Schon zwei Tage vorher ist Hans-Walter Vollert ganz aufgeregt. Die erste Hilfslieferung soll via Luftbrücke vom Bodensee-Airport in die Ukraine gehen. Genauer gesagt bis ins polnische Rzeszow, wo ein Transporter wartet, um das medizinische Material über die Grenze zu bringen. Ein Flug hinüber wäre zu gefährlich. „Wir hatten nach einem Weg gesucht, die Sachen schneller in die Ukraine zu schaffen“, erklärt der Chefarzt der Frauenklinik am Klinikum Friedrichshafen die Motivation. Er wurde bei der Firma Liebherr fündig, die einen Jet zur Verfügung stellt.

Seit Beginn des Krieges organisiert Vollert zusammen mit einem Ärzte-Ehepaar im Häfler Krankenhaus eine Hilfslieferung nach der anderen. Dank der persönlichen Kontakte von Daria Shchybria und Mykhailo Volianiuk zu einer Klinik in der Westukraine, wo sein Vater arbeitet, wissen sie jederzeit genau, was dort und hinter der Frontlinie gebraucht wird. „Wir bekommen jede Woche eine Liste und versuchen das zu besorgen und zu organisieren“, erklärt Vollert – von Verbandszeug über Medikamente bis zu OP-Bedarf. Ohne diesen persönlichen Bezug hätte er auch „nur“ Geld gespendet. Jetzt mausert sich der Chefarzt mehr und mehr zum Chef-Logistiker.

„Wir bekommen jede Woche eine Liste und versuchen das zu besorgen und zu organisieren.“Hans-Walter Vollert, Chefarzt der Frauenklinik am Klinikum Friedrichshafen
Trotzdem musste die erste Hilfslieferung per Flugzeug andere Wege nehmen als ursprünglich geplant. Obwohl sich Flughafen-Chef Claus-Dieter Wehr mit aller Kraft dafür eingesetzt hatte, den Lufttransport samt aller nötigen Papiere ab Friedrichshafen „auf die Schnelle“ genehmigt zu bekommen, klappte das bis Donnerstagvormittag nicht.

„Für das nächste Mal wissen wir, wie wir vorgehen müssen“, verweist Hans-Walter Vollert auf eine „steile“ Lernkurve. Da aber die Helfer in Rzeszow am Nachmittag warteten und auch der polnische Zoll sein Okay gegeben hatte, gingen die Hilfsgüter nahezu pünktlich, aber bei der Premiere von einem anderen Flugplatz auf die Reise.
Spendenbereitschaft nach wie vor groß
Damit überhaupt Geld für die Hilfslieferungen zur Verfügung steht, dafür sorgen nach wie vor viele Menschen in der Region. So wie das Sinfonieorchester Friedrichshafen, das am Sonntag in der Kirche St. Verena in Kehlen ein Benefizkonzert zugunsten der Ukraine-Hilfe des Klinikums Friedrichshafen veranstaltet hat. Zirka 350 Besucher ließen sich die Matinee nicht entgehen und zeigten sich überaus spendabel. Rund 4500 Euro kamen allein hier zusammen.

„Das war wirklich überwältigend“, freut sich Hans-Walter Vollert nicht nur über die stattliche Spendensumme. Beim Konzert waren auch seine ukrainischen Kollegen dabei. „Sie haben mir noch am Abend geschrieben, das sei das Beste, was sie in der letzten Zeit erlebt hätten.“ Die Mutter von Daria Shchybria, die aus der Ukraine geflohen ist, habe während des Konzerts geweint. „Musik ist eben eine Sprache, die alle verstehen“, sagt Vollert, der vor dem Konzert erläutert hatte, wie sie gemeinsam die erste Hilfslieferung bereits Ende Februar auf den Weg gebracht hatten. Seither schickt das Klinikum etwa alle zwei Wochen einen Transport in die Ukraine.

Gerade diese persönlichen Kontakte und Verbindungen vom Bodensee in die Ukraine schätzen auch Brigitte Jordan und Pia Bronner vom Verein Aufwind Bodensee. Der Verein engagiert sich seit seiner Gründung für das gemeinschaftliche Wohnen und Leben im Alter. Die rund 80 Mitglieder mit ihren Projektgruppen in Überlingen, Radolfzell und Konstanz haben 1000 Euro gesammelt, die Senioren in der Ukraine zugute kommen sollen, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Von dem Geld sollen Rollatoren besorgt werden.
Spenden für die Ukraine-Hilfe „Von Klinik zu Klinik“ können auf das Konto des Vereins der Freunde und Förderer des Klinikums Friedrichshafen eingezahlt werden: DE07 6905 0001 0024 2432 14 bei der Sparkasse Bodensee