Erst ein prüfender Blick: Ist die Gruppe hinter ihm bereit, sind die Autofahrer langsam genug, haben sie den Lotsen gesehen? Dann stellt sich Franz Josef Hagel in gelber Weste und gelber Mütze an den Zebrastreifen und hält den Verkehr an. Hinter ihm überqueren die anderen Seniorenlotsen die Zufahrt zum Ailinger Kreisverkehr. Bei der nächsten Straße wechseln sie: Hartmut Butz lotst seine Kollegen, danach ist Gerhard Buck an der Reihe – die Ailinger Seniorenlotsen absolvieren vor Beginn ihres Dienstes eine Schulung.
Ab 18. September sind die Helfer im Einsatz
Ab Montag werden sie Schülern am Ailinger Kreisel und in Berg über die Straße helfen. Oberkommissar Dietmar Meisohle vom Polizeipräsidium Ravensburg ruft ihnen die wichtigsten Regeln in Erinnerung: „Immer mit dem Rücken zum Zebrastreifen stehen, die Arme ausbreiten und die Kelle waagerecht halten“, zählt er auf und verweist auf den Wert der reflektierenden Schutzkleidung. „Damit können die Autofahrer Sie 160 Meter weit sehen.“ Er hat einen Karton voll Westen und Mützen mitgebracht, aber die Anwesenden sind alle schon ausgestattet. Er dankt den Lotsen für ihr Engagement: „Wir hatten im vergangenen Jahr 37 Schulwegunfälle. Die Stellen, an denen Sie lotsen, waren in allen Jahren unfallfrei. Wertvoller geht es nicht“, lobt er. Kinder seien keine kleinen Erwachsenen und könnten Geschwindigkeiten und Entfernungen noch nicht einschätzen.

Die Lotsen arbeiten ehrenamtlich, jeweils im Frühjahr lädt die Gemeinde sie für ihren Einsatz zum Dankeschön-Café ein und alle paar Jahre gibt es eine Fahrt ins Blaue. „Dieses Engagement ist nicht selbstverständlich“, sagt Organisatorin Angelika Drießen. Sie geht mit den Helfern den Dienstplan durch. In den nächsten sechs Wochen stehen die Lotsen täglich von 7.40 bis 8.20 Uhr und von 11.35 bis 12.10 Uhr an den Straßen. „Das Team hier ist absolut zuverlässig. Wenn mal jemand ausfällt, sorgt er selbstständig für eine Vertretung“, sagt sie.

An den Freitagen wird Margret Meschenmoser morgens und mittags am Kreisel stehen. „Freitag ist mein Tag, alles andere teile ich mir entsprechend ein“, erzählt sie. Sie ist 77 Jahre alt und schon seit zwölf Jahren Seniorenlotsin in Ailingen. „Ich habe Kinder und Enkel. Wir sind immer gut durchgekommen, dafür bin ich sehr dankbar. Jetzt möchte ich etwas zurückgeben“, begründet sie ihr Engagement. Mit den Kindern kommt sie gut zurecht. „Wir haben gut zu tun, aber es ist auch lustig.“ Viele Kinder bedankten sich sogar. Sie hat festgestellt, dass in den vergangenen Jahren wieder mehr Kinder zu Fuß in die Schule gehen. „Es gibt auch mehr Mütter, die ihre Kinder begleiten.“

Heinz Ewald hatte sich schon vorgenommen, einen Dienst an der Allgemeinheit zu leisten, ehe er in den Ruhestand ging. Seniorenlotse zu werden, kam ihm gerade recht. „Ich bin jetzt im fünften Jahr dabei, erst habe ich in Ailingen gelotst und jetzt in Berg, weil ich dort wohne“, sagt er. Ihm macht sein Ehrenamt Spaß. „Man muss die Kinder schon genau im Auge behalten. Aber nach zwei bis drei Tagen wissen sie, wie es läuft, und folgen unseren Anweisungen“, erzählt er. Schlechtes Wetter kennt er nicht. „Ich habe Jacken in leuchtenden Farben und wenn es wirklich stark regnet, stehe ich mit einem großen Regenschirm hier“, erzählt er. Er hat zwar immer wieder Autofahrer beobachtet, die zu schnell unterwegs waren, doch die positiven Erfahrungen überwiegen.