung als KFZ-Mechatroniker gegangen. Jetzt betreut er sogar selbst einen Praktikanten.“