„Manche Fahrschüler haben wegen des großen Andrangs zuletzt ein Jahr für ihren Führerschein gebraucht“, sagt Detlef Schneeweiß, Fahrlehrer und Inhaber des Häfler Fahrschulzentrums Loth. Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg, bestätigt diesen Eindruck: „Wer sich heute bei einer Fahrschule anmeldet, bekommt den Führerschein nicht unbedingt noch in diesem Jahr.“ Die Nachfrage sei sehr groß, die Fahrschulen am Anschlag.

Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg.
Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg. | Bild: Fahrlehrerverband Baden-Württemberg

Corona hat bestehende Probleme verstärkt

Der Grund: Im zweiten Lockdown mussten die Fahrschulen schließen, der TÜV durfte nicht mehr prüfen. Der aufgestaute Überhang an Fahrschülern, die auf Praxisunterricht und ihre Prüfungen warten, könne nur langsam abgebaut werden.

Corona habe die bestehenden Probleme nur verstärkt, findet Detlef Schneeweiß. Ein weiteres Probleme sei der bereits seit Jahren bestehende Fahrlehrermangel. Zwar könnten Schüler bei ihm umgehend nach der Anmeldung am Theorieunterricht teilnehmen. Doch auf Praxisstunden müsse man sechs bis acht Wochen warten.

Bis zu 60 Euro kostet eine Fahrstunde

Und das ist nicht das einzige Problem für angehende Autofahrer. Hinzu kommen die hohen Preise. Fahrlehrer Schneeweiß sagt: „Wir haben Mehrkosten von 15.000 Euro pro Jahr wegen der hohen Benzinpreise.“ Denn insgesamt nutzt das Fahrschulzentrum sechs Personenwagen, zwei Lastenwagen sowie mehrere Roller und Motorräder. Die steigenden Ausgaben könne er nur über höhere Preise ausgleichen.

„Eine reguläre 45-minütige Fahrstunde für den Führerschein der Klasse B kostet bei uns jetzt 60 Euro. Vor ein oder zwei Jahren waren es noch 50 Euro“, berichtet Schneeweiß. Der PKW-Führerschein der Klasse B koste bei ihm daher mindestens 2500 Euro – meist sogar 3000.

Preise könnten weiter steigen – auch in Friedrichshafen

Jochen Klima vom Fahrlehrerverband erwartet noch weitere Preiserhöhungen in den kommenden Monaten: „Vermutlich werden Fahrstunden für den Auto- und Motorradführerschein um jeweils zwei bis drei Euro teurer. Beim LKW-Führerschein könnten es sogar fünf Euro sein.“ Meist bräuchten Fahrschüler etwa 30 bis 40 Fahrstunden. Der PKW-Führerschein könnte also noch einmal um 120 Euro teurer werden.

Gilt das auch für Friedrichshafen? Während Detlef Schneeweiß das nicht erwartet, sagt seine Kollegin Iris Günther von der Fahrschule Günther: „Bei einem Spritpreis von über zwei Euro je Liter ist das höchstwahrscheinlich.“ Doch Jochen Klima beruhigt: „Die meisten Fahrschüler haben sechs- oder zwölfmonatige Verträge. An denen ändert sich nichts.“ Aber die Preise bei neuen Verträgen könnten höher liegen.

Warum so viele Schüler durch die Prüfungen fallen

Zudem sorgt die hohe Durchfallquote für Ärger bei den Fahrlehrern. Denn die lag laut Jochen Klima zuletzt bei 34 Prozent im Durchschnitt in der theoretischen Prüfung. Beim Ersterwerb liege sie sogar bei über 40 Prozent – deutlich höher als vor einigen Jahren.

Gründe gibt es dafür einige: So seien die Theorieprüfungen laut Klima schwieriger geworden. Früher seien alle Fragen und Antworten standardisiert gewesen und die Bögen konnten im Voraus auswendig gelernt werden. „Da war klar: Ist zum Beispiel das eine Auto grün und das andere rot, muss ich die zweite Antwort ankreuzen“, erklärt Klima. Inzwischen würden die dargestellten Situationen in den Prüfungen aber immer wieder ausgetauscht.

„Und ich habe den persönlichen Eindruck, dass das Lernverhalten mancher Jugendlicher ein Problem ist. Sie lernen kurz vor der Prüfung alles ins Kurzzeitgedächtnis und vergessen dann vieles wieder“, beschreibt der Verbandsvorsitzende. Das funktioniere bei den neuen Prüfungen, aber nicht mehr so gut.

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Durchfallquote? „Besorgniserregend“

Zudem hätten laut Detlef Schneeweiß Fahrschüler mit Migrationshintergrund Probleme wegen schlechter Sprachkenntnisse. Auch Jochen Klima bezeichnet die hohe Durchfallquote in der praktischen Prüfung bei sogenannten Umschreibern als „besorgniserregend“. Gemeint sind damit Ausländer, die ihren bisherigen Führerschein gegen einen deutschen tauschen wollen und dafür eine Fahrprüfung ablegen müssen.

„Und für viele Jugendliche hat Autofahren an Wert verloren – vor allem, wenn sie noch durch Abitur oder Studium im Stress sind. Manche wollen den Führerschein so nebenbei machen und nicht mehr viel Zeit ins Lernen investieren“, ergänzt Schneeweiß. Hinzu komme, dass viele Schüler wegen der hohen Preise möglichst wenig Fahrstunden absolvieren wollen und stattdessen Lernvideos auf Youtube schauen.

Präsenzunterricht als Lösung?

Eine erste Hilfe gegen die hohe Durchfallquote könnte laut Schneeweiß die Rückkehr zum verpflichtenden Präsenzunterricht ab Juni sein. Dann läuft nämlich die Verordnung aus, die wegen der Corona-Pandemie zusätzlich den Online-Unterricht als Ausnahme erlaubt hat, der laut Jochen Klima von manchen Fahrschulen noch immer bevorzugt werde.

Die Häfler Fahrlehrer Detlef Schneeweiß und Iris Günther begrüßen die Rückkehr zur Präsenzpflicht. Sie sehen in der schlechteren Betreuung im Online-Unterricht einen wichtigen Grund für das häufige Scheitern an der Theorie. Schneeweiß sagt, er hoffe auf eine geringere Durchfallquote, wenn die Schüler wieder aktiv im Präsenzunterricht mitarbeiten.

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