Mittagessen im gut bürgerlichen Gasthaus Rebstock in Friedrichshafen. „Schwäbisch-deftig, das mag ich!“, verrät Marina Papadimitriou. Geboren wurde die 49-Jährige als Kind griechischer Gastarbeiter in Rottweil. Ihre Kindheit verbrachte sie als Mittlere von drei Schwestern in einer kleinen Gemeinde auf der Schwäbische Alb. Ihre Vita taugt als Paradebeispiel für gelungene Integration: Mittlere Reife, Ausbildung zur Kommunikationselektronikerin, Fachhochschulreife, eine weitere Ausbildung zur Jugend- und Heimerzieherin, schließlich berufsbegleitend ein Bachelor-of-Arts-Studium und anschließend Leitungspositionen im gehobenen Verwaltungsdienst.

Die Marina, die muss in die Vereine!

Zuhause wurde Griechisch gesprochen, im Umfeld Deutsch. „Mein Lehrer sagte meiner Mutter: Die Marina muss in Vereine, dort lernt sie alles!“, erinnert sich Marina Papadimitriou. DRK, Musikverein, Narrenzunft, später Rugby – sogar auf Bundesliga-Niveau, das sei pure Integrationsarbeit gewesen, so Papadimitriou. Hinzu kamen Lehrer, die sie förderten. Mit dem Deutschlehrer habe sie heute noch Kontakt. „Meine Eltern haben mich immer gestärkt, sie selbst hatten keine Chance auf Bildung“, sagt die 49-Jährige.

Kinder und Jugendliche durch gute Bildungs- und Betreuungsangebote so stärken, dass sie ihren Weg gehen können – das ist eines der Kernthemen der Frau, die vor ihren Chefposten in Jugendämtern und jetzt im Amt für Bildung, Betreuung und Sport in Friedrichshafen viele Jahre als Streetworkerin in der Stuttgarter Jugendarbeit unterwegs war.

Sie liebt es schwäbisch-deftig, hat aber griechische Wurzeln: Gemeinsam mit ihrer Familie, einer Lebensgefährtin, zwei Teenagern und ...
Sie liebt es schwäbisch-deftig, hat aber griechische Wurzeln: Gemeinsam mit ihrer Familie, einer Lebensgefährtin, zwei Teenagern und zwei Hunden, lebt Marina Papadimitriou in Obereisenbach. | Bild: Wienrich, Sabine

In Obereisenbach lebt sie mit ihrer Lebensgefährtin, zwei Teenagern und zwei Hunden zusammen. „Das ist meine absolute Wahlheimat, ich bin da so gut angenommen worden und die Liebe zu Tettnang und seinem Umland ist jetzt auch der Grund, warum ich mich für das Bürgermeisteramt bewerbe“, sagt sie und lacht. Tettnangs Sozialräume für alle besser machen, vom Baby bis zum Senior, das ist ihr ein großes Anliegen. „Eine gute Stadtentwicklung bildet die Basis für ein gutes Zusammenleben“, erklärt sie. In Zeiten kollabierender Gemeindehaushalte sei es umso schwieriger, das Leben für alle gut zu gestalten. „Ich stehe für eine zielorientierte Kommunalpolitik, denn es geht immer um ein transparentes Abwägen“, so die 49-Jährige.

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Wie bekommt man mehr Fachkräfte nach Tettnang?

Einerseits seien da die Pflichtaufgaben einer Gemeinde, zum Beispiel den Rechtsanspruch auf Krippen- und Kindergartenplätzen oder ab 2026 auch Ganztagsbetreuung an Grundschulen zu erfüllen. Andererseits herrsche besonders in Berufen der Pflege- und Sorgearbeit ein enormer Fachkräftemangel. „Dem können wir nur mit Freiwilligkeitsleistungen begegnen, die Tettnang attraktiver machen für Erzieher und Pflegekräfte“, ist sich Papadimitriou sicher. Dass sie effizient Verhandlungen über Finanzen führen kann, hat sie in Friedrichshafen mit der Zeppelin-Stiftung bereits mehr als einmal unter Beweis gestellt. Seitdem sie 2021 das Amt für Bildung, Betreuung und Sport übernommen hat, scheint besonders im Bereich der Kindergärten einiges voranzugehen.

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25 Prozent der Menschen in Tettnang sind Senioren

Dann wären aber auch noch die älteren Menschen. „In Tettnang leben 25 Prozent Senioren und seitdem das Sportzentrum geschlossen ist, fehlen ihnen die Begegnungsstätten“, sagt Papadimitriou. Zudem brächen in Tettnang mit der Schließung der Gaststätten Bäumle und Flieger Traditionen weg. „Wir müssen diese Lücken dringend füllen“, sagt sie. Ein weiteres Thema auf ihrer Agenda ist bezahlbarer Wohnraum, beispielsweise mithilfe einer Tettnanger Wohnungsbaugesellschaft. „Tettnang ist aber auch Land – und da entwickeln sich die Bevölkerungszahlen unterschiedlich“, erklärt die gebürtige Rottweilerin. Diesen Spagat zwischen unterschiedlichen Bedürfnissen gelte es zu schaffen.

Bild 2: Marina Papadimitriou will Bürgermeisterin in Tettnang werden
Bild: Marina Papadimitriou
„Die Chefsessel-Mentalität ist gar nicht meins.“
Marina Papadimitriou

Das Mittagessen im Rebstock ist beendet. Manchmal geht Marina Papadimitriou auch in den Schulmensen essen. „Diese Chefsessel-Mentalität ist gar nicht meins, ich will doch wissen, was die Kinder hier von uns auf den Teller bekommen, wie es schmeckt und was man verbessern muss“, sagt sie. Raus in den Lebensraum, an die Basis, zu den Menschen – das ist es, was die 49-Jährige lebt. Marina Papadimitriou muss gleich los, sie hat Wahlkampftermine. Da sie aus voller Überzeugung parteilos antritt, finanziert sie ihren Wahlkampf selbst. Vier Wochen frei hat sie sich dafür genommen, Oberbürgermeister Andreas Brand habe ihr die Unterstützung zugesichert. Am 12. März entscheidet sich, ob er eine der Schlüsselpositionen in der Friedrichshafener Verwaltung neu besetzen muss – oder ob Marina Papadimitriou der Zeppelinstadt erhalten bleibt.