Auf seine Liebeserklärung hin kassiert der Held erst mal eine Ohrfeige. Den Zahlkellner Leopold schreckt das nicht ab. Er singt, intrigiert, arrangiert heimliche Treffen im Kuhstall und kümmert sich um die Gäste – doch es hilft ihm nicht. Als er sich weigert, seinem Rivalen Dr. Siedler Blumen aufs Zimmer zu stellen, feuert ihn die verehrte Wirtin. Daraufhin singt er zunächst: „Zuschaun kann i ned“. Dann zieht er andere Register: „Es hat sich ausgeleopoldet!“ Er trinkt selbst und trägt dem Lehrkellner Gustl sein Testament vor: „Beim ersten Rufen kommst du nie. Wenn ein Gast besonders penetrant ans Glas klopft, sagst du: Kollege kommt gleich. Bei Gästen wie Herrn Dr. Siedler immer ein bisschen Suppe über die Krawattn gießen und den Rest hinten rein.“ Gustl versichert: „Sie können sich auf mich verlassen.“ Währenddessen zückt ein Männerchor rot karierte Taschentücher zur Verabschiedung.
Das Musiktheater Friedrichshafen probt für die Premiere von „Im weißen Rössl“ am Sonntag. „Seid ruhig ein bisschen schadenfroh, manche freuen sich vielleicht, dass der Leopold geht“, ermutigt Regisseurin Annette Lubosch ihre Sänger. Den Dialog von Leopold und Gustl wünscht sie sich noch knackiger. Die Häfler Aufführung verleiht der luftigen Geschichte um den Zahlkellner Leopold, Wirtin Josepha und Anwalt Dr. Siedler eine Extraportion Ironie. Siedler reist in einem aufblasbaren Einhorn an, stellt sich als „Anwalt, aber ehrlich“ vor und wenn es dramatisch wird, seufzt es auf der ganzen Bühne.
Namhafte Solisten wirken mit
In der Endphase proben auch die Solisten mit. Den Leopold gibt Richard Wiedl, preisgekrönter Tenor, Moderator und Mitgründer der Bayerischen Kammeroperette. „Der Leopold hier ist ein Mann mit Lebenserfahrung, den es zum ersten Mal richtig erwischt. Erst versucht er sich als Frauenversteher, dann wird er zum Macho. Wir spielen da mit dem Gendern, mit den Geschlechterrollen und der aktuellen Diskussion“, sagt Wiedl. Er mag die Rolle, weil der Leopold viele Facetten hat. „Er ist auch ein Kumpel, auf den man sich verlassen kann.“ Besonders reizt Wiedl an seinem Gastspiel, dass er zum ersten Mal mit seiner Schwester Theater spielt. Angela Wiedl machte als Volksmusikstar zahlreiche CD- und Fernsehaufnahmen, bekam als einzige Frau in diesem Genre einen Echo und wirkt in der Häfler Aufführung als Special Guest mit. „Einmal Kaiser sein, wer wollte das nicht“, sagt sie. Sie wird als Franz Josef I. alle Verwirrungen zum guten Ende bringen: „Dass ich in eine Männerrolle schlüpfe, ist für mich neu. Der Kaiser ist charmant, volksnah, lustig und er durchschaut die Situation.“ Für ihren mühelos gejodelten Ruf aus den Bergen bekommt sie spontanen Applaus.
Sopranistin Elke Kottmair, langjähriges Mitglied der Dresdner Staatsoperette, ist als Josepha zu sehen. Den Berliner Fabrikanten Wilhelm Giesecke singt und spielt Bariton Torsten Frisch. Er bezweifelt die Vorzüge des Salzkammerguts gegenüber dem Berliner Grunewald und fügt sich mit einer Geranie auf dem Kopf ins Bühnenbild ein, wenn er gerade nicht singt. Die energische Fabrikantentochter Ottilie gibt die Mezzosopranistin und Schauspielerin Maria Helgath mit klarer Stimme und viel Temperament. Der umschwärmte Dr. Siedler alias Tenor Christian Sturm erliegt ihrem Charme auf der Stelle. Während ihres offensiven Flirts singen sie „Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“ und stehlen schließlich die Tischdecke des Lokals, um ihre Zweisamkeit hinter einem improvisierten Vorhang zu verbergen. „Ist das überhaupt noch jugendfrei?“, fragt Annette Lubosch.
Seit Oktober hat Marita Hasenmüller die Parts mit dem Chor einstudiert. „Zuerst mussten wir der Musik gegenüber Vorurteile abbauen. Wir haben dann schnell gemerkt, dass sie ganz tolle Stellen enthält. Es muss alles klingen, als wäre es leicht, aber es gibt echte Herausforderungen wie plötzliche Harmonie- und Tempowechsel“, sagt sie. Dazu kommt, dass die Sänger im Chor normalerweise stehen und ihre Noten vor Augen haben. Hier singen sie auswendig und bewegen sich dabei. Marita Hasenmüller hofft, dass die Zuschauer sich auf die unbeschwerte Leichtigkeit des Stücks einlassen. „An diesem Abend können sie auftanken und die Seele baumeln lassen.“
Bei Evergreens wie „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist“ und „Die ganze Welt ist himmelblau“ werden die Sänger begleitet vom Ensemble Minifaktur unter der Leitung von Musikdirektor Pietro Sarno. Zwar garantiert das schlank besetzte Orchester einen durchsichtigen Klang, doch auch Sarno hat festgestellt: „Die Musik ist viel schwieriger, als sie sich anhört.“ Ihm gefällt, dass sie so vielseitig ist: „Es gibt Walzer darin, Melancholisches und beschwingte Marschmusik.“
Die Sänger des Musiktheaters genießen die Proben und beweisen viel Lust am Spiel. Christoph Osterried etwa mimt überzeugend einen Hahn, der morgens die Belegschaft im „Weißen Rössl“ weckt. Angelika und Ulrich Fischer treten in Fellhose und Maske als tanzende Kuh auf. „Es macht einfach großen Spaß“, sagt Angelika Fischer. Eine Sängerin ergänzt: „Dieses Stück tut so gut, gerade angesichts der aktuellen Nachrichten.“
Termine und Karten
- Das Musiktheater Friedrichshafen führt Ralph Benatzkys Operette „Im weißen Rössl“ am Sonntag, 26. März um 17 Uhr, am Samstag, 1. April um 19.30 Uhr sowie am Sonntag, 2. April um 17 Uhr im Graf-Zeppelin-Haus auf. Regie: Annette Lubosch; musikalische Leitung: Pietro Sarno; Chorleitung: Marita Hasenmüller
- Karten gibt es für 15 bis 45 Euro im Vorverkauf im GZH und über Reservix. Internet:http://www.musiktheater-friedrichshafen.de