Nicht nur der Schlemmermarkt ist am Samstag um die Mittagszeit gewohnt gut besucht. Auch in den Nebenstraßen der Fußgängerzone sind Passanten unterwegs. Das könnte an diesem Tag zwar daran liegen, dass Spaziergänger angesichts des kalten Windes, der an der Uferpromenade für wenig frühlingshafte Temperaturen sorgt, zwischen die Häuserzeilen ausweichen. Am Sonntag bestätigt sich allerdings erneut, dass der Eindruck der vergangenen Tage nicht täuscht: Das sonnige Wetter lockt vermehrt ins Freie.

Beschränkung auf Mitnahmeangebot „in einer toten Innenstadt ein wirtschaftliches Desaster“
Doch der Schein trügt: Zwar sind die Menschen draußen, das eigentliche Leben in der Innenstadt liegt aber weiter lahm. Der Einzelhandel ist coronabedingt noch genauso geschlossen wie die Gastronomie, lediglich Abholangebote sind möglich. Dass diese nicht ausreichen, um einen annähernd normalen Umsatz zu generieren, darüber herrscht bei allen von uns Befragten Einigkeit – ob im Modehandel oder der Gastronomie.
Am Buchhornplatz ist das Bistro „v2o“ bis auf einen Abholbetrieb geschlossen. „Nur ‚to go‘ in einer toten Innenstadt ist ein wirtschaftliches Desaster“, fasst Betreiber Peter Rothe zusammen. Aktuell empfinden er und sein Team „totale Frustration“. Bedingt wohl auch durch Gegensätze wie diese: „Der Verkehr auf der B 31 ist jeden Tag verrückt, mancher Firmen-Parkplätz mit vielen hundert Autos voll. Da gibt es keinen Lockdown“, sagt Rothe.

Keines der Versprechen aus den Ministerien sei eingehalten worden: „Die Hilfen sind weder unbürokratisch noch gerecht“, so Rothe. „Und den Kinos, Kleinkunsttreibenden, Theatern und Prostituierten geht es teilweise noch schlechter als uns.“ Die Systematik, die er dahinter sehe: „Die Großen machen Gewinne, die Kleinen zahlen die Pandemie.“ Aktuell seien immerhin die Novemberhilfen vollständig bei ihnen eingetroffen, auf die Hälfte der Zahlungen für Dezember müssten sie noch warten, die Januarhilfen könnten erst seit Kurzem beantragt werden: „Und für Februar ist noch unklar, wie das überhaupt funktioniert.“
Während Peter Rothe und Sabine Bold, die die Geschäfte gemeinsam leiten, auf die restlichen Hilfszahlungen warten, gibt es auch geschlossene Betriebe, die für Hilfen gar nicht antragsberechtigt sind. Nazli Yucad, die mit ihrem Laden „mut“ im vergangenen Frühjahr mitten in die Innenstadt gezogen ist, gehört zu denen, die keinen Cent erhalten haben. „Meinem Laden geht es schlecht“, erklärt sie. Bisher habe sie gar keine Hilfen erhalten. Sie betont aber: „In meinem Fall ist es etwas speziell.“ Die Ausschreibungen hätten sehr klare Regeln und orientierten sich an den vergangenen Umsätzen. „Ich war vorletztes Jahr im Dezember noch in der Möttelistraße und habe wegen der Lage einen nicht so tollen Umsatz gemacht“, schildert sie.

Ihr ehemaliger Laden war am Innenhof des neu gestalteten Metzquartiers recht versteckt gelegen. Nach dem Umzug hätte sie deutlich mehr Umsatz machen können, aber durch die Schließungszeiten habe sie im Laufe des Coronajahres dann etwa genau den gleichen Umsatz generiert: „Also fiel die Hilfe direkt für mich aus“, erklärt sie. Dabei habe es keinen Unterschied gemacht, ob die Miete nun höher sei – sie zahlt am neuen Standort fast das Doppelte – oder ob man grundsätzlich ein Minus mache, das sei alles irrelevant.

„Die Überbrückungshilfe III ist eine ähnliche Geschichte“, sagt sie und führt aus: „Ich dachte letztes Jahr, ich hätte einen Nachmieter für den Laden in der Möttelistraße ab Februar gefunden. Deshalb habe ich den Laden für den Umzug geschlossen.“ So habe sie in der Zeit des Umzugs – von Februar bis einschließlich April – keinerlei Umsatz generiert, der als Vergleichswert herangezogen werden könne: „Das heißt, die Überbrückungshilfe III fällt für mich auch aus.“ Ihr Fazit aus der Misere: „Es war ein schlechtes Jahr zum Umziehen.“

Während der coronabedingten Schließungszeiten arbeite sie all das ab, was sie sich am Anfang vorgenommen habe, was während des normalen Geschäftsbetriebs zeitlich aber nicht umsetzbar sei: „Ich habe mein Lager organisiert und den Laden etwas umsortiert, außerdem schon einmal grob die Inventur gemacht“, sagt Yucad. Doch irgendwann könne man keine Aufgaben mehr erfinden, sagt sie und lacht. Immerhin kauften manche Stammkunden per „Click und Collect“ bei ihr ein, andere meldeten sich, wenn sie etwas im Schaufenster entdecken, das ihnen gefalle.